KI und Journalismus: Grinsekater des Springer-Verlags
Christoph Keese ist Mister KI beim Axel-Springer-Verlag. Beim Medienverband MVFP äußerte er sich zu seiner Vision für den Journalismus.

B ei Axel Springer haben sie zwei Exemplare einer raren Spezies. Es geht um Herren mittleren Alters, die allen Umständen zum Trotz stets gut gelaunt und optimistisch sind. Und sich immer ganz vorneweg sehen. Einer der beiden ist natürlich Claus Strunz, der mal den Chefredakteur bei der Bild am Sonntag machen durfte. Als Springer ihn plötzlich in die Provinz zum Hamburger Abendblatt schickte, war Strunz offiziell voll dankbar für den Move. Und erklärte prompt das Abendblatt zur drittwichtigsten Zeitung Deutschlands.
Strunz schwatzte sich auch den nächsten Job als „Bewegtbildvorstand“ im Konzern schön. Und das, obwohl Springer damals noch so gut wie kein Bewegtbild hatte. Das kam später so richtig mit Julian Reichelt und Bild TV, für das Strunz dann offiziell verantwortlich war. Bloß dass das mit Reichelt ja schnell vorbeiging und mit der alten Bild-Chefredaktion auch Claus Strunz entsorgt wurde. „Über mögliche künftige Aufgaben im Hause Axel Springer“ für ihn werde „zu einem späteren Zeitpunkt“ informiert, wie es im März 2023 in der offiziellen „Und raus bist Du!“-Pressemeldung hieß. Falls wir nix übersehen haben, wartet Strunz noch immer auf den Zeitpunkt. Bestens gelaunt, versteht sich.
Der absolute Spitzenreiter in Sachen Grinsekater ist aktuell aber Christoph Keese. Der lenkt mittlerweile Springers Consulting-Gesellschaft Hy. Sie berät Unternehmen laut Website beispielsweise beim „Aufbau eines Matratzenrecycling-Ventures“ oder bei der „Implementierung eines digitalen B2B-Marktplatzes für Malerbedarf“. In Wirklichkeit ist Keese aber natürlich Mister KI und weiter Journalist, wie er Anfang der Woche beim Medienverband MVFP klarmachte.
Bisschen Werbespruch
„KI ist eine Kreativrevolution, und es sind die Kreativen, die sie gewinnen!“ Schließlich habe auch Netflix kein neues Geschäftsmodell entwickelt, „sondern das Erzählen neu erfunden“, sagt Keese. „Und zieht sich nun wie eine Schnecke zurück und ist völlig aus der Puste“, sagt die Mitbewohnerin.
Und weil laut Keese „das Verfassen redaktioneller Beiträge ja ohnehin nie die größte Stärke des Journalismus“ war, kann das jetzt bitte schön die KI übernehmen. Ernsthaft? Und Journalist*innen und die Verlage müssten dann halt „liefern, was kein Bot liefern kann“. Allerdings weiß auch ein Keese, dass aktuell gar nicht so feststeht, was nur Menschen können. „Nur wer experimentiert, bleibt bestehen“, lautet daher seine „These 9“ an diesem Tag.
Was ein bisschen nach Werbespruch für hy klingt. Immerhin hat Kesse auch für den eigenen Laden eine Botschaft. KI ist nämlich disruptiv und stellt alle bisherigen Regeln für Plattformen oder Werbefinanzierung in Frage. „Und damit auch die Geschäftsmodelle digital transformierter Verlage“, sagt Kesse in Richtung seines eigenen ach so digitalen Medienhauses Axel Springer. Bestens gelaunt, versteht sich.
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