Jugendangebot von ARD und ZDF: Jenseits der Glotze
Den öffentlich-rechtlichen Jugendkanal gibt es nur im Netz. Sein Chef, Florian Hager, war bislang bei Arte für die Verknüpfung von TV und Internet verantwortlich.
Florian Hager wird den neuen Jugendkanal von ARD und ZDF leiten. Als letztes Gremium winkte am Freitag der Verwaltungsrat des Südwestdrundfunks (SWR) die Personalie durch. Die Sender haben damit wohl den Kandidaten gefunden, der im öffentlich-rechtlichen Apparat schon erstaunlich hoch aufgestiegen ist – und dennoch nicht allzu weit entfernt ist von der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen: Hager ist erst 38 und war bisher Stellvertretender Programmdirektor bei Arte. SWR-Intendant Peter Boudgoust bezeichnete Hager als „erste Wahl“.
Er soll als Geschäftsführer also die neue Rakete von ARD und ZDF zum Fliegen bringen. Keine leichte Aufgabe bei einem Sender, der schon lange vor seinem Start im Jahr 2016 den ersten Dämpfer erhalten hat. Damals, im Oktober 2014, als die Ministerpräsidenten der Länder dem neuen Jugendangebot zwar zustimmten, ihm einen linearen Fernsehkanal aber verweigerten. Das Grummeln innerhalb der ARD war deutlich vernehmbar, vor allem beim für den Jugendkanal verantwortlichen SWR. Nun wird die Jugend nur im Internet unterhalten und informiert.
Doch genau das könnte Hager bei der Auswahl zugute gekommen sein. Er war bei Arte seit 2011 für die Neuen Medien zuständig. Seit September 2012 als Hauptabteilungsleiter „Planung TV/New Media“. Hager, der von sich behauptet, eher aus der Internet- denn aus der Fernsehecke zu kommen, hat Arte in den vergangenen Jahren auf einen bimedialen Kurs gebracht. Kaum ein anderer Sender probiert so viel aus im Netz, verknüpft das lineare Fernsehen und das Internet so konsequent: Zuletzt zu sehen bei der Dokumentationsreihe „Polear Sea 360 Grad“, aus der man Teile online sehen konnte, die mit einer 360-Grad-Kamera gedreht worden waren. Der Zuschauer konnte so selbst die Kamera nach links, rechts, oben und unten schwenken.
Auch die Serie „About: Kate“ verlängerte Arte unter Hagers Ägide weit ins Netz hinein. Es sind die Versuche, „eine Zuschauergruppe anzusprechen, die wir mit unseren normalen Übertragungswegen nicht erreichen“, sagte er vor knapp zwei Jahren.
Fernsehen für die Fernsehverweigerer
Beim Jugendkanal ohne eigenen Kanal kann er nun zeigen, was er bei diesen Versuchen gelernt hat. Denn keine Altersgruppe ist so weit entfernt vom linearen Fernsehen wie die 14- bis 29-Jährigen. Vier Stunden sieht der Mensch in Deutschland durchschnittlich pro Tag fern. Bei den 14- bis 29-Jährigen sind es nur zwei Stunden. Und anders als frühere Alterkohorten, die mit der eigenen Sesshaftigkeit aufs Sofa und vor den Fernseher zurückkehrten, hat die aktuelle junge Generation mit Video-on-Demand-Angeboten eine echte Alternative zum linearen TV. Keiner von ihnen muss jemals vor die Glotze zurückkehren.
Diese NutzerInnen wird Hager davon überzeugen müssen, dass sie ihre Inhalte nicht nur bei Youtube, Netflix und Co. bekommen – sondern auch beim öffentlich-rechtlichen Jugendkanal. Er nennt es eine „anspruchsvolle Aufgabe, ein Angebot für eine jüngere Zielgruppen mit zu entwickeln“.
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