Jugendliche simulieren EU-Parlament: So geht das mit der Demokratie
Bei der 20. Ausgabe der Simulation Europäisches Parlament (SIMEP) schlüpfen Schüler in die Rolle von Abgeordneten.
Als der Satz „Ich mag Europa, aber noch mehr liebe ich mein Land“ fällt, brandet unter den konservativen bis rechten Abgeordneten großer Applaus auf, während aus den Reihen der linksorientierten Parteien Pfiffe und negierende Zwischenrufe vernehmbar sind. Erst nach einer Ermahnung der Vizepräsidentin des Parlaments kann der Vertreter der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) seine Rede fortführen. – Auch wenn eine solche Szene keine Seltenheit im Alltag des Europäischen Parlaments ist, sind es nicht etwa erfahrene Berufspolitiker, die hier hitzig über die Zukunft der EU debattieren, sondern rund 200 SchülerInnen der 10. bis 13. Klasse. Anlass dafür ist die 20. Ausgabe der Simulation Europäisches Parlament (SIMEP), die Schülern erlaubt, für zwei Tage in die Rolle der Abgeordneten des EU-Parlaments zu schlüpfen.
Das Planspiel, das letzten Freitag und Samstag wie jedes Jahr im Berliner Abgeordnetenhaus stattfand, wurde 1999 von der Jungen Europäischen Bewegung (JEB) ins Leben gerufen. Das Ziel war und ist es, den Teilnehmern „praxisnah beizubringen, wie Demokratie im Allgemeinen und Europa im Besonderen funktioniert“, erklärt der stellvertretende Vorsitzende der JEB, Sebastian Hanika. Denn vor allem in jüngeren Generationen erlebe er zwar oft eine positive Einstellung gegenüber Europa, aber auch eine große Unwissenheit. Die solle aus der Welt geschafft werden, indem „die Schüler hautnah dabei sind“.
So simulieren die Teilnehmer die parlamentarischen Abläufe und diskutieren in Fraktionen sowie Ausschüssen über aktuelle kontroverse europapolitische Themen. Die Schwerpunkte waren in diesem Jahr die Zukunft der EU-27 und die europäische Klimapolitik. Am Ende der Simulation diskutieren die „Abgeordneten“ über die zuvor erarbeiteten Änderungsanträge und stimmen ab. Ergebnisse werden zum Teil Politikern vorgestellt, berichtet Hanika, „im Vordergrund steht aber der Lerneffekt“.
SchülerInnen verstehen die EU nun besser
Neben dieser inhaltlichen Arbeit treten jedes Jahr Gastredner auf. Traditionell spricht der Präsident des Abgeordnetenhauses einleitende Worte, ehe es losgeht. Seit 2011 übernimmt dies Ralf Wieland, der in seiner Rede auf die Anfänge der Europäischen Union zurückkam. Erinnernd an das Ziel der EU, in Europa Frieden zu schaffen, lobte er: „Erst die Generationen nach 1950 haben das Privileg, in einem Europa ohne Krieg aufzuwachsen.“ Weiterhin sei das demokratische System zwar „manchmal langwierig, oft mühsam, aber immer noch das beste Modell, das es auf dem Planeten gibt“. Und auch die Bundeskanzlerin grüßte per Videobotschaft.
Viele der Teilnehmenden berichten nach der SIMEP von einem vertieften Wissen über die Arbeit der EU. Timo Bachmann, der einen Abgeordneten von der Europäischen Volkspartei (EVP) verkörpert, erzählt, im Politikunterricht sei die EU immer sehr theoretisch erklärt worden. Nach dem Wochenende verstehe er zum Beispiel die Arbeit der Europaabgeordneten viel besser.
Die Berichte der Schüler zeigen: Nach einer praktischen Erfahrung ist das Verstehen der zum Teil komplizierten Institutionen der EU buchstäblich ein Kinderspiel.
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