Iran, CDU und #Mexit: Es brennt – eigentlich überall

Der Konflikt zwischen USA und Iran dauert an, die Brände in Australien sind nicht gelöscht und jetzt ziehen sich auch noch Meghan und Harry zurück.

Harry und Meghan sitzen im Auto und winken

Reicht der Stoff zum #Mexit schon für ein TV-Format? Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Die Nähe des Schlechten.

Und was wird besser in dieser?

Vernunft.

Die Nachrichten zum Konflikt zwischen den USA und Iran überschlagen sich. Die Situation ist beängstigend, der Umgang aller Beteiligten damit ist oft absurd. Was hat Sie an den ganzen Vorkommnissen der vergangenen Tage am meisten irritiert?

Wenn man, vor die Wahl gestellt, auf „die Vernunft und Besonnenheit Teherans“ hoffen muss – statt auf die des US-Präsidenten Donald Trumps. Eine außerrechtliche Hinrichtung, den Mord an Soleimani, mit einem Luftschlag ins Nichts zu beantworten, ist militant ge­genschert, hohe Diplomatie. Auch irritiert, wenn das Regime im Iran einen katastrophalen Fehler eingesteht. In hiesigen Medien wird moniert, „erst nach tagelangem Abstreiten“ haben die Mullahs den versehentlichen Abschuss einer Zivilmaschine gestanden. Doch immerhin die Welt erinnert an den Iran-Air-Flug 655, den ein amerikanisches Kriegsschiff 1988 abschoss. 290 Menschen starben; der damalige US-Vize Präseident George H. W. Bush nannte es einen „Zwischenfall in Kriegszeiten“, formell haben die USA bis heute keine Verantwortung übernommen. Der Iran zeigt im Vorbeientschuldigen auch eine Haltung, auf die man von wem auch immer wartet, der die Malaysian Air 17 über der Ukraine abschoss, vor mehr als 2.000 Tagen. Schließlich möchte auch die Bild-Zeitung wahrgenommen werden und tourettet sich in die Fieberverwirrung „Kein Krieg! Danke, Mr. President!“. Zum Vergleich ein Blick in den Völkischen Beobachter vom 1. 10. 1938: „Adolf Hitler – Chamberlain: Niemals mehr Krieg zwischen Deutschland und England! Die Hauptstadt des 80- Millionen-Reiches jubelt Adolf Hitler zu“. Da hat die Bild noch Luft nach oben.

In Australien brennt es unaufhörlich. Die Gegenmaßnahmen zeigen ob der Größe der Brände kaum Wirkung. Der Premierminister Scott Morrison weigerte sich dennoch lange, etwas an der Klimapolitik zu ändern. In einem Interview hatte er Ende der Woche seine Enttäuschung kundgetan, dass Klimapolitik und Buschbrände in dieser Debatte „zusammengeworfen“ würden. Was läuft da?

Asche zu Asche, und langsam schmort auch Premierminister Scott Morrisons Position: In einem neuerlichen Interview bei ABC kündigt er eine „Royal Commission“ an, die „auch die Rolle der Klimaveränderung betrachten“ solle, um die „Politik seiner Regierung bei den Treibhausgas-Emissionen zu entwickeln“. Das wird teils als Schwenk, teils als dessen neuerliche Vertagung gelesen. Allerdings setzt Morrison voraus, keine CO2-Steuer einzuführen, die Strompreise nicht zu erhöhen und ohne traditionelle nationale Industrien zu schließen. Beim Anteil von 77 Prozent der Kohlekraftwerke an der australischen Energie ein reizvolles Experiment. Pragmatischer wäre, die australischen Kängurus in den hiesigen Kohlenpott zu evakuieren, da sind sie sicher.

Carsten Linnemann, Vizechef der Unionsfraktion und Chef der CDU-Mittelstandsvereinigung, spricht von einem „angeblichen Dieselskandal“. Leidet auch er unter dem Syndrom der alternativen Fakten?

Erst mal interessant, was die CDU unter „Mittelstand“ versteht. Autos werden üblicherweise nicht von Familienbetrieben im Sauerland zusammengeschraubt; Linnemann studierte die irrtümlich für Wissenschaft gehaltene Betriebsesoterik und zwar direkt hinein ins Herz der Finsternis: „Assistent des Chefökonomen der Deutschen Bank“, dann „Volkswirt“ bei Deutscher Bank und Deutscher Industriekreditbank. Mit „Mittelstand“ hat der Mann so viel Erfahrung wie, sagen wir mal, ein Gewerkschaftssekretär, nur eben von oben. Ansonsten gibt er in der Dieselaffäre den possierlichen Wortklaubär, er räumt einen „Betrugsskandal“ ein, möchte aber die umstrittene Theorie vom „eigentlich saubereren Diesel“ durch die schwere Zeit retten. Dass Dieselmotoren besser gebaut werden könnten, ist unbestritten; es könnten ja auch bessere Experten den Mittelstand in der Union vertreten.

In Österreich wurde die türkis-grüne Regierung „angelobt“. In der ORF-Mediathek war das Event später mit den Untertiteln einer Telenovela abrufbar. Die Untertitel haben so gut gepasst, dass sich die Frage stellt, ob sich da jemand einen Spaß erlaubt hat. Der ORF hat sich entschuldigt, das sei ein Versehen gewesen – für wie plausibel halten Sie das?

Allein für die Konjunktur des Wortes „angeloben“ sollten in Österreich Regierungen viel häufiger ausgetauscht werden. „Na, du Küken“, raunzte laut Untertitel Bundespräsident Van der Bellen den Anzugelobigenden Kurz an, der seufzte „Der schon wieder …!“ zurück. Das WAR keine Verwechslung.

Ende Januar wollen die Briten die EU verlassen. Aber wen interessiert jetzt der Brexit – Meghan und Harry verlassen das britische Königshaus! Und sie wollen finanziell unabhängig werden. Die Frau rettet den Prinzen – auch schön, oder?

Als TV-Format wäre Harry und Meghans Rückzug erst dann interessant, wenn für die beiden Real-live-Abenteurer zwei Normalos eingewechselt würden.

Und was machen die Borussen?

Ex-Borusse Neven Subotic baut mit seiner Stiftung Brunnen in Äthiopien; bei einem Benefizkonzert am Samstag (spielfrei) in Dortmund kam mit über 10.000 € Einnahme der nächste zusammen. Heimsieg.

Fragen: hdl, vag

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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