Iranischer Ex-Kronprinz besucht Israel: Ein Iraner im heiligen Land
Israel hat den Sohn des gestürzten Schahs empfangen. Der kann sich mit dem inszenierten Staatsbesuch genauso schmücken wie die Netanjahu-Regierung.
![Ein Mann und eine Frau stehen nebeneinander vor einer blauen Statue und rot angeleuchteter Wand Ein Mann und eine Frau stehen nebeneinander vor einer blauen Statue und rot angeleuchteter Wand](https://taz.de/picture/6225938/14/32628634-1.jpeg)
Vor dem Hintergrund, dass das antisemitische Regime in Teheran Israel mit Vernichtung droht und beide Länder einen Schattenkrieg führen, wäre der Besuch eine grandiose Schau der Verständigung zweier Erzfeinde gewesen – wäre Pahlavi denn als Vertreter Irans gekommen. Aber auch so waren die Bilder des Iraners bemerkenswert, wie er an der Klagemauer betete oder die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchte.
„Antisemitismus“, tweetete der Monarchensohn, „ist nicht nur ein jüdisches Problem. Es ist ein Problem für die ganze Menschheit.“ Explizit verurteilte Pahlavi die Leugnung des Holocausts durch die Islamische Republik sowie „den völkermörderischen Judenhass“. Er verpflichte sich, schob er hinterher, dass er eine solch skrupellose Gräueltat nie wieder zuzulassen werde.
Schlag ins Gesicht
Das war eine interessante Wortwahl, klingt es doch, als würde Pahlavi in Iran bald die Geschicke des Landes führen. Dabei lebt der 62-Jährige seit Jahrzehnten in den USA. Er will zwar das iranische Regime durch eine Demokratie ersetzen, hat sich aber dafür ausgesprochen, dass die Iraner*innen selbst über die Staatsform entscheiden. Gleichzeitig ist es kein Geheimnis, dass ein Teil der iranischen Opposition eine Wiedereinführung der Monarchie mit Pahlavi an der Spitze anstrebt.
Doch die Monarchist*innen sind nur ein Teil der Opposition in Iran, wo die gesellschaftspolitischen Vorstellungen des Regimes mit den Interessen weiter Teile der Bevölkerung mittlerweile so weit auseinanderklaffen, dass viele die Lösung nur noch in einem Regimewechsel sehen. Seit Monaten protestieren deshalb im In- und Ausland Regimegegner*innen unterschiedlichster Couleur für ein Ende des Regimes.
Vor dem Hintergrund der Heterogenität der iranischen Opposition war es ein durchaus riskanter Zug Pahlavis, sich in Israel als Staatsgast zu inszenieren. Einerseits stärkt der Besuch sein Image als potentielle Führungsperson der Auslandsopposition. Schon im Februar hatte er eine Einladung zur Münchner Sicherheitskonferenz angenommen, zu der sonst immer Vertreter des Regimes geladen waren.
Andererseits hat sich Pahlavi mit dem Israelbesuch angreifbar gemacht, beteuert er doch, selbst nicht notwendigerweise eine politische Rolle übernehmen zu wollen, sollten die Mullahs in seiner Heimat tatsächlich stürzen. Für viele progressive Gegner*innen der Islamischen Republik, die auch eine Wiedereinführung der Monarchie ablehnen, ist die Israelreise daher durchaus als Schlag ins Gesicht zu verstehen.
Ministerin im Pahlavi-Fieber
Tatsächlich verkündete der Aktivist Hamed Esmaeilion am Freitag, sich aus der Allianz für Freiheit und Demokratie zurückzuziehen, der auch Pahlavi angehört. Sie war erst kürzlich als Koalition der Auslandsopposition gegründet worden, um die Protestbewegung innerhalb Irans zu stärken. Zwar betonte Esmaeilion, dass er sich nicht wegen des Israelbesuchs zurückziehe, er nannte aber Meinungsunterschiede mit Pahlavi innerhalb der Allianz als Grund.
Auch dass Pahlavi sich ausgerechnet von der rechtesten Regierung empfangen ließ, die Israel je hatte, lässt aufhorchen. Seit Monaten gehen in Israel Hunderttausende auf die Straße, weil sie besorgt sind, dass die rechtsreligiöse Regierung Rechtsstaat und Demokratie gefährdet. Solidarität mit Israels Protestbewegung aber zeigte der Ex-Kronprinz nicht.
So konnte die Regierung den Besuch ihrerseits ausschlachten, sich mit dem hohen Gast und mit Friedensbemühungen mit dem Erzfeind schmücken. Geheimdienstministerin Gila Gamliel hörte gar nicht mehr auf, Fotos und Videos von sich und Pahlavi zu verbreiten, und sprach denn auch konsequent nur vom iranischen Kronprinzen – ohne das Wort „ehemalig“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören
Jens Bisky über historische Vergleiche
Wie Weimar ist die Gegenwart?
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen