Irakkriegs-Verweigerer vor dem EuGH: Wann bekommen Deserteure Asyl?

Er wollte nicht am Irakkrieg teilnehmen. Nun beschäftigt der Fall des in Deutschland lebenden US-Deserteurs André Shepherd den Europäischen Gerichtshof.

André Shepherd (r.) mit seinem Anwalt im Gerichtssaal am Mittwoch. Bild: dpa

LUXEMBURG taz | Unter welchen Voraussetzungen erhalten Deserteure in Europa Asyl? Darüber verhandelte an diesem Mittwoch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Anlass war der Fall des US-Soldaten André Shepherd, der 2008 in Deutschland Asyl beantragte, weil er nicht im Irak stationiert werden wollte.

Laut EU-Asylrichtlinie haben Deserteure nur dann Anspruch auf Asyl, wenn ihnen „Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes“ in einem Konflikt droht, in dem auch Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Militärdienst gehören. Der EuGH muss nun entscheiden, was das konkret heißt: Genügen einzelne Kriegsverbrechen? Oder müssen die Verbrechen systematisch verübt werden?

Shepherds Anwalt plädierte dafür, die Latte nicht zu hoch zu hängen: „Es muss genügen, dass im konkreten Konflikt solche Verbrechen vorkommen und die Gefahr besteht, dass der Soldat in solchen Einsätzen eingesetzt wird.“ Die Vertreterin der Bundesregierung widersprach: „Bei allen militärischen Konflikten kann es zu vereinzelten Exzessen kommen. Das kann für einen Asylanspruch nicht ausreichen.“

Shepherd ist Flugzeugmechaniker. Im Irak sollte er Apache-Kampfhubschrauber warten, die nach Shepherds Angaben immer wieder zu Angriffen auf unschuldige Zivilisten missbraucht wurden. Der EuGH muss nun auch entscheiden, ob eine Tätigkeit als Armee-Mechaniker für einen Asylanspruch genügen kann. Die EU-Kommission hält dies nicht für ausreichend, sie will auf „spezifische Beiträge“ zu möglichen Verbrechen abstellen, etwa das Beladen von Helikoptern mit Chemiewaffen.

Nach Auffassung der Bundesregierung kann ein Deserteur auch dann kein Asyl erhalten, wenn er in seinem Heimatland einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung hätte stellen können. „Dann ist er nicht schutzbedürftig“, sagte die deutsche Regierungsvertreterin. In den USA gibt es zwar das Recht auf Kriegsdienstverweigerung, aber laut Anwalt Marx nur für Pazifisten, die jegliche Kriege ablehnen. André Shepherd hat keinen derartigen Antrag gestellt. Er verweigerte sich „nur“ dem Irakkrieg.

Der EuGH wird sein Urteil wohl erst Anfang 2015 verkünden. Dieses Urteil wird dann den EU-weiten Maßstab zur Asylanerkennung von Deserteuren definieren. Ob André Shepherd diesen Anforderungen genügt, muss anschließend das Verwaltungsgericht München entscheiden.

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