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Jugendarbeitslosigkeit in EuropaGarantie garantiert erst mal nichts

Die EU fürchtet sich vor einer „verlorenen Generation“, 7,5 Millionen junge Menschen sind ohne Job. Doch ob die Initiative dagegen etwas nützt, ist fraglich.

Anschreien gegen die Arbeitslosigkeit im März in Madrid. Bild: ap

BRÜSSEL taz | Vier Monate, keinen Tag länger: So lange sollen nach dem Willen der EU-Politiker junge Erwachsene ohne eine Stelle bleiben – höchstens. Danach soll jeder Arbeitssuchende unter 25 einen Job oder eine Ausbildungsstelle angeboten bekommen. Dies sieht die Jugendgarantie vor, die die Arbeits- und Sozialminister Ende Februar beschlossen haben.

Der EU-Gipfel Ende dieser Woche dürfte diese neue Initiative, die auch in Deutschland gilt, noch einmal bestätigen. Schließlich hatten die Staats- und Regierungschefs bei ihrem letzten Treffen im Februar 6 Milliarden Euro aus aus dem Hut gezaubert. Während sie das EU-Budget für die nächsten sieben Jahre zusammenstrichen, zeigten sich die Chefs bei den jugendlichen Arbeitslosen überraschend großzügig. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) willigte ein.

Das ist kein Zufall: Europaweit wächst der Widerstand gegen den Sparkurs. Gleichzeitig fürchtet man sich in Brüssel vor einer „verlorenen Generation“. In der EU suchen 7,5 Millionen junge Menschen einen Job, in Spanien und Griechenland ist sogar jeder zweite Jugendliche ohne Arbeit.

Ob die Jugendgarantie daran viel ändert, ist fraglich. Denn es handelt sich nur um eine unverbindliche Absichtserklärung. Die Regierungen sollen mit der Wirtschaft zusammenarbeiten, um freie Ausbildungs- und Arbeitsplätze zu finden oder – wenn die nicht vorhanden sind – andere Angebote zu machen. Die EU-Kommission soll die Umsetzung überprüfen.

Die „Garantie“ funktioniert ohne Sanktionen

Anders als bei der Sparpolitik, die mit dem Fiskalpakt sogar in internationales Recht überführt wurde, sind bei Verstößen gegen die Garantie keine Strafen vorgesehen. Die Umsetzung ist freiwillig, Brüssel hat nicht die Mittel, um sie vor Ort zu kontrollieren.

Zudem ist der Erfinder der Jugendgarantie, Sozialkommissar László Andor, in der Kommission ziemlich isoliert. Das Sagen hat Währungskommissar Olli Rehn, der den Euroländern den Sparkurs vorgibt – und nach Ansicht seiner Kritiker mit für den rasanten Anstieg der Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen verantwortlich ist. Umstritten ist auch, was die Jugendgarantie für Deutschland bedeutet.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lobte sie zwar als „ganz wichtiges Signal für die Jugend“, sieht aber keinen Handlungsbedarf. In Deutschland sei Jugendarbeitslosigkeit kein besonderes Problem. „Wir suchen händeringend junge Menschen, die die offenstehenden Ausbildungsplätze und zum Teil auch Arbeitsplätze füllen“, so von der Leyen.

Doch die Europaabgeordnete Jutta Steinruck (SPD) pocht darauf, die Garantie auch in Deutschland umzusetzen. Jugendliche seien hierzulande doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen wie Menschen über 25 Jahre. „In den offiziellen Statistiken wird getrickst“, so Steinruck. 250.000 arbeitssuchende Jugendliche würden nicht mitgezählt.

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6 Kommentare

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  • ER
    es reicht !!!

    Ich bin jetzt 22 Jahre alt habe einen Realschulabschluss und eine Ausbildung zum Wirtschaftsassistenten UND ich habe KEINE ! Perspektive, hangel mich von Praktikum zu Praktikum die natürlich unbezahlt sind nicht einen Cent dafür das ich 4 Wochen lang 2 Std am im Hinterzimmer eines 5 Sterne Hotels Gabeln poliere wtf? Habe ich dafür 12 Jahre in der Schule gesessen?! Jetzt mache ich den Führerschein von meinem über Jahre gesparten Geld verzicht auf Sauftouren und Kinoabende dafür für das Ziel Führerschein um mobil zu sein für Arbeitgeber und nicht weil ich ihn machen will -.- ich bewerbe mich auf allmögliche Stellen Putzjobs eingeschlossen und da wird dir dann gesagt "ja sorry sie sind nach dem Probearbeiten 2. wir nehmen sie wenn Kandidat 1 abspringt" dann diese Woche wieder ein Termin zur Probearbeit einen Tag vorher ruft man mich an "ja sorry meine Mitarbeiterin hat ne Freundin aus ihrem Hauseingang mitgebracht die macht das jetzt, wenn das nix für die ist würd ich gern auf dich zurück kommen." unter den Worten "Fick dich" legte ich auf -.- nächsten Samstag Gespräch bei McDonalds mal sehen welche Ausrede ich da hören werde ! In meinem Umfeld gibt es ein IT Systemkaufmann er ist der Jahrgangsbeste und findet nix !!! Aber nein IT wir brauchen IT !!!! Verarscht uns nicht länger !!!!

  • J
    jaklar

    @Wolfgang:

     

    die meisten Jugendlichen demonstrieren eben nicht für Revolution, sondern nur für Jobs.

     

    momentan ist das noch so.

