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Wenn es um eine grundsätzliche Diskussion über dieses THema geht, ist die Meinung der Bürger relevant.
Was die persönliche Entscheidung eines einzelnen angeht, sollte dies nie (!) thematisiert werden - insbesondere nicht in seriösen Medien. In einer Ausnahme gilt: Sollte dies eine Person ausdrücklich wünschen.
vielen dank für diesen wichtigen und im örr, dlf usw., wie auch in privat-sendern perfekt unterschlagenen aspekt!
@dos Selbstmord als Tabu? Halte ich für eine Fehlwahrnehmung, da jeder Suizid mehr oder weniger bekannter Personen insbesondere von den Sepukku-Fans breitgetreten und als Endform persönlicher Selbstentfaltung gefeiert wird.
Dabei wollen die meisten Selbstmörder eigentlich das Ende von Leid und nicht des Seins. Da aber nach dem Leben nichts kommt, beendet der Suizid nicht das Leid für den Betroffenen, da das letzte Erlebte ja Leid ist.
Auch werden nur Leuchturmbeispiele wie Schwerstkranke oder Greise angeführt, Mobbingopfer oder Menschen die aus Liebeskummer oder Angst vor Arbeitslosigkeit ihre Existenz beenden, tauchen da nie auf.
Selbstmord als gesellschaftlich billigste Problemlösungsstrategie unter dem Deckmantel persönlicher Freiheit zu verstecken ist zutiefst antihuman.
Den Freitod sollte man nicht thematisieren müssen,
sollte normal sein - oder?
“Wer abspringt, ist nicht notwendigerweise dem Wahnsinn verfallen, ist nicht einmal unter allen Umständen ‚gestört‘ oder ‚verstört‘. Der Hang zum Freitod ist keine Krankheit, von der man geheilt werden muß wie von den Masern.“ &] „Der Freitod ist ein Privileg des Humanen.“
© Jean Améry
de.wikipedia.org/wiki/Jean_Am%C3%A9ry
Sorry - aber mehr - gibt es dazu nicht zu sagen •
&
servíce & Gern&Dannnichfür
kurz - Bon voyage Jean-Luc Godard
@Lowandorder Sorry,- aber da ist noch ne Menge dazu zu sagen.
Denn meisten Selbstmörder wollen Studien zur Folge Leid und nicht das Sein beenden. Da aber nach dem Leben nichts kommt, beendet der Suizid nicht das Leid für den Betroffenen, da das letzte Erlebte ja Leid ist.
Mobbingopfer oder Menschen die aus Liebeskummer oder Angst vor Arbeitslosigkeit ihre Existenz beenden, tauchen bei den Freitodfetischten nie auf.
Selbstmord als gesellschaftlich billigste Problemlösungsstrategie unter dem Deckmantel persönlicher Freiheit zu verstecken ist zutiefst antihuman.
In meinem Bekanntenkreis gab es Selbstmörder - als Heroen der Selbstbestimmung fielen sie nirgends auf, keiner war Todgeweiht siechend und ihre Tat brachte nur neues Leid hervor.
@Lowandorder DANKE!
Dass darüber wenig geschrieben wird ist natürlich beabsichtigt, weil der Pressekodex vorgibt, über Suizide sehr zurückhaltend zu berichten, um labile Personen nicht zur Nachahmung zu animieren.
Andererseits stimmt es natürlich, dass es unabhängig davon eine gesellschaftliche Debatte über humanes und assistiertes Sterben geben muss.
P.S: Wenn andere Medien in einem Artikel Suizide erwähnen, gibt es darunter immer einen Hinweis auf Hilfsangebote. Warum nicht bei der taz?
"Der Fall Godard zeigt auch, dass Menschen, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen, nicht vorschnell entscheiden." Diese Generalisierung stelle vor dem Zusammenhang mit psychischen Krankheiten stark infrage.
Dennoch finde ich den Artikel gut. Für mich ist das Thema Sterbehilfe sehr wichtig, weil jemand der mir nahe steht (jung, gesund und unglücklich) Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchte. Ich versuche seit langem erfolglos die Person zu überzeugen mal mit einem Therapeuten zu reden.
@Heinrich1 Bevor die Person Sterbehilfe bekommen würde, müsste sie zum Therapeuten oder einem ausgebildeten Arzt.
Suizid ist nicht strafbar und daher eine persönliches Sache wann und warum man als Mensch den Freitot wählt. Für einenen mißlungenen Versuch in eine pyschatrische Anstalt eingwiesen zu werden würde auch dem Grundsatz "die Würde des Menschen ist unantatbar" nicht gerecht werden. Aber eben alleine ohne andere Menschen zu schaden.
Über Rassismus muss in der Schule geredet werden, ohne ihn dabei zu erleben. Der Roman „Tauben im Gras“ hat im Pflichtlektürekanon nichts zu suchen.
Jean-Luc Godards Tod durch Sterbehilfe: Die Schlussszene
Der französische Regisseur Jean-Luc Godard hat den sogenannten assistierten Suizid gewählt. Thematisiert wird das kaum.
Jean-Luc Godard 1963 in Italien Foto: Jean-Louis Swiners/Gamma-Rapho/Getty Images
Ganz am Ende, als Jean-Paul Belmondo schon mit einer Kugel im Rücken durch Paris torkelt, bis er zusammenbricht auf dem Pflaster, da dreht er sich noch einmal um, lässt, nicht mit dem letzten Atemzug, aber fast, den Rauch der letzten Zigarette aus seinem Mund entweichen, zieht noch ein paar Grimassen und sagt zu Jean Seberg, dass er sie zum Kotzen findet.
