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Demokratie und Rechtsstaat sind in Israel schon lange geteilt. Frau Poppe hat es in ihrem letzten Artikel erwähnt, einige in Israel sind der Ansicht, die jetzige Situation sei Resultat der "Ausblendung der Besatzung". Das trifft den Nagel auf den Kopf. Auch hierzulande wollte man nur allzu bereitwillig die Besatzung ignorieren oder sie zumindest von der Entwicklung in Israel trennen – "aber Israel ist doch demokratisch, die einzige Demokratie im Nahen Osten". Und jetzt fällt man aus allen Wolken– nicht euer Ernst. Israel nähert sich auch nicht polnischen oder ungarischen Verhältnissen, es ist schon Jahrzehnte über diese hinaus. In einem Land in dem schon immer 2 Rechtsordnungen, eine für Juden und eine für Palästinenser gelten, kann man nicht allen Ernstes sagen jetzt erst seien die Menschenrechte dem Gusto einer Parlamentsmehrheit unterworfen (oder dem des Premiers, der Sicherheitsdienste, der Armee oder des einfachen Soldaten solange keine Kamera dabei ist). Sie waren es, was die Palästinenser angeht, abgeschwächt auch die israelischen Palästinenser, schon die ganze Zeit! In einem Staat in dem verschiedenes Recht für 2 unterschdl Gruppen aufgrund Ethnie o Religion gilt, da ist es nur eine Frage der Zeit, dass Rechtsbeugung bis hin zu offenem Rechtsbruch auf alle überschwappt. Und jetzt plötzlich verlangt man, dass europ. oder amerik. Politiker aus ihrem lange eingeübten Reaktionsmuster (v.a. auf langes Insistieren Israels hin) faktisch alle Kritik an Israel als Antisemitismus zu verurteilen, auszubrechen, eine Rolle rückwärts zu machen um die israelische Demokratie zu retten? Wie soll das gehen? Damit wären die doch total überfordert.
@ingrid werner Natürlich geht es bei Ihrer Wortkaskade weder um Kritik an der Regierung, und schon gar nicht um die geplanten Reformen.
Ihre Ausführungen beziehen sich auf den Staat als solcher und zwar "schon lange", "seit Jahrzehnten" und klarerweise "die ganze Zeit", sozusagen von A bis Z.
Wie Sie das kürzer und griffiger formulieren können zeigt Ihnen Sarah Cohen-Prantl in ihrem Kommentar:
www.juedische-allg.../deutungshoheit-5/
Daraus: "Was für viele Menschen seit Jahrzehnten einer der kompliziertesten Konflikte dieser Welt ist, ist für etliche Deutsche ganz einfach. Israel ist böse. Israel ist schuldig. Israel muss weg. Dann sind alle Probleme gelöst. Da kommt die neue Regierung um Premier Netanjahu, die tatsächlich Streitpunkte bietet, gerade recht."
@Henriette Bimmelbahn meiner Meinung nach ist es eine Verwirrung Juden immer nur zu Opfern erklären zu wollen und ihnen jegliche Verantwortung abzusprechen. Das ist antisemitisch! Netanjahu ist auch nicht erst eben in der Politik aufgetaucht. Besatzung, Siedlung u Kolonialisierung gibt es auch schon seit Jahrzehnten. Die radikalen Siedler von denen Ben Gvir u Smotrich nur die aktuell bekanntesten Exponenten sind (Jede Menge bekannte ehemalige u gegenw. Likudabgeordnete sind selbst Siedler), gibt es auch schon seit Jahrzehnten und obwohl sie lange als Sektierer dargestellt wurden mit denen die breite israel. Mehrheitsgesellschaft nicht zu tun habe, wurde sie von ausnahmslos allen Regierungen unterstützt – mit Geld, Posten, militär. u polizeilichen Schutz u Wegsehen der Behörden, Ignorierung nicht nur des internat. Rechts sondern auch des eigenen, "illegale" Siedlungen sind es so lange bis sie legalisiert werden, und das in den allermeisten Fällen. – Israel ist nicht an Frieden interessiert auch nicht an der 2Staatenlsg, war es nie. Sondern einzig an einer – möglichst ruhig verlaufenden– Annexion. Selbst Rabin hatte keine "jüdische Mehrheit" in der Knesset für Oslo. Und ja, das ist aggressive, kriminelle Politik der sich die internationale Politik entgegenstellen muss, endlich Sanktionen ergreifen muss, bevor es zu einer größeren Katastrophe kommt. Daran ist in der Tat nichts kompliziert. Die einzigen die es verkomplizieren, den Konflikt vertiefen, die zukünftige Katastrophe verschlimmern sind all die, die aus durchsichtig eigennützigen Gründen Kritikern dieser Politik ein schlechtes Gewissen einreden wollen. Oder diejenigen, die einfach denkfaul sind.
