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Joachim Buwembo FernsichtUgandas Dissidenten feiern in Bayern, und Kampala versteht die Welt nicht mehr

Am 7. Februar geschah in Uganda etwas Unerhörtes: Das Außenministerium schrieb Deutschland einen Protestbrief. In den sechs Jahrzehnten Geschichte Ugandas als unabhängiger Staat hatte es so etwas noch nie gegeben.

Selbst während der düsteren Jahre des Idi-Amin-Regimes in den 1970er Jahren war die Bundesrepublik Deutschland der einzige westliche Staat, der Uganda nie fallen ließ. In seinen zahlreichen Konflikten mit Großbritannien und den USA nannte Idi Amin Deutschland gern einen wahren Freund, auf den Uganda immer zählen könne. Ein solcher Augenblick war 1975, als Uganda den Staatengipfel der OAU (Organisation für Afrikanische Einheit) ausrichten sollte, aber über kein Farbfernsehen verfügte. Westdeutschland kam als Retter in der Not mit Technologie und Ingenieuren und richtete die benötigte Technik in Rekordzeit ein, und die Welt konnte die ugandische Extravaganza mit fünfzig Staatschefs in Farbe sehen.

Was also bewog Uganda jetzt zu diesem beispiellosen Schritt? Der Grund lag in der Verhaftung und Anklage von Kakwenza Rukirabashaija, einem 33 Jahre alten Schriftsteller, der immer ein Kritiker von Präsident Yoweri Museveni gewesen ist und im vergangenen Dezember über die Stränge schlug, als er den Präsidenten und seinen Sohn auf sozialen Medien beschimpfte. Deutschlands Botschafter in Kampala, Seine Exzellenz Matthias Schauer, tat etwas, womit niemand gerechnet hatte: Er schrieb dem Gericht, das Kakwenzas Reisepass als Kaution für seine Entlassung aus der U-Haft einbehalten hatte, dass die deutsche Botschaft einen Visumsantrag des Schriftstellers zur Reise nach Deutschland, um eine Auszeichnung von PEN International für seinen Mut entgegenzunehmen, „annehmen und unterstützen“ werde.

Aus Sicht der Regierung in Kampala war dieser Brief Druck auf Uganda, um Kakwenza die Ausreise zu genehmigen, und ein Bruch der Wiener Konvention über diplomatische Beziehungen. Botschafter, dachte man, müssten mit Behörden ihrer Gastländer über das Außenministerium kommunizieren und nicht direkt, vor allem nicht direkt mit einem Gericht in einem Strafverfahren.

Joachim Buwembo lebt als unabhängiger Publizist in Ugandas Hauptstadt Kampala. Er ist ehemaliger Chefredakteur der Zeitungen „Sunday Vision“ und „Daily Monitor“ in Uganda und Mitgründer der Zeitung „The Citizen“ in Tansania.

Man sieht das Eintreten der deutschen Botschaft für Kakwenza nicht als Einzelfall. Deutschland hatte erst kurz zuvor eine andere Kritikerin von Präsident Museveni aufgenommen: die Sozialwissenschaftlerin Stella Nyanzi, die wegen Präsidentenbeleidigung eine Haftstrafe abgesessen hatte. So schnell nach dem deutschen Asyl für Nyanzi konnte der deutsche Unterstützungsbrief für Kakwenza nicht als Zufall abgetan werden.

Musevenis Sohn, den Kakwenza beleidigt haben soll, hatte soeben einen diplomatischen Coup gelandet, indem er Ruanda besuchte und die Regierung dort überredete, die seit fast drei Jahren geschlossene gemeinsame Grenze wieder zu öffnen. Während der kurzen Öffnungsfeier schlich sich Kakwenza ohne seinen Pass aus Uganda nach Ruanda, von wo aus er Hilfe bekam, um in andere Länder und schließlich nach Deutschland zu reisen. Erst später stellte sich heraus, dass die Grenze gar nicht so richtig wieder offen war. Absichtlich oder unabsichtlich hat es die Kakwenza-Episode Ruanda ermöglicht, Uganda zum wiederholen Male zu düpieren.

Nun rätselt Kampala, warum auch Deutschland, der alte Freund, jetzt offenbar Uganda zu erniedrigen versucht! Aber aus Berlin gibt es darauf so schnell keine Antwort. Einstweilen muss sich Kampala mit Fotos von Stella und Kakwenza beim Feiern in Bayern begnügen.

Man sieht Deutschlands Eintreten für den Schriftsteller nicht als Einzelfall

Aus dem Englischen von Dominic Johnson

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