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Israelische MarineProtestschiff vor Gaza gestoppt

Sie wollten die Seeblockade durchbrechen: Israel hat ein Schiff mit propalästinensischen Aktivistinnen vor dem Gazastreifen abgefangen.

Zeigen Solidarität mit den Gaza-Aktivistinnen: palästinensische Frauen Foto: dpa

Jerusalem taz | Bis 35 Seemeilen vor Gaza schaffte es eine Gruppe von Aktivistinnen mit ihrem Schiff Saituna-Oliva. Israelische Marinesoldatinnen und -soldaten stoppten die gut ein Dutzend Frauen an Bord, die offenbar keinen Widerstand leisteten. Die Frauen, darunter mehrere Parlamentarierinnen und die irische Friedensnobelpreisträgerin Mairead Corrigan, wollten mit ihrer Aktion auf die seit neun Jahren andauernde Blockade aufmerksam machen.

„Wir wollen die Frauen in Gaza unterstützen“, sagte Corrigan kurz vor ihrer Abreise. Die Welt solle die Stimme erheben „gegen die militärische Besatzung von palästinensischem Land“. Gaza nannte sie „das größte Freiluftgefängnis der Welt“.

Die Marine-Einheit lenkte die Saituna-Olivia, die unter holländischer Flagge in See stach, in den nächstgelegenen israelischen Hafen in Aschdod, wo die Hilfsgüter auf Lastwagen umgeladen werden, um dort zunächst kontrolliert und anschließend auf dem Landweg in den Gazastreifen transportiert zu werden. Ursprünglich war die gemeinsame Fahrt von zwei Booten geplant. Angeblich blieb die Amal (zu deutsch: Hoffnung) aufgrund technischer Mängel in Barcelona zurück.

Im Januar gab es den letzten Versuch, die Seeblockade mit einem Boot zu durchbrechen. Die schwedische Marianne hatte 20 pro-palästinensische Aktivisten an Bord, darunter den israelischen Parlamentarier Basel Ghattas von der arabisch-antizionistischen Vereinten Liste. Besonders tragisch endete der Versuch einer türkischen Flottille, angeführt von der Mavi Marmara, im Sommer 2010. Damals wurden im Verlauf gewalttätiger Auseinandersetzungen neun Passagiere getötet. Ein zehnter Mann erlag sehr viel später seinen schweren Verletzungen.

Dieses Jahr erst erneuerten die Türkei und Israel ihre infolge des Desasters ausgesetzten diplomatischen Beziehungen. Die Einigung zwischen Ankara und Jerusalem wurde möglich, nachdem sich Israel zur Zahlung einer hohen Wiedergutmachung bereit erklärte.

Mangelware Baumaterial

Israel hält aus Sorge vor Waffenschmuggel in den Gazastreifen an der Seeblockade fest. Die meisten lebensnotwendigen Güter werden über den Kontrollpunkt Kerem Schalom von Israel aus in den Gazastreifen transportiert. Der südliche Grenzübergang Richtung Ägypten ist nur für den Personenverkehr vorgesehen. Eine der politischen Konsequenzen nach dem Zwischenfall auf der Mavi Marmara war Israels Einlenken auf den internationalen Druck und dramatische Erleichterungen der Import-Verbote.

Mangelware ist heute nur noch Baumaterial. Israel limitiert nach wie vor die Einfuhr von Beton und Eisen aus Sorge, dass das Material in den Händen der islamistischen Führung der Hamas landet, die es für den Bau geheimer Tunnel zwischen dem Gazastreifen und Israel nutzt.

Im Sommer 2006 war der israelische Soldat Gilad Schalit durch einen der unterirdischen Gänge in den Gazastreifen entführt worden. Schalit verharrte über fünf Jahre in Geiselhaft, bevor Israel ihn für mehr als eintausend palästinensische Häftlinge freikaufte.

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9 Kommentare

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  • Lustig das nun noch nicht einmal versucht wird, so zu tun als ob Ihnen was an den Palästinensern liegt.

    Nach Aleppo kommen sie nicht vorbei, weil es nicht am Meer liegt.

