Jürgen Klopp, „The Normal One“: Ein Mann für den Ausnahmezustand
Jürgen Klopp hat mit dem 4:0 gegen Barca wieder einmal für eine Überraschung gesorgt. Er schafft es, dass seine Spieler für ihn bis zum Umfallen laufen.
Normal war das nicht. Normal war an diesem Abend sowieso nichts. Aussichtslos schien die Lage für die Engländer nach der 0:3-Niederlage bei Barcelona zu sein. Zum einen weil sie dort einer ihrer besten Leistungen zeigten, wie Klopp trotzig betonte, zum anderen weil beim Rückspiel mit Mohamed Salah und Roberto Firmino zwei Eckpfeiler des Liverpooler Offensivspiels fehlten. „The Normal One“, so hatte sich Klopp an seinem ersten Arbeitstag in Liverpool selbst eingeführt, in Abgrenzung zu Jose Mourinho, der sich den Namen „The Special One“ gab. Seitdem hat der 51-Jährige Schwabe das Etikett exklusiv. Er macht das Normale, das er für sich in Anspruch nimmt, zum Besonderen. Volkstribun ist er oft genannt worden.
Jürgen Klopp ist einer, der im Laufe seiner Karriere immer in der Rolle des Herausforderers reüssiert hat. Bei Mainz 05 dem Underdog-Verein in der Bundesliga, bei Borussia Dortmund, mit denen er den FC Bayern vom Thron stürzte, und nun beim FC Liverpool, der auf eine lange Ära der Erfolgslosigkeit zurückblickt und dem nun der Dominator der Premier League, Manchester City, im Weg steht.
Seine Affinität zu populären Vereinen in der Herausfordererrolle hat dazu geführt, dass er im Unterschied zu anderen Startrainern nicht viele Titel aufweisen kann. Mit Dortmund gewann er zweimal die Deutsche Meisterschaft und einmal den DFB-Pokal. In Liverpool, wo er schon seit 2015 arbeitet, hat es noch zu keinem großen Titel gereicht. Auch in dieser Saison sieht es schlecht aus, obwohl der Verein mit 94 Punkten und nur einer Niederlage eine außergewöhnliche Marke aufgestellt hat. Außergewöhnlicher ist allerdings die von Manchester City, die einen Punkt Vorsprung haben.
Klopp ist aber vor allem ein Trainer für besondere Spiele, weil kaum einer es so versteht wie er, Spieler für 90 oder 120 Minuten emotional zu kitzeln und ihre eigenen Grenzen extrem zu verschieben. Von „Mentalitätsmonstern“ sprach Klopp am Mittwochabend mit Blick auf seine Spieler. Und er sagte das mit dem Stolz eines Schöpfers. Adam Lallana, Mittelfeldspieler vom FC Liverpool, hat einst gesagt: „Was für ein Gefühl Klopp den Spielern gibt! Man will für ihn laufen. Man möchte für ihn und für die Jungs auf dem Rasen sterben!“
Als Menschenfänger wurde Jürgen Klopp häufig bezeichnet. Er kann Spieler für sich und seine Anliegen begeistern. Und sein größtes Anliegen dürfte es nun sein, mit dem Gewinn der Champions League endlich den Ruf des notorischen Endspiel-Verlierers abzustreifen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Der alte neue Präsident der USA
Trump, der Drachentöter
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens