Intransparente Parteispenden: Stückeln bis zur Unkenntlichkeit

Die Herkunft von fast drei Viertel der Parteispenden kann nicht nachvollzogen werden. Das zeigt eine Auswertung der Rechenschaftsberichte der Parteien.

Parteispenden? Da war doch mal was. Bild: ap

BERLIN taz | Drei Viertel aller Spenden an die Parteien bleiben für die Öffentlichkeit intransparent. Das hat die Initiative Lobbycontrol anhand der neuen Rechenschaftsberichte der Parteien ausgerechnet. Laut Gesetz müssen Spenden erst dann mit Namen und Adresse des Spenders veröffentlicht werden, wenn sie 10.000 Euro im Jahr überschreiten.

Die Berechnung hat nun gezeigt, dass nur 26 Prozent aller Spenden bei über 10.000 Euro liegen: Von insgesamt 53 Millionen Euro Spenden im Jahr 2011 an alle Parteien blieb damit bei 39 Millionen die Herkunft nicht nachvollziehbar.

In der Vergangenheit hat sich immer wieder gezeigt, dass Unternehmen den Parteien größere Summen zukommen lassen können, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt. So hat der Waffenhersteller Heckler & Koch seit 2002 mindestens 93.000 Euro an die Parteien gespendet, 70.000 davon an die CDU. Das Unternehmen spendete jedes Jahr Beträge, die knapp unter der Veröffentlichungsgrenze liegen.

Der Mainzer Staatsrechtsprofessor Uwe Volkmann plädiert daher dafür, die Veröffentlichungsgrenze auf 5.000 Euro zu senken. „Es soll für den Bürger offengelegt werden, wer hinter einer Spende steckt und ob möglicherweise eine Einflussnahme vorliegt“, sagte er der taz.

Streit über Veröffentlichungsgrenze

Martin Morlok, Parteienrechtler an der Uni Düsseldorf, hält die Grenze von 10.000 Euro hingegen für angemessen: „Eine deutliche Absenkung käme einer Offenlegung der Parteipräferenz der Bürger gleich. Es geht hier auch um die Persönlichkeitsrechte“, sagte er der taz.

Lobbycontrol hält 10.000 Euro für deutlich zu hoch: „In den Rechenschaftsberichten sollten Spenden ab 2.000 Euro angezeigt werden“, fordert Christina Deckwirth von der Initiative. Für Deckwirth kommt die Veröffentlichung zudem zu spät. Spenden über 10.000 Euro werden derzeit in den Rechenschaftsberichten erst mit einer Verzögerung von mindestens ein bis zu zwei Jahren veröffentlicht.

Darum liegen jetzt erst die Spenden für 2011 vor. Lobbycontrol fordert neben der Herabsetzung der Veröffentlichungsgrenze auf 2.000 Euro außerdem, dass größere Spenden von über 10.000 Euro sofort veröffentlicht werden müssen. Derzeit müssen Spenden erst unmittelbar angezeigt werden, wenn sie über 50.000 Euro liegen.

Und auch diese Regel lässt sich leicht umgehen: Wenn ein Unternehmen mehrmals im Jahr Beträge unter 50.000 Euro an eine Partei überweist, müssen diese nicht zu einer Großspende zusammengerechnet und veröffentlicht werden. Sie werden wie mehrere Einzelspenden betrachtet, die erst verzögert publiziert werden müssen.

Vermögensberatung DVAG spendete mehr als 400.000 Euro

So findet man im Rechenschaftsbericht von 2011 auch Spenden der Vermögensberatung DVAG über 135.500 Euro an die CDU. Obwohl sie deutlich über der Sofortveröffentlichungspflicht liegt, taucht sie bei den Großspenden online nicht auf. Die Bundestagsverwaltung hat keine Erkenntnisse für einen Verstoß. Das spricht dafür, dass die Großspende gestückelt wurde. Die DVAG antwortete auf taz-Anfrage nicht. Insgesamt kamen aus dem Umfeld der DVAG über 400.000 Euro für CDU, FDP und SPD. Das alles war bei den Großspenden, die sofort veröffentlicht wurden, nicht zu finden.

Die Stückelungspraxis ließe sich einfach beenden, sagt Staatsrechtler Volkmann. Man müsste nur regeln, dass nicht ein Einzel-, sondern ein Gesamtbetrag von mehr als 50.000 Euro für die Veröffentlichung ausschlaggebend ist. So ist es bereits bei der 10.000-Euro-Grenze.

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