„Islamischer Staat“ im Irak: Widerstand gegen die Besatzer
Im Nord- und Westirak formiert sich Widerstand gegen die Dschihadisten. Selbst einstige Verbündete wehren sich. Ein Grund dafür ist die Zerstörung von Heiligtümern.
ERBIL dpa | Sechs Wochen nach Beginn des Vormarsches der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) formiert sich auch im Nord- und Westirak der Widerstand gegen die Dschihadisten. In den von den Extremisten eroberten Gebieten begehren laut Medienberichten vom Wochenende selbst einstige Verbündete auf. Gründe sind demnach das Machtgebaren der IS-Kämpfer gegenüber anderen Sunniten sowie die Zerstörung wichtiger Heiligtümer in der Region.
Die Terrorgruppe hatte am 10. Juni die Stadt Mossul eingenommen und war danach - auch mit Hilfe sunnitischer Stämme – in Richtung Bagdad vorgerückt. In den von ihr kontrollierten Gebieten riefen sie ein Kalifat aus und zwangen die Bürger zu einem streng-islamischen Leben.
Christen wurden mit Todesdrohungen vertrieben, die Zerstörung wichtiger Kulturstätten und Heiligtümer begann. Lokalen Medien zufolge sprengte die Miliz am Donnerstag die berühmte Grabstätte des Propheten Jonah in Mossul.
Nach Angaben des Gouverneurs der nördlichen Provinz Ninive haben sich inzwischen lokale Milizen im Großraum der Stadt organisiert, um die Dschihadisten zu bekämpfen. Die Zeitung Al-Sharq al-Awsat zitierte Athil al-Nudschaifi mit den Worten: „Die Bildung der Volksbrigaden zum Kampf gegen die IS-Miliz wurde vor wenigen Tagen abgeschlossen.“
Derzeit gingen die bewaffneten Einheiten unter dem Kommando eines ehemaligen irakischen Armeeoffiziers in militärischen Operationen gegen die sunnitischen Extremisten vor.
Zwangsrekrutierung in Mossul
Angaben zur Stärke der neuen Kampftruppe wollte er nicht machen. Er sagte lediglich, dass sie nicht aus den aufständischen Sunnitengruppen in der Region hervorgegangen sei. Deren Stärke sei deshalb, dass die IS-Miliz sie nicht kenne. Die Formierung der Brigaden sei die „Rache“ dafür, dass IS-Kämpfer Schreine und andere Heiligtümer in Mossul zerstört hätten, betonte er.
Ein Stammesführer in der westirakischen Provinz Al-Anbar gab ebenfalls seinen Widerstand gegen die Terrororganisation bekannt. Ahmed Abu Rischa sagte dem kurdischen Nachrichtenportal Rudaw in einem Telefon-Interview, dass seine Kämpfer die Dschihadisten aus der Region vertreiben und „die Stadt Falludscha in den kommenden Tagen befreien“ wollten. Seinen Angaben nach soll es dafür sogar eine Kooperation mit dem irakischen Militär geben.
Allerdings lehnen andere sunnitische Stämme es laut „Al-Scharq al-Awsat“ derzeit ab, die Waffen gegen IS-Extremisten zu erheben. Ein solcher Schritt würde lediglich den umstrittenen schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki stärken, argumentieren sie.
Mehrere irakische Medien berichten, dass die Dschihadisten in Mossul mit der Zwangsrekrutierung von Männern im Alter von 17 bis 37 begonnen hätten. Einige seien auch schon zum Kämpfen nach Syrien geschickt worden. Das kurdische Nachrichtenportal Basnews zitiert einen aus der Stadt geflohenen Jugendlichen mit den Worten: „Sobald Du der Gruppe beitrittst, schicken sie Dich nach Syrien oder in den Kampf gegen die irakische Armee.“
Ein jahrelanger blutiger Machtkampf zwischen Sunniten und Schiiten im Irak hat den Vormarsch der IS-Milizen begünstigt. Noch immer haben sich die politischen Blöcke in Bagdad nicht auf ein gemeinsames Vorgehen verständigt. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden im Irak seit Jahresbeginn rund 5600 Zivilisten getötet.
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