„Jubeldemo“ zu SPD-Fest in Berlin: Vergifteter Applaus für Sozis
Wenn die 150-jährige SPD ihr „Deutschlandfest“ in Berlin feiert, soll es auch eine „Jubeldemo“ geben. Echte Sozis sind dort aber nicht zu erwarten.
BERLIN taz | Die Plakate für die Sozi-Sause werden schon gepinselt. Neben Pappen und Tuben stapeln sich gedruckte Exemplare: Oben das SPD-Logo, daneben „150 Jahre“ in Schwarz-Rot-Gold. Aber die großen Lettern darunter? „Krieg, Abschiebung, Sozialabbau – Tradition verpflichtet“. Ein anderes Plakat macht aus der SPD die „Sozialabbau Partei Deutschlands“.
Nun ja: Die Pinselei fand am Mittwoch im linken Kreuzberger Hausprojekt „New Yorck“ statt. Die Kreativen gehören auch nicht zur SPD, sondern zur autonomen Szene. Die Veranstaltung aber, um die es geht, ist real: das „Deutschlandfest“ der Sozialdemokraten am 17. und 18. August.
Mit einer „roten Meile“ will die Partei vor dem Brandenburger Tor ihr 150-jähriges Jubiläum feiern. Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kommt ebenso wie der Parteivorstand und die Landeschefs. Nena, Roland Kaiser und Samy Deluxe singen, es locken ein Riesenrad und eine „Debatten-Arena“ mit „SPD-Promis“. Gefeiert würden „150 Jahre Arbeit für Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität“, bekundet Generalsekretärin Andrea Nahles. Alle Demokraten seien zu dem kostenlosen Fest eingeladen.
Der Einladung wollen auch die Leute im „New Yorck“ folgen: mit einer „Jubeldemo“ am Samstag vom Mauerpark zum SPD-Fest. „Angemessene Kleidung“ sei Pflicht, SPD-Fahnen seien erwünscht, heißt es. Ziel sei es, auf das Fest zu kommen, „da wir unsere Partei gebührend feiern wollen“.
„Etwas vergesslich“
Die SPD sei offenbar „etwas vergesslich“, sagt einer der Bastler, ein junger Mann mit Schiebermütze, der sich Tim nennt. „Die Partei schreibt sich ihre Geschichte rein, lässt aber einige Errungenschaften unter den Tisch fallen.“ Das könne man nur satirisch verstehen. Er rechnet mit 300 Demoteilnehmern.
Seit Tagen wirbt eine Homepage für die Aktion, die auf den ersten Blick aussieht wie die echte SPD-Seite. Nur stehen unter dem Parteilogo die Sozialdemokraten Thilo Sarrazin, Gustav Noske und Gerhard Schröder – alle drei Hassfiguren der linken Szene. Im Aufruf wird die SPD denn auch für Hartz IV gepriesen („deutliches Signal an das arbeitsferne Gesindel“), für das 1993 ausgehöhlte Asylrecht oder die „lange Tradition der militärischen Interventionen“.
Hinter der Demo stecken Berliner Autonome: Antifa-Gruppen, die Kampagne „Wir bleiben alle“ und die Initiative „Rassismus tötet“. Man wolle auf die „rechten Einfalllöcher“ der SPD hinweisen, sagt Mitorganisator Tim.
Die SPD äußert sich zu dem Protest nicht. Die Polizei bestätigte eine Anmeldung für die „Jubeldemo“. Ob diese bis zum SPD-Fest darf, ist noch offen. Noch liefen Gespräche mit den Veranstaltern, sagte ein Polizeisprecher. Man werde „geeignete Maßnahmen“ treffen, um sowohl das SPD-Fest als auch den Aufzug zu schützen.
Kritik am „Deutschlandfest“ kommt aber auch aus der SPD-Parteijugend selbst - allerdings nur am Namen. Zu „nationalistisch“ komme der Name daher, schrieben die Berliner Jusos schon vor Monaten in einem offenen Brief an ihren Parteivorstand. Leider sei darauf nie geantwortet worden, sagt Landeschef Kevin Kühnert. „An unserer Kritik hat sich nichts geändert.“ Das Fest sei okay, der Titel aber wecke falsche Assoziationen. Deshalb werde man die 5.000 Berliner Jusos nicht zur Teilnahme an dem Fest aufrufen und auch keinen Stand stellen.
An der „Jubeldemo“ wird Kühnert aber auch nicht teilnehmen. „Deutlich zu platt“, findet er deren Aufruf. „Man darf die SPD kritisieren, aber bitte differenzierter.“
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