Iranischer Ex-Kronprinz besucht Israel: Ein Iraner im heiligen Land
Israel hat den Sohn des gestürzten Schahs empfangen. Der kann sich mit dem inszenierten Staatsbesuch genauso schmücken wie die Netanjahu-Regierung.
Vor dem Hintergrund, dass das antisemitische Regime in Teheran Israel mit Vernichtung droht und beide Länder einen Schattenkrieg führen, wäre der Besuch eine grandiose Schau der Verständigung zweier Erzfeinde gewesen – wäre Pahlavi denn als Vertreter Irans gekommen. Aber auch so waren die Bilder des Iraners bemerkenswert, wie er an der Klagemauer betete oder die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem besuchte.
„Antisemitismus“, tweetete der Monarchensohn, „ist nicht nur ein jüdisches Problem. Es ist ein Problem für die ganze Menschheit.“ Explizit verurteilte Pahlavi die Leugnung des Holocausts durch die Islamische Republik sowie „den völkermörderischen Judenhass“. Er verpflichte sich, schob er hinterher, dass er eine solch skrupellose Gräueltat nie wieder zuzulassen werde.
Schlag ins Gesicht
Das war eine interessante Wortwahl, klingt es doch, als würde Pahlavi in Iran bald die Geschicke des Landes führen. Dabei lebt der 62-Jährige seit Jahrzehnten in den USA. Er will zwar das iranische Regime durch eine Demokratie ersetzen, hat sich aber dafür ausgesprochen, dass die Iraner*innen selbst über die Staatsform entscheiden. Gleichzeitig ist es kein Geheimnis, dass ein Teil der iranischen Opposition eine Wiedereinführung der Monarchie mit Pahlavi an der Spitze anstrebt.
Doch die Monarchist*innen sind nur ein Teil der Opposition in Iran, wo die gesellschaftspolitischen Vorstellungen des Regimes mit den Interessen weiter Teile der Bevölkerung mittlerweile so weit auseinanderklaffen, dass viele die Lösung nur noch in einem Regimewechsel sehen. Seit Monaten protestieren deshalb im In- und Ausland Regimegegner*innen unterschiedlichster Couleur für ein Ende des Regimes.
Vor dem Hintergrund der Heterogenität der iranischen Opposition war es ein durchaus riskanter Zug Pahlavis, sich in Israel als Staatsgast zu inszenieren. Einerseits stärkt der Besuch sein Image als potentielle Führungsperson der Auslandsopposition. Schon im Februar hatte er eine Einladung zur Münchner Sicherheitskonferenz angenommen, zu der sonst immer Vertreter des Regimes geladen waren.
Andererseits hat sich Pahlavi mit dem Israelbesuch angreifbar gemacht, beteuert er doch, selbst nicht notwendigerweise eine politische Rolle übernehmen zu wollen, sollten die Mullahs in seiner Heimat tatsächlich stürzen. Für viele progressive Gegner*innen der Islamischen Republik, die auch eine Wiedereinführung der Monarchie ablehnen, ist die Israelreise daher durchaus als Schlag ins Gesicht zu verstehen.
Ministerin im Pahlavi-Fieber
Tatsächlich verkündete der Aktivist Hamed Esmaeilion am Freitag, sich aus der Allianz für Freiheit und Demokratie zurückzuziehen, der auch Pahlavi angehört. Sie war erst kürzlich als Koalition der Auslandsopposition gegründet worden, um die Protestbewegung innerhalb Irans zu stärken. Zwar betonte Esmaeilion, dass er sich nicht wegen des Israelbesuchs zurückziehe, er nannte aber Meinungsunterschiede mit Pahlavi innerhalb der Allianz als Grund.
Auch dass Pahlavi sich ausgerechnet von der rechtesten Regierung empfangen ließ, die Israel je hatte, lässt aufhorchen. Seit Monaten gehen in Israel Hunderttausende auf die Straße, weil sie besorgt sind, dass die rechtsreligiöse Regierung Rechtsstaat und Demokratie gefährdet. Solidarität mit Israels Protestbewegung aber zeigte der Ex-Kronprinz nicht.
So konnte die Regierung den Besuch ihrerseits ausschlachten, sich mit dem hohen Gast und mit Friedensbemühungen mit dem Erzfeind schmücken. Geheimdienstministerin Gila Gamliel hörte gar nicht mehr auf, Fotos und Videos von sich und Pahlavi zu verbreiten, und sprach denn auch konsequent nur vom iranischen Kronprinzen – ohne das Wort „ehemalig“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?