Israel, die USA und das China-Problem: „Entweder die Chinesen oder wir!“
Chinesische Unternehmen investieren in israelische Infrastrukturprojekte wie den Hafen von Haifa. Das alarmiert die USA.
In dieser Zeit verfolgte Katz eine „enthusiastische Pro-China-Politik“, wie die Wirtschaftszeitung Globes schreibt. Als Höhepunkt der Zusammenarbeit mit Peking gilt die Einigung mit der staatlichen Shanghai International Port Group (SIPG), die in den kommenden 25 Jahren den Hafen von Haifa betreiben soll. Problematisch für Katz ist, dass US-Präsident Donald Trump sein Vertrag mit den Chinesen nicht gefällt.
Aus Sicherheitsbedenken warnt das Pentagon Israel vor der Zusammenarbeit am Hafen und anderen Infrastrukturprojekten. Das Thema stand ganz oben auf der Agenda des Nationalen Sicherheitsberaters John Bolton, als er Anfang Januar nach Jerusalem reiste, um die Dringlichkeit des US-amerikanischen Anliegens deutlich zu machen. Die Marine der USA legt regelmäßig in Haifa an. Laut Haaretz ist die Forderung des Weißen Hauses ultimativ: „Entweder die Chinesen oder wir“, so berichtet das liberale Blatt unter Berufung auf „hohe Regierungsbeamte“.
Nach Ansicht von Dan Galai, Dozent für Bank- und Finanzwesen an der Hebräischen Universität Jerusalem, sind die Sicherheitsbedenken der USA ernst zu nehmen. „Wirtschaftlich ist Israel mit seinen nur acht Millionen Einwohnern für die USA nicht von Interesse.“ Strategisch hingegen sei „Aufmerksamkeit angebracht“, wenn chinesische Unternehmen in Israel investieren und „beim Kauf von Cyber-Technologie in den Besitz geheimer Informationen geraten“.
Dan Galai, Universitätsdozent
Die Investitionen Chinas in den Hafen von Haifa müssten zudem in Verbindung mit dem Obor-Programm gesehen werden – „One Belt, One Road“–, mit dem China ein über mehr als 60 Staaten umfassendes Netz von Straßen und Seewegen aufbaut. Diese „neue Seidenstraße“, wie das Projekt auch heißt, „macht den Amerikanern Angst“, meint der israelische Finanzexperte.
Auch in Israel häufen sich die kritischen Stimmen gegenüber Katz und dessen Liaison mit den Chinesen. So forderte Nadav Argaman, Chef des inländischen Geheimdienstes Shin Beth, jüngst gesetzliche Kontrollmechanismen für ausländische Investitionen. Vorläufig gibt es nur für die Rüstungsindustrie und für Bezeq, Israels wichtigstes Telekommunikationsunternehmen, gesonderte Sicherheitsvorschriften.
Bereits vor fünf Jahren ging Tnuva, das Unternehmen, das über 70 Jahre lang die landwirtschaftlichen Produkte der Kibuzzim vermarktete, in chinesischen Besitz über. Außer am Hafen von Haifa sind chinesische Firmen noch an der im Bau befindlichen Stadtbahn von Tel Aviv und vielen anderen Infrastruktur-Projekten beteiligt. Laut Bericht der Haaretz wurde hingegen der Verkauf zweier Versicherungsunternehmen „aus Sorge vor ausländischer Kontrolle über israelisches Kapital“ von staatlicher Seite unterbunden.
Netanjahu darf es sich nicht mit Trump verderben
Nicht nur Transportminister Katz bringt die Kritik an seinem China-Enthusiasmus in eine missliche Lage, auch Regierungschef Benjamin Netanjahu kommen die Forderungen aus dem Weißen Haus bezüglich der China-Geschäfte nicht gerade gelegen. Netanjahu ist sehr an guten Beziehungen zu dem finanzstarken Partner und dem stetig steigenden Handelsvolumen interessiert. Auf der anderen Seite darf er es nicht mit seinem Freund Trump verderben.
Es wäre nicht das erste Mal, dass Israel infolge US-amerikanischen Drucks einen mit einem chinesischen Unternehmen getroffenen Vertrag nicht einhält. Einen schweren Dämpfer für die israelisch-chinesischen Handelsbeziehungen bedeutete die Phalcon-Affäre, die 2002 mit der Zahlung Israels von 350 Millionen US-Dollar Kompensation an China endete, „mehr als der Wert des Handels selbst“, wie Globes später berichtete.
Die USA hatten mit einer Einstellung der Militärhilfe an Israel gedroht, sollten die Israel Aerospace Industries nicht den Verkauf eines eigens für China entwickelten Frühwarn- und Aufklärungsflugzeugs stoppen.
Eine Aufkündigung des Vertrags über den Haifaer Hafen könnte „weitreichende Schockwellen auslösen“, kommentiert nun Dubi Ben-Gedalyahu in Globes. Viele andere Handelsbereiche, „darunter Investitionen in die Autotechnik und israelische Firmen, die in China tätig sind“, drohten davon in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mindestlohn feiert 10-jähriges Jubiläum
Deutschland doch nicht untergegangen