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Jobs für Verwandte von PolitikernEnde der Familienwirtschaft

79 Landtagsabgeordnete haben in Bayern nahe Verwandte auf Staatskosten beschäftigt. Ein Politologe sieht in der Affäre eine Chance.

Mit der weiß-blauen Vetternwirtschaft ist es nun vorbei Bild: dpa

BERLIN taz | Jetzt ist es raus: 79 Abgeordnete des bayerischen Landtages haben auch nach dem Jahr 2000 Ehepartner, Kinder oder andere Verwandte ersten Grades beschäftigt. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) veröffentlichte am Freitag die Liste der Parlamentarier, die entsprechende Arbeitsverträge an nahe Angehörige vergeben hatten. Wer etwas dagegen habe, solle sie verklagen, hatte Stamm angekündigt.

Schon seit Tagen kocht die Affäre um die Familienförderung bayerischer Politiker. Justizministerin Beate Merk ließ ihre Schwester für sich arbeiten. Vergangene Woche musste bereits CSU-Fraktionschef Georg Schmid seinen Hut nehmen, nachdem bekannt geworden war, dass er seine Frau beschäftigt und ihr so bis zu 5.500 Euro monatlich vom Staat hatte zukommen lassen. Für Ministerpräsident Horst Seehofer kommt die Familienaffäre seiner Parteifreunde denkbar ungünstig: Am Freitagabend wollte er sich auf einem Konvent nach amerikanischer Manier zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im September krönen lassen. Statt als Glamourpartei steht die CSU nun als verfilzter Haufen da.

Dabei haben die Parlamentarier, deren Namen der Landtag nun veröffentlichte, streng genommen rechtens gehandelt. Seit 2000 dürfen Abgeordnete zwar keine Eheleute und Verwandte ersten Grades mehr aus Steuermitteln beschäftigen, bestehende Verträge aber durften weiterlaufen. Diese legt die Liste nun offen.

Auch viele Oppositionsabgeordnete finden sich darauf: etwa 22 SPD-Abgeordnete. Darunter die spätere Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD), die bis zu ihrem Wechsel nach Berlin von der Regelung Gebrauch gemacht hatte. Und die Grüne Maria Scharfenberg hatte bis 2006 einen entsprechenden Vertrag. Auch ehemalige CSU-Kabinettsmitglieder finden sich auf der Liste. Nur die FDP fehlt. Sie genießt das Glück des späten Wiedereinzugs. Die Liberalen sitzen erst seit 2008 wieder im Landtag. Da war die Neuanstellung von Ehepartnern oder Kindern längst verboten.

„Als Dauerlösung missbraucht“

Die meisten Bundesländer hätten die Möglichkeiten zur Beschäftigung naher Verwandter seit Ende der 90er Jahre abgeschafft, sagt Werner Patzelt, Politikprofessor an der TU Dresden. In Bayern sei die Übergangsregelung „arrogant als Dauerlösung missbraucht worden“. Die bayerischen Verhältnisse erinnern den Politologen an Stammesgesellschaften: „Es ist ein tief sitzendes kulturelles Muster, dass man öffentliche Ämter nutzt, um die eigene Familie zu unterstützen“, sagte Patzelt der taz.

Die bekannt gewordenen Fälle hängen seiner Meinung nach aber nicht damit zusammen, dass im Freistaat eine vermeintlich weniger moderne Mentalität herrsche: „Diese Affäre hat nichts mit dem bayerischen Wesen zu tun, sondern allein damit, dass die CSU dort seit Jahrzehnten regiert und die Verfilzung groß ist.“ Dem widerspreche nicht, dass auch Oppositionspolitiker auf der Liste stehen. „Die Opposition kann in einem solchen System natürlich immer das tun, was auch die Regierung für sich nicht ausschließt.“

Neben einer mit den Jahren eingeschliffenen Selbstbedienungsmentalität vermutet Patzelt auch andere Gründe für die Beschäftigung naher Angehöriger. „Es ist die einfachste Möglichkeit, das Privatleben mit einer beanspruchenden Tätigkeit in der Politik zu verbinden, und insofern ganz naheliegend.“

„Wir müssen schnell reagieren“

Der Förderalismusforscher Werner Reutter von der Freien Universität Berlin kann der Affäre auch Positives abgewinnen. Es sei gut, dass die Landtagspräsidentin die Verwandtenbeschäftigung offengelegt habe. „Für Bayern ist das gut“, sagte Reutter der taz. „Durch die Diskussion wird klar, dass die CSU nicht mehr einfach schalten und walten kann, wie sie will.“

Die Familienwirtschaft soll nun rasch beendet werden. „Heutzutage ist eine so lange Übergangsregelung nicht mehr vermittelbar“, sagte Parlamentspräsidentin Stamm: „Wir müssen deshalb schnell reagieren.“ Am 16. Mai soll der Landtag ein neues Gesetz verabschieden, das im Juni in Kraft treten könnte.