@ingrid werner Zu erkennen, daß Juden, mehr als andere Gruppen benutzt werden, um die eigene Scheiße über sie zu kippen ist nicht antisemitisch. Das ist einfach offensichtlich:
www.jpost.com/diaspora/article-728746
Von links, rechts, von mittendrin und einem Teil der Muslime, ein sehr breites Spektrum.
Zur 2-Staaten -Lösung: Gelegenheiten dafür gab es viele, von 1948 bis 1967 z.B. volle 19 Jahre, allesamt von arabischer Seite durch Komplettverweigerung verhindert. Eben diese frustrierende Erfahrung ist es, durch die sich eine - hauchdünne - rechte Mehrheit bilden konnte. Das Ergebnis sehen wir.
@Henriette Bimmelbahn Nein, ist es nicht. Hier geht es expressis verbis, und nur daran sollte man seine/ meine Argumente und Gegenargumente ausrichten, einzig um den Konflikt zw. Israelis und Palästinensern. Alles andere sind unbelegte Annahmen, Unterstellungen ihrerseits. Was die jordanische Zeit in der Westbank angeht, so sind wir jetzt schon 50 Jahre weiter, alles nach '67 fällt unter israelische Verantwortung. Und von einer "hauchdünnen" rechten Mehrheit kann auch keine Rede sein. Man kann höchstens sagen, das andere Parteien nur noch nicht ganz so rechts sind wie der Likud u seine Bündnispartner. Die Parteien, die man noch als links bezeichnen könnte sind gerade ganz aus der Knesset ausgeschieden oder sind wie die Sozialisten gerade so über die niedrige Ausschlussklausel gekommen. Jesch Atid und Gantz' Partei ( letztere konnte sich nur noch in einem Wahlbündnis mit anderen Splitterparteien behaupten – die Rechtsradikalen Siedler haben mehr Stimmen.), Jesch Atid u Gantz sind nicht links u nicht liberal. Ein Ex-General, der mit Anschauungsvideos von seinem durchschlagenden Bombenerfolg in seinem letzten Gaza-Krieg im Wahlkampf prahlt u Lapid, der die Annexion sämtlicher Siedlungsblöcke (schauen Sie mal auf die entspr. Karten) und die Unteilbarkeit Jerusalems als für die Palästinenser akzeptablen u damit m ö g l i c h e n Frieden betrachtet, leidet entweder unter totaler Insensiblität u Realitätsverlust oder er will einfach keinen Frieden u hofft, das früher oder später die Palästinenser durch demographische Verschiebungen, Emigration usw von selbst verschwinden. Das könnte allerdings noch sehr lange dauern. ich tippe aber darauf, dass Demokratie u Rechtsstaat vorher verschwinden. Dass Netanjahu jetzt den Rechtsstaat abräumen will, daran tragen die Palästinenser auch keine Schuld und ist bei dem Charakter Netanjahus, wie er sich seit den 90ern präsentiert, nicht erstaunlich. Bislang brauchte er immer noch "moderate" Koalitionspartner, jetzt nicht mehr.
@ingrid werner Sie wissen aber schon, dass sich Israel von Anfang an als jüdischer Staat versteht? Israel zu beschimpfen, zu verleumnden und für sämtliche Probleme des Mittleren Ostens verantwortlich zu machen, so wie Sie das tun, heißt auf den einzigen *jüdischen* Staat zu zielen und nichts anderes.
