KI und Fußballübertragungen: Glatze statt Rumpelfuß
Automatische Übertragungssysteme sind im Amateursport üblich. Nun dürfen wir mal über die Technik lachen – dank eines schottischen Vereins.
Es war eine Glatze, die dafür gesorgt hat, dass ein paar mehr Menschen auf dieser Erde von einem schottischen Fußballklub namens Inverness Caledonian Thistle gehört haben, als das noch in der vergangenen Woche der Fall war. Der haarlose Linienrichter der Partie des Zweitligisten gegen Ayr United war bei der Übertragung des Spiels in den Fokus der Kameras geraten. Die hatten seinen blanken Schädel mit dem Ball verwechselt. Den soll das Übertragungssystem, das auf künstlicher Intelligenz beruht, erkennen und verfolgen. Weil das in diesem Spiel nicht geklappt hat, lacht jetzt alle Fußballwelt über die Technik und freut sich über drollige Namen schottischer Fußballklubs.
Solche automatischen Übertragungssysteme sind im Amateursport weit verbreitet. Man kann ohne Personalaufwand recht günstig bewegte Bilder von Spielen aufnehmen. Und weil die auf die Ballverfolgung trainierten Kameras nicht wegschauen können, nehmen sie die gruseligsten Bilder auf, den ganz normalen Wahnsinn des unterklassigen Fußballs eben.
Nicht ganz austrainierte Männer, die zur Grätsche ansetzen und zehn Meter am Ball vorbeirutschen, Torhüter, deren Abschläge nie da ankommen, wo es halbwegs Sinn ergeben würde, und blutrünstige Fouls, die die Spieler nicht verhindern können, weil ihnen dazu schlicht die Körperbeherrschung fehlt. Eine gut gepflegte Glatze sieht da nicht selten besser aus.
Könnte es, mag man sich da fragen, nicht auch sein, dass die Kameras sich schlicht geweigert haben, das Elend auf dem Platz weiter aufzunehmen? Es wäre dann keine Unschärfe in der Software, wegen der die Platte des Linienrichters in den Fokus geriet, sondern ganz einfach eine hochintelligente Entscheidung des Übertagungssystems. Demnach wäre die viel beäugte KI viel besser, als sich viele das vorstellen mögen.
KI verarbeitet nicht
In der Sportberichterstattung ist künstliche Intelligenz eh viel weiter, als mancher glaubt. Aus Spiel- und Tabellendaten baut Software längst automatisierte Spielberichte. Die werden schon fleißig abgedruckt. Auch das geht nicht immer gut.
So war kürzlich auf etlichen Sportportalen von einem leistungsgerechten 0:0 in der Regionalliga zwischen Wuppertal und der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund die Rede. Dass das Spiel nach elf Minuten wegen eines Unwetters abgebrochen worden war, konnte die künstliche Intelligenz nicht verarbeiten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“