piwik no script img

Internet-Maut in Ungarn„Eine schlechte Idee“

50 Cent auf jedes Gigabyte – das ungarische Parlament berät über die geplante Internet-Steuer. Die Kritik kommt aber von der Straße und aus der EU.

Die geplante Steuer muss von den Internet-Dienstleistern abgeführt werden. Diese werden sie wohl auf die Nutzer umlegen. Bild: dpa

BUDAPEST dpa | Im ungarischen Parlament hat am Dienstag die Debatte über das Steuerpaket für 2015 begonnen, das eine neue Steuer für Internet-Dienstleistungen beinhaltet. Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Andras Tallai, erwähnte in seiner Rede die umstrittene Abgabe nur am Rande.

„Jeder wirtschaftliche Akteur muss sich an der Lastenverteilung beteiligen“, sagte er. Redner der Opposition kritisierten die geplante Steuer. Erzsebet Schmuck von der Öko-Partei LMP bezeichnete sie als „unannehmbar“, zumal der „digitale Analphabetismus in Ungarn immer noch weit verbreitet ist“.

Die neue Steuer sieht die Belastung des Datenverkehrs im Internet mit 150 Forint (0,49 Euro) pro angefangenem Gigabyte vor. Zugleich wurde eine – vom Datenverkehr unabhängige – monatliche Obergrenze von 700 Forint für Privatpersonen und 5.000 Forint für Firmenkunden eingezogen.

Die Steuer muss von den Internet-Dienstleistern festgestellt, deklariert und abgeführt werden. Beobachter gehen davon aus, dass die Provider die Steuersummen und die aus dem Verwaltungsmehraufwand entstehenden Kosten auf die Internet-Nutzer abwälzen werden.

„Beunruhigendes Muster“

Indes hat die EU die Pläne der ungarischen Regierung scharf kritisiert. Das Vorhaben sei „eine schlechte Idee“, weil sie negative Auswirkungen auf die ungarische und gesamte europäische Wirtschaft haben könne, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Dienstag in Brüssel. Die Steuer sei zudem „Teil eines beunruhigenden Musters von Taten und Gesetzen“ der rechtskonservativen Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban, die auch dazu dienten, „Freiheiten einzuschränken“.

Gegen das Vorhaben hatten am Sonntag in Budapest mehr als 10.000 Menschen protestiert. Eine neue Kundgebung ist für Dienstagabend geplant. Nach Angaben der Organisatoren soll die Steuer auch dazu dienen, Kritiker der Regierung zu schwächen, die sich vielfach über Online-Medien Gehör verschaffen.

„Es ist nicht gut, das Internet durch Steuern zurückzudrängen“, sagte der Sprecher der Kommissarin für digitale Angelegenheiten, Neelie Kroes. „Der digitale Teil der Wirtschaft ist wahrscheinlich der, der Europa daran hindert, in die Rezession zu rutschen. Und die Steuer ist eine besonders schlechte Idee in einem Land, das sich bereits unter dem Durchschnitt der Indikatoren in Europa befindet.“ Wenn Ungarn nun einen „Präzedenzfall“ schaffe, könne das „in zahlreichen anderen Mitgliedstaaten zum Problem werden“.

In den vergangenen Jahren hatte sich die EU-Kommission mit Orbans Regierung harte Konflikte geliefert, in denen es besonders um die Medien-, aber auch um die Justizfreiheit in dem osteuropäischen Land ging. Unter dem massiven Druck der EU und unter Strafandrohungen lenkte die Regierung in Budapest ein und veränderte die umstrittenen Gesetze.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • PS warum auch nicht, ich würde gerne etwas für werbefreies Internet bezahlen, es ist einfach lästig, wenn jetzt vieles ob Video usw mit c 30sec Reklame erduldet werden muss, liber ein Apo für werbefreies Internet ok, das können sich dann die Mädels und Jungs teilen!

  • naja, im Prinzip plant Herr Ö doch ähnliches, wenn er Google usw mit Urheberechtengebühren oder ähnlichen überschwemmt, wird das zum Schluss bei Nutzer hängen bleiben-also, das Gratis Internet ist dann vorbei-ohne Moss auch im Internet nix los !

  • 7G
    786 (Profil gelöscht)

    Steuern sind Diebstahl – Immer! Niemand hat das Recht an der Arbeit anderer willkürlich zu verdienen.

    • @786 (Profil gelöscht):

      Hm. Und wieso soll man dann das Recht haben vom Staat für umme nen Breitband-Ausbau auf dem Land zu bekommen? Da wo es sich wirtschaftlich nicht rentiert? Da liegt leider ein ziemlich verqueres Staatsbild vor. Sind sie sich übrigens sicher, dass ihre Arbeit frei von Steuergeldern finanzierbar ist?