Der unmögliche Bundeshaushalt

Das Bundeskabinett hat den Entwurf des Haushalts 2025 beschlossen. Ausgaben und Verschuldung sinken, der Klima- und Transformationsfonds steht perspektivisch infrage

Die einen bekommen weniger, der andere will noch mehr: Annalena Baerbock, Svenja Schulze und Boris Pistorius am Mittwoch im Bundeskabinett Foto: Liesa Johannssen/reuters

Von Hannes Koch

Finanzminister Christian Lindner (FDP) war zufrieden am Mittwochmittag – hat er mit dem Entwurf des Bundeshaushalts 2025 doch eine quasi unmögliche Aufgabe bewältigt. Sie lautete: im nächsten Jahr weniger Geld auszugeben und trotzdem die Koalition aus SPD, Grünen und FDP zusammenzuhalten. „Zu sehen ist eine üble Mixtur aus Luftbuchungen, Unterveranschlagungen, Tricks und haushaltsrechtlich fragwürdigen Praktiken“, schäumte dagegen Christian Haase, Haushaltspolitiker der Union.

Lindner und die Koalition haben es geschafft, schwer mit­einander zu kombinierende Ziele zu verbinden. Höhere Ausgaben für Bundeswehr und Polizei, kaum Kürzungen im Sozial­etat auf Wunsch der SPD; Steuererleichterungen für Privathaushalte und Firmen, die die FDP befürwortet; milliardenschwere Investitionen in Klimapolitik und Förderprogramme, ein Anliegen der Grünen.

Gleichzeitig sollen die Ausgaben 2025 im Vergleich zu diesem Jahr sinken und die Neuverschuldung zurückgedrängt werden. Statt 489 Milliarden Euro 2024 stehen 2025 nur 481 Mil­liar­den im Plan, den das Bundeskabinett am Mittwochvormittag beschloss. Die geplante Kreditaufnahme sinkt von 50 auf 44 Milliarden Euro. Laut der mittelfristigen Finanzplanung soll sich diese Tendenz in den folgenden Jahren fortsetzen. Man setze das „Geld besser und zukunftsweisender ein“, sagte Lindner.

Gelungen ist die Operation auch deshalb, weil das Finanzministerium alle Register der „kreativen Buchführung“ zog, wie Oppositionspolitiker Haase bemängelte. Als „Quasi-Schattenhaushalte“ kritisierte er, dass die Ampelregierung eigentlich nötige Zuschüsse an die Deutsche Bahn und die Autobahngesellschaft in Darlehen umwandeln will, wodurch sie weder als Ausgaben gelten noch unter die Schuldenbremse fallen. „Ebenso werden Mehreinnahmen in Milliardenhöhe verbucht, obwohl die unterstellten Effekte beim Wachstumspaket mehr als fraglich sind“, erklärte Haase.

Auch viele weitere Ak­teu­r:in­nen äußerten Kritik. Im Hinblick auf die geplanten 53 Mil­liar­den Euro für die Bundeswehr (rund 1 Milliarde mehr als 2024) merkte die Linke im Bundestag an: „kriegstüchtig, aber nicht friedenstauglich“. Außerdem beklagte Linken-Haushälterin Gesine Lötzsch: „Die Kindergrundsicherung wurde beerdigt.“ Die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner schrieb: „Unser Verständnis von Wachstum ist nicht, dass Menschen zu schlechteren Bedingungen mehr arbeiten“ – eine Anspielung auf die angepeilte Verlängerung der Arbeitszeit durch die „Wachstumsinitiative“ der Ampel. Wirtschaftsverbände rügten hingegen, die Lage der Unternehmen verbessere sich nur unzureichend. Das evangelische Hilfswerk Brot für die Welt sah „eine Katastrophe“ in der Kürzung des Entwicklungsetats von gut 11 Milliarden 2024 auf etwa 10 Milliarden Euro 2025.

Die Kürzung des Entwicklungsetats sei „eine ­Kata­­strophe“, beklagt Brot für die Welt

Die Aufgabe, einen Haushalt aufzustellen, dürfte in den kommenden Jahren eher noch schwerer werden. Dies ist unter anderem daran zu erkennen, welche Ideen in den Erläuterungen zum Entwurf hinsichtlich des Klima- und Transforma­tionsfonds formuliert werden. Dieser Sonderetat finanziert momentan Dutzende Milliarden Euro, die Privathaushalte und Unternehmen unter anderem für Kohlendioxid-Reduzierung erhalten. Möglicherweise geht es so nicht ewig weiter: Der Fonds könnte aufgelöst und sein Geld für andere Aufgaben verwendet werden, heißt es. Laut Lindner sind das „Prüfaufträge des gesamten Kabinetts“. Käme es so, ließe sich ein Klimageld zugunsten von Haushalten mit niedrigen Einkommen, um die steigenden Kosten der fossilen Energien auszugleichen, wohl nicht mehr finanzieren.

Grünen-Haushälter Sven-Christian Kindler regt eine andere Lösung an: Da die starre Schuldenbremse „den großen Herausforderungen unserer Zeit“ nicht gerecht werde, müsse man die „Investitionsbremse“ lockern. Das blockiere jedoch bisher der Bundestag.