: Investieren Sie noch jetzt!“
■ Ab Januar werden Lebensversicherungen besteuert. Wer für sein Alter vorsorgen will, sollte sich bis zum 15. 12. entscheiden. Auch erwägenswert: ökologische Geldanlagen. Interview mit Alfred Platow von der Versiko AG
Der Markt für Produkte, die der finanziellen Altersvorsorge dienen, ist derzeit angesichts der Gesetzgebung in Turbulenzen: Soll man noch rasch eine Lebensversicherung abschließen? Oder eine private Rentenversicherung? Eigentlich weiß niemand so richtig, was er tun soll. Wer sich jedoch für einen Abschluss entschließt, sollte auch die ökologischen Angebote prüfen. Die taz sprach mit Alfred Platow, Vorstand der Versiko AG.
taz: „Private Rente – ja“, hört man hier, „private Rente – nein“, hört man dort. Lebensversicherungen zur Altersvorsorge solle man jetzt abschließen, sagen die einen, während die anderen raten, in Ruhe die aktuelle Entwicklung abzuwarten. Was raten Sie?
Alfred Platow: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Zunächst sollte jeder seine persönliche Situation prüfen. Nun kennen wir seit Mitte November den Gesetzesbeschluss des Bundestages, der besagt, dass ab 1. 1. 2000 alle Lebensrenten und fondsgebundenen Versicherungen in Deutschland nach einem bestimmten Schlüssel versteuert werden. So ist es aber fast auf der ganzen Welt, nur in Deutschland war es bislang anders. Wir raten, bis zum 15. Dezember – das ist der letztmögliche Tag, um noch von der alten Steuergesetzgebung zu profitieren – eine private Rentenversicherung dann abzuschließen, wenn keine Todesrisiko-Absicherung für eine Familie oder andere Hinterbliebene notwendig ist. Sonst sollte man zur Lebensversicherung greifen.
Ohne etwas falsch zu machen?
Ja. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel, dass alle anderen Kapitalanlageprodukte, die bis jetzt noch nicht von diesem Gesetz betroffen sind, im Laufe der nächsten zwei Jahre ebenfalls versteuert werden müssen. Deutschland wird künftig kaum noch Alleingänge machen können, sondern man muss einheitliche europäische Regelungen finden.
Und Aktiengewinne?
In Amerika beispielsweise, auch in England oder Frankreich, versteht niemand, dass in Deutschland Aktiengewinne steuerfrei sind. Das gibt es nur hier, und auch das wird sich ändern. Nur kann natürlich keine Regierung alles auf einmal durchsetzen, sonst würden die Proteste so stark, dass sie abtreten müsste.
Viele Ratgeber zur Vorsorge gehen davon aus, dass man zunächst einige zehntausend Mark investieren muss, wenn ein heute 40-Jähriger ohne hinreichende Rentenerwartung noch etwas für seine finanzielle Absicherung im Alter tun will. Was aber tun die, die keine Rücklagen in dieser Größenordnung haben, beispielsweise Alleinerziehende, aber auch Langzeitarbeitslose oder Langzeitstudenten? Müssen die sich auf Armut im Alter einrichten?
Die können nur versuchen, in ihre Lebenskalkulation sofort einen Anteil zur Altersvorsorge einzubauen, und sollten beispielsweise mit etwa 200 Mark pro Monat anfangen. Wenn das nicht funktioniert, ist die Gefahr groß, dass jemand später zum Sozialfall wird. Da können die Betroffenen nur daran arbeiten, sich aus dieser besonderen Lebenssituation zu befreien. 35-Jährige sollten mit 200 Mark anfangen und versuchen, diese Summe innerhalb von zehn Jahren auf 400 Mark zu verdoppeln und mit 55 Jahren nochmals auf dann 600 Mark monatlich aufzustocken. Nur so schafft man einen gewissen Ausgleich für bisherige Versäumnisse in der gesetzlichen Pflichtversicherung.
Wer also heute nur so viel verdient, dass er gerade davon leben kann, hat schlechte Karten?
Ja. Nach meinen Informationen wird die staatliche Hilfeleistung im Rahmen der Altersvorsorge bald gestrichen. Es gibt dann eine staatliche Altersversorgung auf dem Niveau der Sozialhilfe, und zwar auch für diejenigen, die über einen Zeitraum von 30 oder 40 Jahren immer unterhalb der Hälfte der Beitragsbemessungsgrenze liegen. Wer heute weniger als 3.400 Mark brutto im Monat verdient, gehört dazu.
Nun gibt es auch ökologische Möglichkeiten der Geldanlage. Wenn viele Menschen jetzt schon bei konventionellen Anlagen verunsichert sind – verkaufen Sie im Moment überhaupt noch ökologische Anlagen zur Altersvorsorge?
