: Justiz schnappt fette Fische
„Bislang nur Schrott gefunden“ – Verteidiger Wesemann kritisiert Polizei für langsame Ermittlungen am leergepumpten Tietjensee. Er fordert ein schleuniges Verfahren. Sein Mandant ist wegen Mordes angeklagt
Von Jean-Philipp Baeck
Im Bezug auf Ermittlungen am leergepumpten Tietjensee am Rande Bremens hat der Rechtsanwalt Horst Wesemann der Polizei Vorwürfe gemacht. Wesemann ist Verteidiger eines 58-Jährigen, der vor dem Landgericht wegen Mordes angeklagt ist. Dem Mann wird vorgeworfen, vor 25 Jahren seine ehemalige Lebensgefährtin, die bis heute vermisste Jutta Fuchs, ermordet zu haben. Er bestreitet die Tat. Wesemann erklärte nun, er fürchte, die Polizei verschleppe das Verfahren. Bei den Ermittlungen am Tietjensee seien viel zu wenig Beamte eingesetzt.
Die Polizei hatte am 6. Oktober begonnen, rund 35 Millionen Liter Wasser aus dem 260 Meter langen See zu pumpen. Ein Jahr nach dem Verschwinden von Jutta Fuchs war eine mit Steinen beschwerte Tüte aus dem See gefischt worden, in der sich unter anderem ihr Verlobungsring befand. Taucher hatten damals nichts gefunden. Die Ermittler suchen nun nach der Leiche der Frau und nach einer Pistole, die die Mordwaffe sein soll. Am Montag erklärte die Polizei, die Suche werde noch mehrere Tage dauern.
Verteidiger Wesemann beklagte nun nach einer Ortsbesichtigung am Dienstag, dass bei der Suche „offenbar Stillstand“ herrsche. Bislang sei „nur Schrott“ gefunden worden. „Die Verteidigung fürchtet eine massive Verschleppung des Verfahrens durch die Polizei“, so Wesemann. Er fragte, warum nicht mehr Kräfte eingesetzt würden. Das Landgericht forderte er auf, der Polizei eine Frist für die Ermittlungen zu setzen und gegebenenfalls mehr Mittel zur Verfügung zu stellen.
Wesemann kritisierte auch Gerichtssprecher Gunnar Isenberg, der erklärt hatte, dass das Verfahren ausgesetzt und später fortgesetzt werden könne, sollte die Untersuchung zu lange dauern. Der Verteidiger erklärte, dass ein Verfahren laut Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention „innerhalb angemessener Frist verhandelt“ werden müsse.
Gerichtssprecher Isenberg verwies darauf, dass „der Stand der Dinge“ heute in der Hauptverhandlung erörtert werde. Die Polizei erklärte, die Maßnahme sei vom Landgericht angeordnet und die Polizei Bremen setze sie „unter Hinzuziehung weiterer Behörden, Organisationen und externer Dienstleister“ um.
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