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Israelreise im Schatten des Holocaust-Mahnmals

Beim Besuch von „Bundeskulturminister“ Naumann steht die heimische Debatte im Vordergrund  ■   Aus Jerusalem Susanne Knaul

Seine Reise nach Israel habe ausdrücklich „nichts mit der Mahnmaldebatte zu tun“, meinte der Bundesstaatsminister für Kultur und Medien, Dr. Michael Naumann, gestern in Jerusalem. Doch dann ging es in seinen Vorträgen und Pressekonferenzen doch immer wieder um dieses Thema. Vor recht dünn besetzten Reihen im King-David-Hotel sprach Naumann über „Erinnerung und politische Realität“. Sein Vortrag war Teil eines Symposiums: „Deutsche, jüdische und israelische Identität“. Die Einladung zu seiner Teilnahme an dem Symposium habe festgestanden, schon lange bevor es einen Termin für die Abstimmung im Bundestag über das in Berlin geplante Holocaust-Mahnmal gegeben habe. Der Staatsminister war überdies Gast bei der Eröffnungszeremonie der Internationalen Buchmesse in Jerusalem.

„Über zwei, wenn nicht drei Generationen nach der Befreiung, kehrte Deutschland dem Nachkriegs-Reich der Schatten den Rücken zu.“ Naumann berichtete in seinem Vortrag über die eigene Kindheit: Als kaum dreijähriger habe er einen Todeszug von jüdischen KZ-Häftlingen beobachtet, ohne zu wissen, was dort vor sich gegangen sei. „Erst im Alter von 14 Jahren hörte ich zum ersten Mal vom Holocaust.“ Jahrzehntelang hätte „eine gesamte Nation versucht, die Geschichte preiszugeben“, berichtet Naumann, um seinen Zuhörern die Veränderungen in Deutschland zu erläutern. Denn inzwischen sei es genau umgekehrt: „Heute erscheint das Land völlig von seiner Geschichte erfaßt zu sein.“

In seiner Rede im Rahmen des Symposiums nahm Naumann klare Position für das Modell von Peter Eisenman. Diese Haltung werde auch Professor Jehuda Bauer, dem Leiter der Jerusalemer Holocaust-Gedenkstätte Jad Vaschem, die Naumann am Vormittag besuchte, geteilt. Im Gespräch mit Journalisten gab der Staatsminister einer Abstimmung des Bundestages für das „Haus der Erinnerung“ von Eisenman indes kaum noch Chancen.

Mit Entschiedenheit wandte sich Naumann gegen das Modell des deutsch-israelischen Künstlers Jigal Tomarkin, der auf hebräisch und deutsch unter anderem die Worte: „Du sollst nicht töten“ auf einer Gedenktafel festhalten wollte. Naumann erklärte, daß sich die Nazis dieses Gebotes sehr bewußt gewesen seien und deshalb versucht hätten, den Massenmord im geheimen stattfinden zu lassen. Die Worte auf hebräisch niederzuschreiben erschien dem Minister völlig absurd, schließlich „müssen die Opfer nicht daran erinnert werden“.

Tomarkin selbst verstand seinen Entwurf ironisch. „Ironie ist der einzige Weg, um diese schreckliche Welt zu überleben“, sagte er in einem Telefonat am Montag. Überhaupt finde er „die gesamte Debatte langweilig“.

Diesen Eindruck scheinen seine Landsleute in Israel zu teilen. Die beiden ausflagenstärksten Tageszeitungen Maariv und Yediot Achronot berichteten in den vergangenen Jahren jeweils nur ein einziges Mal über die Debatte zum Mahnmal. Minister Naumann nimmt den Juden dieses demonstrierte Desinteresse jedoch nicht ganz ab: „Wenn es gar kein Mahnmal geben würde, wäre die Empörung riesig.“

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