Invasive Arten: Ausweitung der Kampfzone
Eingewanderte Waschbären verbreiten sich in Deutschland rasant. Weil sie bedrohte Tierarten gefährden, müssen sie weg.
Der Mensch ist ja keineswegs die einzige Tierart, die sich erfolgreich jenseits ihres ursprünglichen Verbreitungsgebietes ansiedeln konnte. In seinem Gefolge hat sich in Europa der eigentlich in Nordamerika heimische Waschbär breit gemacht und droht nun ironischerweise, die menschliche Besiedlungsgeschichte seiner Heimat im Tierreich mit umgekehrten Vorzeichen zu wiederholen: als Invasor nämlich, der die einheimische Bevölkerung nach und nach zurückdrängt.
Waschbären sind kleine, putzig aussehende, aber effektive Räuber, die ihren Hunger nicht nur an den Mülltonnen von Stadtrandbewohnern stillen, sondern auch Vogelnester ausheben, Ringelnattern verputzen und unter heimischen Amphibien aufräumen. Als besonders problematisch gelten sie etwa für die letzten Vorkommen der Europäischen Sumpfschildkröte. Um bedrohte Arten scheren sich die sauberen Bärchen nämlich naturgemäß einen Dreck. Und müssen daher weg, sprich: selbst dran glauben.
So will es die EU, und so wollen es Naturschützer und deutsche Jäger. Letztere haben in der vergangenen Jagdsaison nach eigenen Angaben immerhin rund 130.000 Exemplare erlegt, mehr als je zuvor. Sie fordern deswegen nun sogar staatliche Hilfen, um noch mehr der Pelztiere zu erwischen. Tierschützer verlangen dagegen selbstverständlich die Schonung der Tiere, selbst wenn diese die am mühsam errichteten Krötenzaun eingesammelten Amphibien direkt aus dem Eimer vernaschen.
Der NABU schwankt in seiner Einschätzung zwischen Appeasement und Kriegserklärung. Modefreunde verweisen darauf, dass mit einer Ausweitung der Kampfzone am Ende schließlich ökologisch voll korrekte Bio-Bärchenfelle gewonnen werden könnten. Und die Zoos schließlich schauen fassungslos auf das ihnen im vergangenen Jahr von der EU auferlegte Haltungs- und Zuchtverbot von Waschbären, weil schließlich die Gefahr bestünde, dass ihnen mal ein Tier entkommen könnte.
Der deutsche Bestand geht mitnichten auf Göring zurück
Das dann die inzwischen millionenstarke frei lebende Population stärken würde, die wiederum wie etwa in Hessen von der grünen Umweltministerin Priska Hinz erst kürzlich mit der Änderung des Jagdgesetzes durch die Einführung von Schonzeiten unter verstärkten Schutz gestellt wurde.
Es herrscht also ein einziges Chaos im Umgang mit Waschbären. Trotz allem aber haben sie eines nicht verdient: als Nazis diffamiert zu werden, wie Spiegel Online es gerade wieder getan hat. Denn der deutsche Bestand geht entgegen einer weit verbreiteten Legende mitnichten auf eine von Hermann Göring befohlene Ansiedlung der Bärchen zurück, sondern auf mehrere, voneinander unabhängige eigenmächtige Aussetzungen durch Förster und Tierschützer sowie auf entkommene Tiere von Pelztierfarmen. Also praktisch aller, die sich heute um des Waschbären Fell streiten.
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