Doppelt so viel wie im letzten Jahr, in diesem Jahr 14-mal so viel wie 1995.
Worauf führen Sie diese Steigerung zurück?
Einen erheblichen Teil machen Zweit- und Drittpolicen aus. Von Januar bis September 1999 kauften fast 10 Prozent unserer Kunden auch ein Altersvorsorgeprodukt für ihre Kinder. Und diese Produkte, die auf Grund des Alters der Kinder eine monatlich geringere Belastung bedeuten, sind dann in hohem Maß rein ökologische Anlagen: Wenn die Laufzeit für einen 15-Jährigen beispielsweise 50 Jahre beträgt, ist die Anlage hinsichtlich des langfristigen Ertrages sicherer als bei einer Laufzeit von vielleicht 20 Jahren.
Eltern müssen sich heute im Unterschied zu früher viel mehr um die Altersvorsorge ihrer Kinder kümmern, weil die Gesellschaft dies in den nächsten zehn Jahren nicht in den Vordergrund stellen wird. Wer für sein fünfjähriges Kind heute 50 Mark monatlich anlegt, kann eine exorbitant hohe Summe für dessen 65. Lebensjahr erzielen. Natürlich muss das Kind, wenn es erwachsen ist, selbst weitersparen. Aber die elterliche Hilfestellung liegt manchmal schon in einer Größenordnung von 10 Packungen Zigaretten pro Monat. Da empfehle ich, auf die Zigaretten zu verzichten.
Macht es Sinn zu splitten? Sollte man also prinzipiell für einen Teil des Altersruhegeldes konventionell vorsorgen, einen anderen Teil als Zweitpolice aus ökologischen Aktien oder Versicherungen ziehen?
Wir raten sogar zur Dreiteilung. Gehen wir rechnerisch der Einfachheit halber von 1.000 Mark aus, die monatlich für die Vorsorge zur Verfügung stehen: 500 Mark davon sollten in die traditionelle Rentenversicherung fließen, bei uns ist das die VersiRente mit einem 22-prozentigen ökologischen Anlageteil. Weitere 300 Mark sollten in die traditionelle Lebensversicherung zur Altersvorsorge fließen, die auch – ganz wichtig – Anteile für etwaige Berufsunfähigkeit beinhaltet. Die restlichen 200 Mark, so schlagen wir vor, sollten rein ökologisch angelegt werden, bei uns Öko-Leben oder Versilife. Das ist die Mixtur, von der letztlich also etwa ein Drittel des Kapitals ökologisch angelegt ist.
Öko-Aktien beispielsweise sind ja vergleichsweise jung. Wie sicher sind hier langfristige Anlagen, wenn man dieses Segment so definiert, dass es sich um Anlagen in streng ökologische Unternehmen handelt, die auch keine Beteiligungen an umweltschädigenden Firmen haben?
Hinsichtlich des Aktienmarktes hängt Deutschland noch weit hinter den strengen Regularien beispielsweise des US-Marktes. Bei uns kann jeder im Rahmen des „privat placement“ mit einer Aktiengesellschaft nur auf Grund von Gewinnversprechungen frei Kapital akquirieren – und darauf hoffen, dass alles funktioniert. Das geht in den USA oder in Großbritannien nicht. Aber wir gehen davon aus, dass es auch hier in den nächsten fünf Jahren eine ähnlich rigide Aktienaufsicht geben wird wie dort, so dass die ökologische Aktie denselben Sicherheitswert haben wird wie eine nichtökologische. Laut Analysten wird sich das ökologische Segment langsam, aber bald überproportional entwickeln, vergleichbar den heutigen Bereichen EDV, Software und Mobilfunk. Wir werden mit ökologischen Aktien noch etwa zehn Jahre brauchen, um gleichzuziehen.
Glauben Sie, dass in absehbarer Zeit eine Öko-Aktie – denn erst dann wird sie wohl etabliert sein – in die Aktienindizes klettern kann?
Um dort hineinzuwachsen, bedarf es ökologischer Unternehmen einer gewissen Größenordnung. Eine solche Entwicklung kann aber nicht national funktionieren, sondern nur international. Die Versiko AG beispielsweise hat vor zwei Jahren eine Tochter in London gegründet, die Versiko London Ltd. Die einzige Chance besteht darin, uns in weiteren Ländern voranzuarbeiten, um dann durch Marktkapitalisierung diese Indizes zu erreichen. In Deutschland allein ist das nicht zu machen. Großbritannien zum Beispiel hat viel mehr ökologische Aktien, Fonds und Lebensversicherungen als Deutschland – das Bewusstsein ist dort viel größer. Mit zunehmender Internationalisierung steigen auch bei ökologischen Aktien Sicherheit und Rentabilität.
Interview: Andreas Lohse
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