     

    da ich selber in so ner Lage bin, geb ich zu, dass es momentan total unbefriedigend ist. Wir sperren die Menschen regelrecht in schlechten Arbeitsverhältnissen ein, dennoch demonstrieren sie sogar dafür, überhaupt eines zu finden.

     

     

    ich hab zwar einen Job, dieser ist aber so unbefriedigend und perspektivlos, dass man davon nur noch fliehen möchte. Muss man überhaupt wirklich jeden schlechten Job erhalten?

     

    Es gibt kaum Alternativen auf dem A-Markt, wir sitzen in der Falle. Man muss den Menschen was sinnvolles darüber hinaus anbieten.

     

    Das macht doch die Jugend nicht zufriedener in irgendeinem McJob zu Niedrigstlöhnen festzusitzen.

     

    unser Problem ist der Mangel an guter Arbeit mit Perspektiven, Verbesserungsmöglichkeiten und guten Einkommen. Die können nicht herbeigezaubert werden. Wenn wir wie in den USA jetzt auch Jobs wie Tütenpacker und Greeter anbieten, dann haben wir auch mehr Jobs - reicht zwar nicht zum Leben und ist unproduktiver Schwachsinn, aber hauptsache Job.

     

    wir müssen uns von diesem Arbeitsfetischismus lösen. Es gibt nicht genug sinnvolle Stellen für alle. Zahlt ihnen ein Grundeinkommen und bietet ihnen nebenbei dann bildungssachen an. Vielleicht kann der eine oder andere sich dann nach der Krise damit selbständig machen.

     

    Das gilt übrigens auch für DE: DE zementiert die Leute in Arbeitslosigkeit oder in einem enmal gelernten Beruf regelrecht fest. Herauskommen nur mit Genehmigung der ARGE, wenn überhaupt. Nirgends dürfte es schwerer sein sich ohne Abitur weiterzubilden und neu zu orientieren.

  • J
    jaklar

    Logischerweise entstehen Arbeitsplätze nur dann, wenn Nachfrage vorhanden ist und die wirtschaftlichen Aussichten gut sind. Europa wird aber jahrelang in der Rezession und Krise bleiben.

     

    alternativ gebe es nur die Möglichkeit von öffentl. geförderten Beschäftigungssektoren z.B. für Infrastrukturmaßnahmen etc.... aber die Staaten haben kein Geld dafür.

     

    die Krise in Europa wird noch mehrere Jahre anhalten, weil die Ursachen nicht bekämpft werden. Wir bräuchten einen NewDeal, stattdessen wütet weiterhin die Ideologie Neoliberalismus

     

    in DE selbst 15-17% ebenfalls ungelernt und waren nie in Ausbildung. In Niedersachsen lt. Bildungsklick momentan sogar 18% der 25 bis 30jährigen.

     

    DE System ist keinen deut besser als andere. Hier profitiert man nur von weniger Jugendlichen (seit 2010 verlassen mehr Ältere den A-Markt als Junge nachkommen) und weil Azubis als Arbeitnehmer statistisch die Jugendarbeitslosigkeitsrate verzerren.

     

    Europa wird lange mit Jugendarbeitslosigkeit leben müssen. Vielleicht geben wir einfach ein kleines BGE und senden sie solange in Bildungseinrichtungen. Dann sind sie wenigstens beschäftigt und stehen finanziell nicht nur vor der Null.Südeuropa hatte eh jahrzehntelang hohe Jugendarbeitslosigkeit - so neu ist es nicht. Die Alten blockieren zu lange die Plätze.

     

    man wird sich in der EU entscheiden müssen: entweder Rentner früher nach Hause senden oder Jugendarbeitslose finanzieren. Entweder alle Teilzeit, oder eine Hälfte arbeitslos.

     

    zu viele Menschen wollen oder müssen erwerbstätig sein, der Arbeitsmarkt gibt das aber nicht her. Auch in DE gibts bei den meisten Berufen keinen Mangel, sondern Überschuss.

  • W
    Wolfgang

    Noch verhindert der kleine Traum vom Reichtum im Kapitalismus die antiimperialistische und emanzipatorische Revolution - für die Gleichheit - auf der sozial-ökonomisch-ökologischen Grundlage des Gemeineigentums an den gesellschaftlichen Produktionsmitteln. Hierfür muss zuerst der (ver-)bildungspolitische Müll und medial manipulatorische Dreck in den Köpfen der Jugend überwunden und beseitigt werden. Erst danach kommt es zum emanzipatorisch-revolutionären Aufstand der Jugend gegen die (A)"Soziale Marktwirtschaft" der Bourgeoisie und gesellschaftspolitischen Administration!

     

    Aufwachen, brave deutsche und europäische Michelins!

  • S
    spiritofbee

    "Anders als bei der Sparpolitik, die mit dem Fiskalpakt sogar in internationales Recht überführt wurde, sind bei Verstößen gegen die Garantie keine Strafen vorgesehen"

    Deutlicher kann die Verachtung für die Zukunft der jungen Menschen in Europa kaum zum Ausdruck gebracht werden.

    Es scheint als wollten die Verantwortlichen "Den kommenden Aufstand" zur Destabilisierung der europäischen Länder geradezu forcieren. Damit alle nach noch mehr Sicherheitskräften und Überwachung schreien.

    Wer sind nochmal die Berater in Fiskalfragen zur menschenverachtenden Sparpolitik?

  • VB
    Volker Birk

    Passend zum verordneten “Sparkurs”:

     

    “Noch mehr Geld: Banker erhöhen sich die Boni und Gehälter um weitere 10 Milliarden EUR”

     

    Siehe:

     

    http://www.fr-online.de/wirtschaft

    /,1472780,22068648.html