  • Vielleicht könnte die Israelische Politik ja mit dem zusammenhängen, was Nadiya Al-Noor hier schildert:

    http://www.botschaftisrael.de/2016/07/06/palaestinensischer-terror-und-muslimische-scheinheiligkeit-ein-offener-brief-einer-muslimischen-frau/

  • 1G
    1393 (Profil gelöscht)

    Da ist bissl knapp angedeutet. Die Aktivisten auf der Mavi Marmara haben zwar Gewalt angewendet, aber eben halt nur solche, die keinen der IDF Soldaten ernsthaft verletzt hat. Dafür wurden dann mindestens(!) 5 der ermordeten Aktivisten brutal mit Schüssen aus wenigen Cm in Kopf und Rücken hingerichtet. http://www.guardian.co.uk/world/2010/jun/04/gaza-flotilla-activists-autopsy-results

    Das ist zurecht als Kriegsverbrechen vom ISTGH in der Voruntersuchung angedeutet, weil die Emordung der türkischen Aktivisten einfach nicht ausreichend für die Verfolgung dieser Völkerrechtsverbrechen bewertet wurde. http://www.icc-cpi.int/Pages/item.aspx?name=PR1133&ln=en

    Es war ein bitterer Preis, den die Aktivisten mit ihrem Leben bezahlt haben, um den durch die damals wie heute durch israelische Gefängnishaltung Gazas besonders notleidenden Palästinenser wenigstens ein wenig Erleichterung zu verschaffen. http://www.amnesty.org/en/news-and-updates/suffocating-gaza-israeli-blockades-effects-palestinians-2010-06-01

     

    Als Lüge werte ich, wenn oben behauptet wird

    "Mangelware ist heute nur noch Baumaterial." ,

    was offenbart, dass Knaul das fehlende Menschenrecht Freiheit der Gaza nicht als Mangels sieht. Das abgesehen davon, dass die die Palästinenser in Gaza nicht vom eigenen Wasser annähernd ausreichend versorgt sind. http://www.btselem.org/press_releases/20160822_gaza_humanitarian_aid

     

    Hier http://www.taz.de/!5331472/#bb_message_3404650 hat Knaul schon mit ertstaunlicher Weltfremheit ihren Lesern "Märchen" aus Gaza aufgetischt und nicht den geringsten Sinn für die durch Israel verursachte Not demonstriert. Auch ihre verzerrte Darstellung mit dem entführten Shahit, um die Gefängnishaltung in Gaza & VÖLKERRECHTSWIDRIGE Sanktionierung von elementarem Baumaterial zu rechtfertigen, welche unerwähnt lässt, wie viele Tausend Palästinenser in Israels Gefängnisse "entführt" werden, ist schon bizarr.

    • @1393 (Profil gelöscht):

      vieles ist/blieb mal wieder ungesagt.

      kurz nach operation gegossenes blei waren die best friends of Israel ja noch ehrlich und erklärten, baumaterial werde zurückgehalten um zu verhindern, dass in 'Asa bunker gebaut werden können, statt sich darauf hinauszureden, es solle der bau von tunnels verhindert werden...

      wie viele bunker es bräuchte? - keine ahnung. ohne solche bleibt gazanerinnen nichts außer (galgen)humor über fatalismus bis verzweiflung, wenn tzh''l mal wieder luftangriffe fliegt, zuletzt (?) am 5.10.2016, worüber in diesem blatt mal wieder nix-mit-gurnix zu lesen war http://wearenotnumbers.org/home/Story/When_Israel_bombs_drop_in_Gaza_Palestine

  • und das

    "Besonders tragisch endete der Versuch einer türkischen Flottille, angeführt von der Mavi Marmara, im Sommer 2010. Damals wurden im Verlauf gewalttätiger Auseinandersetzungen neun Passagiere getötet. Ein zehnter Mann erlag sehr viel später seinen schweren Verletzungen."

    schrammt ganz hart an einer lüge entlang.

  • Welche Hilfsgüter sollen den bitte Umgeladen werden ? Die abgelaufenen Medikamente hat man diesmal doch zuhause gelassen..

     

    "The Women’s Boat to Gaza is a solidarity, not an aid mission. Simply put, we want to end the illegal blockade, not make it more “humane.” We also have concerns about Israel using humanitarian aid as an excuse to attack the boats (e.g., it is contraband or weapons).

     

    As such, the boat will only be transporting the women along with the hopes of an ever-growing international community to end the blockade.[...] "(https://wbg.freedomflotilla.org/faq)

  • und wieder mal ein versuch, piraterie in internationalen gewässern zu verschleiern.

    • @christine rölke-sommer:

      "Operation Atalanta" scheint ja noch zu laufen. Die können dann ja auf dem Rückweg durch den Suez-Kanal mal vorbeischauen :)

  • "Der südliche Grenzübergang Richtung Ägypten ist nur für den Personenverkehr vorgesehen." Die Brüder und Schwestern in Ägypten lassen keine Waren nach Gaza - nur die Israelis? Und, wenn es doch einen offenen Grenzübergang gibt, wieso dann Gefängnis?