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8 Kommentare

 / 
  • HK
    Hady Khalil

    Was ist eigentlich „Stammtischpolitik“

    Das ist interaktive Politik! Man stelle sich vor die Dorfältesten treffen sich im Hofbräuhaus, oder einem anderem Stammlokal. disktuieren laut und H

    heißblütig politische Themen.Je später der Abend umso Prost Dann kommt die spiztfindige Phase HöHö, Höhöhö, hö hö, während man die Ergebnisse zusammenträgt. Am nächsten Morgen sitzt der Dorfälteste im Büro und überlegt angestrengt mit dickem kopf, was war da noch gestern? Er kann sich nicht mehr an die intensiven Denkprozesse und Zwischenergebnisse erinnern, alle am Ende waren wir unsss doch einig? Höhö. Bitte Herr Staatssekretär zur Abfassung einer Gesetzesvorgage.Jährlich Ende September kommt die Volksabstimmung (das ist Demokratie mit jährlicher Bestätigung), das Oktoberfest: HÖHÖ, HÖHÖ, HÖHÖ. Vielleicht kriegt man ja andere Ergebnisse, wenn man statt des doofen Rauchverbots, ein Trinkverbot auf dem Oktoberfest erlassen. Für eine nüchterne Politik...HÖHÖ.

    Oder man könnte auf die Biergläser „Bitte Maß halten“ schreiben um zu erinnern, das es ja eigentlich um ernsthafte Dinge geht.Schließlich ist die Maaß nicht das Maß aller Dinge, oder hängen die Börsenkurse von den Bierkursen ab? - Prost

  • IN
    Ihr neuer Pappsi

    hier wird ein Bild zum Sauhaufen gebraucht!

     

    Textlich ist das nämlich nicht mehr zu fassen!

  • X
    xonra

    Nun haben die CSU Parteigänger das HartzIV Modell der Bedarfsgemeinschaften einfach auf ihre Situation übertragen. Mal gespannt, wann die ersten in winterlichen Massenunterkünften für Wohnungslose auftauchen.

  • SG
    Schmidt Georg

    nicht vergessen, dank der neuen Technik PC,Internet CD brennen usw, ist es erst möglich ,dass man Steuersünder fasst, wer wollte schon 2000 Namen und KOntonummern mit der Hand abschreiben, es gäbe keinen Fall Hönnes und auch die Diskussionen über Familienbeschäftigung wäre mal ein Artikel auf Seite 3, im Zeitalter des Internet bleibt nix geheim, selbst die grössten Bazis fallen auf, in Zeiten Strauss hätte das nie passieren können !

  • WS
    Wahlkampf sonst nichts

    Das ganze ist Wahlkampf. Ob jemand Familienmitglieder beschäftigt oder alte Kampfgenossen aus den 70ern ist moralisch egal. Überbezahlt werden meist beide. Das ist Amigo. Es erinnert alles an die mediale wie politische Entrüstung über Hoeneß der sein Geld illegakerweise nicht komplett versteuerte während Steinbrück ganz legal mit anderen Politikern leere Wasserwerkskassen im Pleiteland NRW plündert. Klüngel etc.etc. Wenn es passt entdeckt man es plötzlich. Z.B. im Wahlkampf. Wer hat denn so unter Fischer Karriere gemacht? Wieviwle Schwule haben seit Wowi plötzlich gute Posten? Schon mal im Kreuzberger Rathaus nachgesehen wer da denn so alles eine ruhige gutbezahlte Kugel schiebt? Besser nicht man könnte sich seit 40 Jahren von Demos kennen. Skandal ist es nur wenn es bei der CSU passiert. Das ist mir selbst als CSU-Totalablehner zu blöd, zu billig und zu durchsichtig. Von der CSU erwarte ich nichts, von den Grünen schon. Dort das Gleiche zu entdecken finde ich schlimmer. Die Grünen kommen medial aber immer gut durch, sie stellen in der Politik real 5%-7% der Wahlberechtigten, in Redaktionen aber 50-60% und haben dazu noch 30% anderslinke Sympatisanten. Das erklärt die Berichterstattung. Nur merken das immer mehr Leute, besonders die Jungen.

  • W
    Wolfgang

    Die heilige Familie, christliche Religion und harmonische Korruption ist ein Wesensmerkmal des feudal-bürgerlichen Bourgeoissozialismus bayerisch-deutscher Prägung.

  • VW
    vettern wirtschaft

    Zuerst erhebt sich die Deutsche Nation moralisch über Griechen/Spanier/Portugiesen/Italiener und muss nun entsetzt feststellen dass ihre eigenen Bürger es auch nicht ganz so genau nehmen mit der Steuerehrlichkeit!

     

    Haben die Griechen ihr System vielleicht doch nur von uns deutschen übernommen?

  • H
    HeiligerVater

    landesreGIERung