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KInderbetreuung in Schleswig-HolsteinMillionenloch im Kita-System

In Kiel demonstrierten Eltern und Beschäftigte für ein besseres Kita-Gesetz und mehr Geld. Derzeit vorgeschriebene Standards führten zu Schließungen.

Unterstützung von der zuständigen Ministerin Aminata Touré (Grüne): Demo der Elternvertretungen und freien Kita-Träger in Kiel Foto: Frank Molter/dpa

Hamburg taz | Mit 13 Bussen allein aus Flensburg fielen Eltern und Kita-Beschäftigte am Donnerstag früh in die Landeshauptstadt Kiel ein, um für die Kitas des Landes „gemeinsam laut“ zu werden. Der Demo-Appell richtete sich auch an Sozialministerin Aminata Touré (Grüne), die es sich nicht nehmen ließ, auch auf der Demo zu sprechen.

Schleswig-Holstein ist kita-politisch lange Schlusslicht gewesen und heute das letzte Bundesland im Norden, das keine kostenlose Betreuung bietet. Aber das Land brachte 2021 unter der Jamaika-Koalition eine Kita-Reform auf den Weg, die immerhin dazu führte, dass die teils sehr hohen Elternbeiträge pro Kind einheitlich gedeckelt sind, auf maximal 232 Euro im Monat. Mit dem neuen Kindertagesförderungsgesetz (Kitag) wurde auch eine neue Finanzierung eingeführt, mit der sperrigen Bezeichnung „Standard-Qualitäts-Kosten-Modell“ (SQKM). Das besagt, dass das Land die Kitas gruppenweise fördert und zwar dann, wenn der Schlüssel von zwei Fachkräften pro Gruppe eingehalten wird.

„Hält man den Schlüssel nicht ein, muss man die Gruppe schließen“, sagt Henning Fitch von der Interessengemeinschaft freier Kita-Träger in Flensburg. Ein Träger sitze da zwischen allen Stühlen, also zwischen den Vorgaben und der Bedarfssituation von Eltern und Kindern. Die Träger müssten sich an die Regeln halten, verlören sonst die Zuschüsse. So stünden Eltern allein da. „Da platzt vielen der Kragen.“ Besser wäre ein flexiblerer Fachkraft-Kind-Schlüssel, sagt Fitch, der erlaube, eine Gruppe am Morgen oder am Nachmittag, wenn wenige Kinder da sind, von einer Kraft betreuen zu lassen.

„Das Kitag ist aktuell leider eine Belastung statt einer Entlastung“, sagt auch Sylvia Klose von der Kreiselternvertretung Nordfriesland. Darum kämpfen Eltern für eine „längst überfällige Anpassung“, die Gruppenschließungen und die daraus resultierende Belastung der Eltern verhindert. „Unsere Kinder brauchen eine zuverlässige Betreuung, sodass wir Eltern verlässlich unserer Berufstätigkeit nachgehen können“, sagt Klose. Und sie müsse auch für Eltern finanzierbar sein.

Evaluation bestätigt häufige Gruppenschließungen

Dass es häufig zu Gruppenschließungen kommt, besagt auch eine im Februar vorgelegte Evaluation des Kitag. Vier von zehn befragten Kita-Leitungen gaben an, dass bei ihnen an mehr als fünf Tagen aufeinander die Schlüssel nicht sichergestellt werden konnten und deshalb mit Kürzung der Öffnungszeit oder Schließung reagiert wurde. „Das System erscheint insgesamt nicht flexibel genug, zu bürokratisch, in Teilen zu wenig an der Praxis orientiert“, sagte Ministerin Touré bei der Vorstellung und kündigte an, dass es dazu eine Workshop-Reihe und schließlich eine Gesetzesreform zum 1. Januar 2025 geben wird.

Die Evaluation hatte aber – neben der Hervorhebung positiver Wirkungen des Gesetzes – noch eine brisante Botschaft: Das Kita-System mit seinem Volumen von ungefähr 1,5 Milliarden Euro ist unterfinanziert, es fehlen zwischen 70 und 130 Millionen Euro im Jahr, um die Qualität zu halten.

„Es muss mehr Geld ins System, damit es stabil bleibt“, sagt Sophia Schiebe, Kita-Politikerin der SPD. Derzeit tragen die Eltern mit ihren Beiträgen rund 20 Prozent der Kosten, die Kommunen 37 Prozent und das Land Schleswig-Holstein 43 Prozent. Da Ministerin Touré davon sprach, alle müssten ihren Beitrag leisten, sieht Schiebe die Gefahr, dass jetzt die Elternbeiträge erhöht werden, die Kommunen mehr zahlen müssen oder die Qualität gesenkt wird. „Da muss der Kita-Bereich laut sein, um dies zu verhindern.“

Für die grüne Kita-Politikerin Catharina Nies ist es zu früh, über konkret fehlende Beträge zu reden. Sie sagt, dass Kita-Gesetz habe mehr Qualität ins System gebracht. Deshalb arbeite man intensiv daran, Lösungen zu finden. „Von der Neuberechnung der Ausfallzeiten, Randzeitenregelungen bis hin zu der Einführung möglicher Personalspannen steht alles auf dem Prüfstand.“

Sozialministerin Touré sagte vor den Demonstranten: „Wir wollen mehr Verlässlichkeit in den Kitas, starke Fachkräfte und eine faire Finanzierung unter allen Beteiligten.“ Es sei ein „wichtiges Signal“, dass so viele Menschen auf die Straße gingen. Auch Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) sprach ein paar Worte.

Fitch ist mit dem Politiker-Besuch nur mäßig zufrieden. „Alle haben uns gesagt, ihr habt recht. Wir wollten auch niemanden bashen oder schlechte Laune verbreiten.“ Doch das Land müsse im Haushalt eine Milliarde einsparen. „Da sagen wir: Spart das bitte nicht bei den Kleinsten.“

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