Zudem habe ich durchaus nicht den Eindruck, daß das, was vor 50, 60, aber auch 100 Jahren politische Realität im MO war keine wesentliche Rolle für die Suche nach Lösungen spielt, eher im Gegenteil.
@Henriette Bimmelbahn Sie müssten mir aber schon einmal zeigen, wo ich Israel beschimpfe, verleumde oder es für sämtl Probleme des MO verantwortlich mache. ich bleibe in meinen Ausführungen hier strickt auf dem Boden der Tatsachen. Sie sind es also, die hier schimpfen und verleumden. Warum, das müssten Sie einmal sagen oder sich sich vielleicht erst darüber klar werden.
@ingrid werner Mit der unwahren Behauptung z.B., es gäbe *IN einem Staat* verschiedenes Recht für 2 unterschiedliche Gruppen aufgrund von Ethnie oder Religion verleumden Sie Israel. Was es gibt sind Staatsbürger mit vollen Rechten und Pflichten und Nicht-Staatsbürger.
@ingrid werner Auf den Punkt gebracht!
@ingrid werner Dem kann man sich nur anschließen. Beleg für diese Überforderung ist das rundum peinlich-verlegene Schweigen.
Das Gedenken zum 7. Oktober an Hamburger Schulen sorgte für Kontroversen. Eine Lehrerin schildert ihre Erfahrung dazu.
Justizreform in Israel: Mit vereinter Kraft
Innerhalb Israels wird die Kritik an der Regierung und geplanten Reformen lauter. Ohne Rückendeckung aus dem Ausland wird sie verpuffen.
Großdemonstration gegen die Regierung Netanjahu in Tel Aviv am 14. Januar Foto: Amir Cohen/reuters
Jüdisch und demokratisch soll Israel sein. Das war stets die Ansage von Benjamin Netanjahu schon in seinen früheren Amtszeiten als Regierungschef. Und es ist klar der Wunsch der Zigtausenden DemonstrantInnen, die am Wochenende gegen die Justizreform auf die Straße gingen, getrieben von ihrer berechtigten Sorge um Israels Demokratie.
Erst wenige Wochen im Amt, präsentiert der neue Justizminister Yariv Levin seine Änderungsentwürfe: Mehr Mitspracherecht bei der Wahl von Richtern und Richterinnen schwebt ihm vor und weniger Macht für den Obersten Gerichtshof. Mit einer einfachen Mehrheit von nur 61 der insgesamt 120 Abgeordneten in der Knesset sollen, ginge es nach Levin, Entscheidungen der höchsten RichterInnen – auch und gerade wenn es um verfassungswidrige Gesetze geht – außer Kraft gesetzt werden können.
Damit wäre der Weg geebnet für die Regierungskoalition, der 64 ParlamentarierInnen angehören. Levin zielt auf nicht weniger als die Politisierung der Justiz und damit auf das Ende der Gewaltenteilung. Endlich meldet sich auch Staatspräsident Jitzchak Herzog zu Wort und warnt vor der sich seit Wochen abzeichnenden Verfassungskrise. Hunderte JuristInnen legten für kurze Zeit ihre Arbeit nieder.
Esther Hayut, die Präsidentin des Obersten Gerichts in Jerusalem, spricht von einer „tödlichen Wunde für die Unabhängigkeit der Justiz“. Der auf innenpolitischer Bühne immer lauter geäußerte Protest muss Gehör finden, sei es in Washington, New York, Brüssel oder Berlin, wenn er Erfolg haben soll, wenn man Minderheiten schützen will. Die Queer-Community und religiöse Minderheiten, auch innerhalb des Judentums, und natürlich die PalästinenserInnen in Israel und in den besetzten Gebieten gehören dazu.
Und wenn man verhindern will, dass Korruption in Jerusalem zur Alltagsangelegenheit wird. Dass es für Netanjahu, der sich aktuell wegen Korruption vor Gericht verantworten muss, ein Leichtes sein wird, mit der Rückendeckung der Koalitionspartner den Kopf aus der Schlinge zu ziehen, wird angesichts dieser Reform beinahe zur Nebensache.
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Kommentar von
Susanne Knaul
Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.
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