Inzidenz in Spanien steigt stark: Durchschnittsalter 28
Die Covid-Erkrankungen in Spanien machen fast die Hälfte aller Fälle in der EU aus. Das erst vor Kurzem eröffnete Nachtleben schließt nun dort wieder.
Madrid taz | Nach Portugal geraten nun auch die Coronazahlen in einigen Regionen Spaniens außer Kontrolle. Im Nordosten des Landes, in Katalonien, nehmen die Neuinfektionen rasant zu – und das, obwohl Spanien so schnell impft wie kaum ein anderes europäisches Land. Jetzt greift die Regionalregierung in Barcelona erneut zu strengen Maßnahmen.
Schluss mit dem erst vor wenigen Wochen wieder eröffneten Nachtleben. Fortan gilt von 0.30 Uhr bis 6 Uhr eine strikte Ausgangssperre in der Region, die im In- und Ausland wegen ihrer Mittelmeerstrände als Ziel für den Sommerurlaub beliebt ist. Auch private Treffen werden wieder kontrolliert. Mehr als zehn Personen dürfen nicht zusammenkommen.
Daniel Prieto-Alhambra, Forscher der Universität Oxford, warnte im Radiosender Catalunya Ràdio: „Die Geschwindigkeit der Ansteckung in Katalonien haben wir nicht einmal im Vereinigten Königreich gesehen.“ Die Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen belaufen sich mittlerweile auf 448. Der spanische Durchschnittswert liegt bei 226.
Zum Vergleich, in Deutschland sind es gerade einmal 6. Ein Großteil der Neuinfektionen betrifft junge, ungeimpfte Personen, aber auch Menschen, die nur eine von zwei Impfdosen erhalten haben. Der Altersdurchschnitt liegt bei 28 Jahren. In nur zwei Wochen hat sich die Zahl der Ansteckungen in Katalonien verzehnfacht.
42 Prozent der EU-Neuinfektionen
Obwohl der Altersdurchschnitt der Erkrankten so niedrig ist, liegen trotzdem fast tausend von ihnen aktuell im Krankenhaus. Das sind doppelt so viele wie vor einer Woche. Auch die Zahl der Intensivpatienten steigt auf mehr als 200. Jeder vierte dieser Patienten ist unter 40 Jahre alt – bisher lag deren Anteil bei gerade einmal vier Prozent. Die Deltavariante ist längst für die große Mehrheit der Ansteckungen verantwortlich.
Grund für diese neuerliche Ansteckungswelle dürften vor allem die Sommerfeste sein. Als die Sommerferien begannen, stieg auch die Sieben-Tage-Inzidenz. Hinzu kam die Aufhebung der Maskenpflicht und die Öffnung von Diskotheken und Nachtlokalen sowie Konzertveranstaltungen und Festivals. Erste Makro-Infektionsherde entstanden bei Abschlussfahrten zum Ende der Oberstufe.
42 Prozent der EU-Neuinfektionen stammen aus Spanien. Seit vergangenem Freitag gilt das Land laut Robert Koch-Institut wieder als Risikogebiet. Auch Frankreich und Großbritannien fordern ihre Bevölkerung auf, Spanienreisen zu vermeiden. Ein schwerer Schlag für die Tourismusbranche, die große Hoffnungen in diesen Sommer hatte.
Leser*innenkommentare
Vicki Viaja
Die Situation hier in Katalonien scheint jetzt endlich wieder besser zu werden. Mal sehen, wie es jetzt weitergeht.
vulkansturm
Doppelt so viele Infizierte im Krankenhaus wie vor einer Woche. Das ist bedenklich. Anscheinend hat der Anstieg der Inzidenzen doch gravierende Folgen. Trotz der Impfungen. Das spricht nicht dafür, auf Immunisierung durch schnelle Durchseuchung zu setzen, wie dies anscheinend Johnson in Großbritannien plant.
mau
Da hat wahrscheinlich in Spanien die Tourismusbranche auf viel zu schnelle Öffnungen gedrängt. Wenn man bedenkt, das es in Spanien wirtschaftlich bedingt fast kein Testangebot gibt, erkennt man natürlich auch das es keinen Sinn macht offene Clubs, ohne Testpflicht (Spanien) und Berliner Open-Airs, mit Testspflicht zu vergleichen. Gleichzeitig gibt es mir ein ungutes Gefühl zu sehen wie z.B. Madrids Regionalregierung unter Ayuso (PP -> konstervativ/post-franco) darauf besteht alles offen zu halten um der Wirtschaft nicht zu schaden.
17900 (Profil gelöscht)
Gast
"Grund für diese neuerliche Ansteckungswelle dürften vor allem die Sommerfeste sein."
In Berlin kommt man auf die Idee, den Partywahnsinnigen eine extra und legale Spielwiese zu ermöglichen.
Verstand im Eimer?
dawzuu
@17900 (Profil gelöscht) Die Leute in Berlin feiern seit Monaten illegal. Man kann sowas recht schlecht unterbinden.
Vlt wäre ja eher sowas wie mr. Deutsch angemessen
xriss
Eine Bitte an den Autor: dranbleiben am Thema. Denn die jungen Menschen haben sich, davon muss man ausgehen, freiwillig als Versuchspersonen in infektiöse Situationen begeben. Was passiert wird angedeutet: Krankenhauseinweisungen. Aber irgendwann in 2-3 Wochen wird es hoffentlich belastbare Zahlen über die Folgen in den verschiedenen Alterskohorten geben.
Und die sind wichtig. Für uns als Gesellschaft (wie wirkt sich hohe Inzidenz aus, wenn ein Großteil der Risikogruppe geimpft ist), aber auch für die individuelle Risikoabwägung (muss ich in diesen Keller, wenn einer von X Besuchern im Krankenhaus landet).
Suryo
Und Laschet so: Das kann hier nieeee passieren! Kirmes und Disco in NRW frei!
conny costa
@Suryo er will doch die wahl gewinnen-darum gehts.danach kehrt schnell die vernunft ein !
17900 (Profil gelöscht)
Gast
@Suryo Wieso? Nimmt den irgendwer noch ernst?
Suryo
@17900 (Profil gelöscht) Leider ist er Ministerpräsident...