Iran-Politik der EU: Studie warnt vor Terrorlistung
Laut einer Studie, die die Linke im EU-Parlament in Auftrag gegeben hat, könnte eine Ausweitung der Sanktionen auf die Revolutionsgarden kontraproduktiv sein.

Eine Listung der Revolutionsgarden auf der EU-Terrorliste könnte sich als kontraproduktiv erweisen, heißt es in der noch unveröffentlichten Studie, die der taz vorliegt. Auch Wirtschaftssanktionen wirkten sich häufig negativ auf die Zivilbevölkerung aus. Jede weitreichende Reaktion auf das gewaltsame Vorgehen des Mullah-Regimes müsse sorgfältig hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Lebensbedingungen abgewogen werden.
Statt weiter an der Sanktionsschraube zu drehen, sollte die EU die Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen dokumentieren und verfolgen, fordern die Autoren Barbara Mittelhammer und Cornelius Adebahr, die als unabhängige Analysten unter anderem für Carnegie Europe und die Heinrich-Böll-Stiftung arbeiten. Zudem gelte es, die „feministische Revolte“ und ihre Protagonisten zu unterstützen.
„Zum einen muss die EU die Aktivist:innen sowie die Menschen- und Frauenrechtsverteidiger:innen im Land weiterhin materiell wie symbolisch unterstützen“, sagt die Linken-Politikerin Cornelia Ernst, die die Iran-Delegation des EU-Parlaments leitet. „Zweitens müssen die vielen Menschenrechtsverletzungen dokumentiert und etwa im Rahmen internationaler Gerichtsbarkeit aufgearbeitet werden.“
Internationale Zusammenarbeit ist wichtig
Statt sich weiter an den USA zu orientieren und Iran noch mehr zu isolieren, solle die EU im Verbund mit Staaten des Globalen Südens zusammenarbeiten und Menschenrechtsforderungen an das Regime stellen. Wichtig sei auch die regionale Zusammenarbeit. Sicherheitsfragen etwa zu Jemen, Syrien und Israel und das (von der EU ausgehandelte) Nuklearabkommen seien ebenso entscheidend wie die Menschenrechtslage im Land, betont Co-Autor Adebahr. „Ein Ansatz, der einen oder mehrere dieser Aspekte ausklammert, greift zu kurz.“
Wichtig sei auch, die feministische Dimension zu begreifen. „Die anhaltende Revolte in Iran ist feministisch“, meint Co-Autorin Mittelhammer. „Nicht nur, weil sie von Frauen angeführt wird, sondern weil sie gleiche Rechte für alle einfordert: für Frauen ebenso wie für ethnische Minderheiten, für Menschen in den Städten ebenso wie auf dem Land. Sie alle vereint das Motto ‚Frau, Leben, Freiheit‘.“
Die feministische Außenpolitik der EU steckt jedoch noch in den Kinderschuhen. Derweil mehren sich in Brüssel Rufe, die Revolutionsgarden als Terrororganisation einzustufen. Da sie weite Teile der iranischen Wirtschaft kontrollieren, könnte dies jedoch den Alltag der Menschen treffen und das Regime stärken, warnen die Autoren der Studie. Auch ein Abschied vom Atomabkommen könne negative Folgen haben.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Donald Trump zu Ukraine
Trump bezeichnet Selenskyj als Diktator
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit