piwik no script img

Islamisten rekrutieren TeenagerEltern, passt auf eure Kinder auf

Der IS hat es immer wieder geschafft, junge Frauen anzuwerben. Wie gelingt es Terroristen, Teenager zu ködern?

Was treibt Kinder aus Deutschland in die Hände von Islamisten? Foto: gbarkz/Unsplash

L etztens hab ich im Fernsehen einen Bericht über Leonora Messing gesehen, die im Jahr 2015 als 15-Jährige über die Vermittlung radikalislamischer Gruppen in Deutschland dem sogenannten Islamischen Staat in Syrien beigetreten ist. Ihre Geschichte geht dem Bericht zufolge so: Die Reise organisierten die von der Erdoğan-Türkei unterstützten Gruppen der Freien Syrischen Armee und der Al-Nusra-Front.

Leonora Messing heiratete einen volljährigen Terroristen nach Schariavorschrift und lebte als seine dritte Ehefrau. Ihrer Familie gelang es nicht, sie dem IS zu entreißen. Heute lebt die mittlerweile 19-Jährige mit zwei Kindern in einem Gefangenenlager in Nordsyrien.

Das ist eine schreckliche Geschichte. Wir sprechen schließlich von einem 15-jährigen Kind. In einem Fernsehinterview klagt ihr Vater darüber, dass seine eigene Tochter die Gesellschaft von Terroristen einem Leben mit ihren Eltern vorzog.

Das ist eigentlich die entscheidende Botschaft. Wenn ich so etwas sehe, frage ich mich: Warum geht ein Kind lieber in Gesellschaft von Terroristen irgendwo ins Ausland, als bei der eigenen Familie zu bleiben? Wie kommt es dazu, dass ein Kind sich für eine Terrororganisation begeistert, die auf der ganzen Welt Massaker verübt? Und wie schafft es diese Terrororganisation, in Deutschland Menschen zu rekrutieren?

Angebote der Terroristen

Leonoras Entscheidung sollten wir nicht als das Resultat einer freien Wahl lesen. Einige junge Menschen fallen irgendwie unter den Einfluss des islamistischen Terrors. Wie gelingt es den Terroristen, die Kinder zu ködern? Was kann eine Familie tun, um das Undenkbare zu verhindern? Kann sie etwas tun?

In Leonoras Fall bekamen die Eltern irgendwann mit, dass ihre Tochter einen IS-Kämpfer geheiratet hat. Die Tochter schickte Nachrichten, in denen sie ein heiles Familienleben vorspielt. Vielleicht war es das, was sie suchte. Oder vielleicht war es einfach ein starker Mann?

Was man sich vielleicht nicht vorstellen kann, könnte tatsächlich Realität sein: dass Terroristen in der Lage sind, manchen Teenagern attraktive Angebote zu machen. Sie betören sie das eine Mal vielleicht mit Sex, das andere Mal mit Drogen. Oder mit dem Versprechen, eine gute Hausfrau sein zu dürfen.

Der Terror ist nicht weit weg

Ich gehe durch Berlin und sehe Teenager, die nachts spät draußen sind, die auf Spielplätzen sitzen, vielleicht Drogen nehmen, Sex haben. Ich frage mich, ob der Liberalismus, ob die Freiheit, die Kinder hierzulande von ihren Eltern bekommen, sie schützen kann. Schützen vor den Einflüssen solcher Leute, die sie verführen wollen.

Der Terrorismus ist nicht irgendwo weit weg. Er ist auch hier, auch im Umfeld der Menschen, die man nie mit ihm in Verbindung bringen würde. Deswegen ist die Geschichte von Leonora Messing schockierend.

Ich möchte allen Eltern zurufen: Passt gut auf eure Kinder auf!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Zitat: „Ich möchte allen Eltern zurufen: Passt gut auf eure Kinder auf!“

    Glauben Sie wirklich, werte Michelle Demishevich, dass Leonore Messings Vater dieser Rat etwas genützt hätte?

    Ich denke, er hat sein Bestes getan, der Vater. Aus Ihrer Sicht war das vielleicht nicht genug, aber wer jemals Teenager-Kinder hatte, der weiß: Dass deren Entscheidungen nicht unbedingt das Resultat einer freien Wahl sind, bedeutet nicht, dass sie sich nicht so anfühlen für die Kids.

    Die Einflüsse, denen Teenager ausgesetzt sind, sind für ihre Eltern nicht unbedingt erkennbar. Haben die „Halbstarken“ – aus welchen Gründen auch immer – erst einmal beschlossen, ihre Eltern nicht mehr teilhaben zu lassen an ihrem Leben, können Eltern wenig ausrichten dagegen. In den Kopf eines Menschen können auch enge Verwandte nicht hineinsehen. So lange sich Gedanken nicht in (sichtbaren) Handlungen manifestieren, bemerken andere nicht, wenn sich Menschen verändern. Und selbst wenn – wie ließe sich ein Mensch, der sich für entschlossen hält, beeinflussen?

    Was Ihre Aufforderung bedeuten soll, hätte ich also gerne erklärt gehabt, werte Michelle Demishevich. Sollen Eltern ihre heranwachsenden Kinder 24/7 einsperren, ihnen jede Privatsphäre nehmen? Und was, wenn sie das täten? Was hätten Sie getan als Teenager?

    Es ist eine Illusion zu glauben, durch besondere Vorsicht ließe sich absolute Sicherheit herstellen. Ohne Risiko gibt es keine Freiheit. Ohne Freiheit aber ist alles ein Risiko, denn ohne Erfahrung können Menschen nicht urteilen. Sie sind Rattenfängern hilflos ausgeliefert. Wichtig ist, dass wir gemachte Fehler korrigieren. Das aber gelingt uns nur, wenn wir uns halbwegs frei fühlen.