Und dann? Dann fährt er sich selbst mit der Hand übers Gesicht, schließt so die Augen und stirbt.
Das ist die Schlussszene des Films „Außer Atem“, mit dem 1960 nicht nur die Schauspieler:innen Belmondo und Seberg, sondern auch der Regisseur Jean-Luc Godard Kultstatus erlangten. Am Dienstag ist er im Alter von 91 Jahren gestorben.
So lapidar steht es auch in den zahlreichen Nachrufen, die in deutschen Zeitungen erschienen sind und die Godard zu Recht als wegweisende Figur in der Welt des Kinos feiern, die er als Teil der Nouvelle Vague geprägt hat. Nur hier und da wird erwähnt, wie er zu Tode kam. Verschämt wirkt das, ratlos auch. Wie soll man über den Tod reden? Soll man überhaupt, ist es nicht pietätlos? Nein, ist es nicht. Erst recht nicht in diesem Fall. Denn natürlich ist der Tod immer eine Privatangelegenheit, aber hier gilt wie kaum sonst die alte Parole: Das Private ist politisch.
„Herr Godard hat die in der Schweiz legale Hilfe zu einem freiwilligen Abschied in Anspruch genommen“, hatte ein Berater Godards mitgeteilt. Mit anderen Worten: Er hatte den sogenannten assistierten Suizid gewählt, bei dem Sterbewillige eine tödliche Substanz bekommen, die sie dann selbst einnehmen. Eine Form der Sterbehilfe, die in der Schweiz seit Langem legal ist und praktiziert wird.
„Er war nicht krank, er war einfach nur erschöpft“, zitierte die französische Zeitung Liberation einen Angehörigen der Familie. „Also traf er die Entscheidung, es zu beenden. Es war seine Entscheidung und es war ihm wichtig, dass sie bekannt wurde.“ Also sollte man darüber auch reden.
Zufälligerweise starb Godard an dem Tag, an dem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron eine gesellschaftliche Debatte über „ethische Fragen zu Situationen am Lebensende“ ankündigte. Kurz zuvor hatte sich der französische Ethikrat vorsichtig für aktive Sterbehilfe unter strengen Auflagen ausgesprochen. In Frankreich ist dies bislang verboten.
Zufälligerweise starb Godard in dem Sommer, in dem auch der deutsche Bundestag sich anschickt, der Sterbehilfe eine neue gesetzliche Grundlage zu geben. In der Debatte wird hart darum gerungen, was es heißt, in Würde selbstbestimmt zu sterben. Sterben zu dürfen. Zu können. Ob es angesichts der Endgültigkeit dieser Entscheidung nicht angebracht ist, die Hürde noch viel höher zu legen. Eine Beratung zwingend vorzuschreiben. Oder den Weg so weit wie möglich frei zu machen für diejenigen, die gehen wollen.
Gerade weil diese Debatte so schwerfällt, gerade weil sie abstrakt kaum zu führen ist, ist es umso wichtiger, dass über prominente Beispiele wie jetzt bei Jean-Luc Godard geredet wird. Klar, offen, ohne falsche Scham. Nur so können sie zum Gradmesser werden – auch für staatliche Entscheidungen für oder gegen die weitere Legalisierung der Sterbehilfe.
Der Fall Godard zeigt auch, dass Menschen, die Sterbehilfe in Anspruch nehmen, nicht vorschnell entscheiden. Godard hatte schon 2014 öffentlich darüber geredet, dass Sterbehilfe für ihn ein denkbarer Ausweg sein könne. Erst acht Jahre später hat er sich nun als Regisseur seines Lebens ganz am Ende quasi mit der Hand übers Gesicht gefahren und sich getötet. Selbstbestimmt, weil er es konnte. Unterstützt von Angehörigen, weil sie es durften.
– FIN –
Wenn Sie Suizidgedanken haben, sprechen Sie darüber mit jemandem. Sie können sich rund um die Uhr an die Telefonseelsorge wenden (08 00/111 0 111 oder 08 00/111 0 222) oder www.telefonseelsorge.de besuchen.
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Kommentar von
Gereon Asmuth
Ressortleiter taz-Regie
Leiter des Regie-Ressorts, das die zentrale Planung der taz-Themen für Online und Print koordiniert. Seit 1995 bei der taz als Autor, CvD und ab 2005 Leiter der Berlin-Redaktion. 2012 bis 2019 Leiter der taz.eins-Redaktion, die die ersten fünf Seiten der gedruckten taz produziert. Twittert zurzeit vor allem Analysen der Corona-Zahlen. Hat in Bochum, Berlin und Barcelona Wirtschaft, Gesellschafts- und Wirtschaftskommunikation und ein wenig Kunst studiert. Mehr unter gereonasmuth.de. Twitter: @gereonas Mastodon: @gereonas@social.anoxinon.de Foto: Anke Phoebe Peters
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Die Vergangenheit als Blaupause
Schulterblick nicht vergessen
Hoffnung kann man auch aus der Vergangenheit ziehen, findet unsere Autorin. Ein Appell auch mal zurück zu schauen.