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Israels chaotische SicherheitspolitikGefährlich für das Land

Judith Poppe
Kommentar von Judith Poppe

Beim Versuch, seine Koalition zufrieden und seine Umfragewerte stabil zu halten, riskiert Netanjahu das Wichtigste: die Sicherheit seiner Bürger.

Wie weit geht er, um nicht wegen Korruption verurteilt zu werden? Premierminister Netanjahu Foto: Ohad Zwigenberg/ap/dpa

D er israelische Ministerpräsident Netanjahu hat den geschassten Verteidigungsminister Yoav Gallant zurück in sein Amt geholt. Also den Mann, der vor genau dem Szenario gewarnt hat, das in den vergangenen Tagen eingetreten ist: ein innenpolitisch zerstrittenes Israel, das nach außen geschwächt erscheint. Und tatsächlich: Die Gegner testen die neuen Grenzen. Raketen aus Gaza, Syrien und aus dem Libanon. Terroranschläge im Westjordanland und in Tel Aviv.

Netanjahu dürfte allerdings weniger auf die Sicherheit als auf den Imageschaden und die für ihn frappierenden Umfrageergebnisse geschielt haben.

Seit der Staatsgründung hat Israel zahlreiche Krisen und Kriege erlebt. Doch eine Krise auf so vielen verschiedenen Ebenen gleichzeitig ist bisher wohl beispiellos. Netanjahu trägt einen großen Teil dazu bei.

Die eine Hälfte des Landes fragt sich: Wie weit wird der Ministerpräsident noch gehen in seinem Versuch, sich vor einem drohenden Gefängnisaufenthalt in Sachen Korruption zu retten? Sein bisheriger Weg lässt vermuten: ziemlich weit. Für die religiös-zionistische Siedlerbewegung ist indes völlig klar, dass das oberste Gericht ausgeschaltet gehört. Sie haben weder moralische Skrupel gegenüber den Pa­läs­ti­nen­se­r*in­nen noch sicherheitspolitische. Schließlich, so sehen sie es, handeln sie in Gottes Auftrag.

Netanjahu, der aus einer ganz anderen Richtung kommt, sollte es besser wissen. Nicht nur das: Er schreckt scheinbar nicht davor zurück, das Land in eine Diktatur zu verwandeln. Er verspricht seinem – strafrechtlich verurteilten – Minister für innere Sicherheit, Itamar Ben Gvir, kurzerhand eine Nationalgarde, damit der die Regierung nicht platzen lässt. Er nimmt einen ökonomischen Kollaps angesichts der drohenden Justizreform in Kauf – zahlreiche Unternehmen drohen mit Abwanderung, die Gewerkschaften mit Generalstreik. Und er lässt das Verhältnis zu den USA auskühlen.

Eins steht bei aller Ungewissheit fest: Welchen Charakter auch immer man sich für das Land wünscht – Netanjahu ist gefährlich für Israel.

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Judith Poppe
Auslandsredakteurin
Jahrgang 1979, Auslandsredakteurin, zuvor von 2019 bis 2023 Korrespondentin für Israel und die palästinensischen Gebiete.
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1 Kommentar

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  • Guten Morgen taz-Korrektur.

    Netanjahu schreckt nicht scheinbar zurück, sondern anscheinend.

    Mit scheinbar drückt man aus, dass etwas in Wirklichkeit nicht so ist, wie es von außen erscheint.

    Wählt man anscheinend, bedeutet das, dass etwas tatsächlich so ist, wie es erscheint.

    Klugscheißer Ende.