    Einige junge Menschen fallen unter einen schlechten Einfluss. Wie und warum, ist interessant aber sekundär. Das Undenkbare ist nicht zu verhindern, gerade weil es undenkbar ist. Man kann nur draus lernen. Zum Beispiel zu unterscheiden: Zwischen denen, die einen lieben, und denen, die einen nur missbrauchen wollen.

  • "Ich gehe durch Berlin und sehe Teenager, die nachts spät draußen sind, die auf Spielplätzen sitzen, vielleicht Drogen nehmen, Sex haben. Ich frage mich, ob der Liberalismus, ob die Freiheit, die Kinder hierzulande von ihren Eltern bekommen, sie schützen kann. Schützen vor den Einflüssen solcher Leute, die sie verführen wollen" " Eltern passt auf eure Kinder auf!"

    Was will dieser Artikel denn auf der Appellebene eigentlich sagen? Was sollen denn die Eltern von Teenagern in Berlin und anderswo jetzt (anders) machen? Mit den Kindern wieder " Wer hat Angst vorm Schwarzen Mann?" spielen ??







    Ich sehe es ebenso wie Reyde Lanada , die Gefahr, dass Kinder von Nazi- Gruppierungen oder Parteien rekrutiert werden, besteht ebenso und halte ich rein statistisch für sehr viel wahrscheinlicher.



    Für Michelle-Demishevich scheinen sich die Gefahren für die Jugend auf Sex ,Drugs and IS zu beschränken.



    Keine Frage, wenn sich Jugendliche lieber dem IS anschließen als in ihrer Familie zu leben, ist wohl einiges nicht richtig gut gelaufen in der Beziehung Familie. Zu meinen, man könne dies mit dem Appell : "Passt auf eure Kinder auf !" mal eben gerade bügeln, scheint mir allerdings sehr einfältig zu sein. Sich dem Thema auf diesem Niveau zu nähern, hingegen unverantwortlich und gefährlich.

  • Ich befürchte, dass der entscheidende Punkt die Aufmerksamkeit ist, die der Jugendliche bekommt. Und damit meine ich nicht, dass sich die Eltern nicht gut um die Tochter gekümmert haben. Aber welcher Jugendliche in der Pubertät sehnt sich nach Anerkennung der Eltern? Es ist doch die Anerkennung anderer Menschen, die angestrebt wird - die Eltern sind in dieser Phase doch "uncool".

  • auch wenn es dem selbstverständnis vieler, als rein durch die zugehörigkeit zur spezies homo sapiens, im prinzip "guten" menschen widersprechen mag: DER mensch ist nicht edel, hilfreich und gut. es gibt einen nicht unerheblichen teil der intrinsisch bösartig und/oder dumm ist, und der umstand dass es erfreulichere exemplare gibt ist genauso erlärungsbedürftig wie das gegenteil.

  • Dieser Artikel hätte genauso gut bei "Junge Freiheit" oder "PI News" erscheinen können.

    Es ist diskriminierend und viel zu simpel, Drogendealern und männlichen muslimischen Migranten die Schuld dafür zuzuschieben, wenn sich unzufriedene Mädchen vom Westen abwenden und sich für ein traditionelleres Leben entscheiden.

    Wir sollten die Schuld immer zuallererst bei uns suchen:



    - Warum fühlen sich Mädchen in unserer vom Feminismus Gesellschaft unwohl und suchen sich lieber einen starken Mann, der sie beschützt?



    - Was können wir zum Schutz unserer Töchter tun?

    Wer denkt, Mia aus Kandel würde heute noch leben, wenn man sie von dem jungen Mann fern gehalten hat, irrt sich. Sie wäre einem anderen Verführer auf den Leim gegangen und hätte ein ähnliches Schicksal erfahren.

  • Nach den Aktionen "Mehr Bildung für Nazis" nun "Mehr Bildung für Moslems", um den IS-Sympatisanten klar zu machen, mit was sie sich da einlassen?

  • Ich bin in höchstem Maße verwirrt, das nach einem rechtsterrotistischen Anschlag, keine 24 Stunden später hier ein Kommentar über Islamismus findet. Noch dazu in bester Textbaustein Manier. Man ersetze nun einfach mal jede Nennung des IS durch Rechtsextreme, der Sinn bliebe nahezu gleich.



    Entschuldigen sie, aber ich nehme diesen Artikel ausschließlich als Nebelkerze nach dem Motto,: "Schaut her, es gibt auch andere, sinistre Mächte.", war

    • @Reyde Lanada:

      Nicht gleich Böses vermuten. Ein solcher Artikel ist im Zweifel länger geplant. Natürlich hätte man ihn zurück halten können. Im Bezug auf Halle hätte ich den Artikel mit der Nennung durch Rechtsextreme - heute - nicht gut gefunden. Da er von den Opfern des Anschlags auf die Eltern ablenkt.

    • @Reyde Lanada:

      Gerade deshalb ist der Artikel doch richtig. Das Problem sind menschenverachtende Extremisten, denen man entgegentreten muss. Die Ideologie von Nazis oder dem IS ist doch sehr ähnlich. Beides Rechtsextremisten.

    • @Reyde Lanada:

      Verstehe Ihre Irritation nicht.

      Nur weil es einen mutmaßlich antizionistischen Anschlag gegeben hat bedeutet es nicht, dass die Gefahren, die es darumherum gibt, plötzlich weniger drängend sind.

    • @Reyde Lanada:

      Faschismus spielt eine Stabilität vor, die er faktisch nicht hat. Einige Leute sind anfällig für dieses Bild, wohl weil sie selbst unsicher sind.