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Internes Dokument geleakedFacebook wird gefühlig

Facebook kann den Gefühlszustand seiner Nutzer erkennen. Das behauptet der Konzern jedenfalls gegenüber seinen Kunden.

Kennt auch die emotionalen Schwächen seiner Nutzer*innen: Facebook Foto: dpa

Facebook weiß viel – auch über das Gemüt seiner jugendlichen Nutzer*innen. Ob jemand sich gerade „nutzlos“, „unsicher“, „niedergeschlagen“, „überfordert“ fühlt oder einen kleinen „Schub fürs Selbstbewusstsein“ gebrauchen könnte, kann das Soziale Netzwerk scheinbar schon anhand eines Postings erkennen – das verspricht es zumindest potenziellen Werbekunden.

Die australische Tageszeitung The Australian hat offenbar ein geleaktes internes Dokument vorliegen, in dem Facebook behauptet, dass es per Algorithmen einen Einblick in das Seelenleben von australischen und neuseeländischen Schüler*innen, Student*innen und jungen Arbeitnehmer*innen bekomme.

Laut Australian beinhalten die Daten nicht nur Informationen darüber, ob die Person sich in einer Beziehung befindet, wie viele Freund*innen sie hat und wie oft sie sich einloggt – auch anhand von geposteten Bildern könne das Netzwerk durch automatische Bilderkennung schnell erkennen, in welchem Gefühlszustand die Person sich gerade befindet.

So könnten Rückschlüsse daraus gezogen werden, wie jemand alltägliche Momente darstellt – zum Beispiel das Mittagessen auf Instagram, Facebooks Foto-Plattform. Wie genau traurige Menschen ihr Essen anders darstellen als fröhliche, ist dabei nicht klar.

Das Wissen über Stimmungen bei Nutzern ist für Werbende interessant, um Werbung zu schalten, die gut zur Stimmung passen.

Jedenfalls wurden diese Möglichkeiten der Datengewinnung in einer Präsentation für die vier größten Banken Australiens zusammengestellt. Das Wissen über Stimmungen bei Nutzern ist für Werbende interessant, um Werbung zu schalten, die gut zur Stimmung passen. Fühlt jemand sich den ganzen Tag schon unwohl im eigenen Körper, ist er potentiell gewillter, auf eine Werbeanzeige für ein Diätmittel zu klicken, als an anderen Tagen.

Auf Anfrage des Australian gab sich Facebook zerknirscht. Man werde den Fall umgehend untersuchen. Mittlerweile hat Facebook mit einem weiteren Statement jedoch den Ton gewechselt: Der Artikel des Australian sei irreführend, Facebook werbe nicht mit dem emotionalen Status seiner Nutzer*innen. Die Papiere seien bloß eine Dokumentation darüber, wie Menschen sich auf Facebook ausdrücken. Sie werde anonym ausgewertet und nicht praktisch genutzt.

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6 Kommentare

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  • Leider bin ich kein Rechtsgelehrter; allerdings würde mich einmal interessieren, inwiefern man hier den Tatbestand der "üblen Nachrede" verwirklicht sehen könnte - da ja FaceBook z.B. bei/mit dem Verkauf von Nutzerdaten suggerieren könnte, dass ein Nutzer A depressiv ist und/oder Probleme mit seinem Gewicht habe, damit die entsprechende Firma dann versuchen kann ihm Schlankmacher zu verkaufen - könnte dieser Nutzer A vermutlich argumentieren, dass FaceBook hier: "...in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist..." (§ 186 StGB) - zugegeben, es ist nicht so, dass ich FaceBook eine derartige Klagewelle nicht gönnen würde.

  • Emotionen erkennen ist nicht alles. Es braucht kein Facebook, um zu erkennen, durch welchen geistigen Level sich die Mehrzahl der Benutzer solcher Plattformen auszeichen. Dies ist die Klientel, auf die es der Wirtschaft (egal, in welcher Form und in welchen Bereichen sie sich präsentiert) in der Hauptsache ankommt.

     

    Der "praktische Nutzen" der kommerzbezogenen Datenabgleiche ist dann an anderen Dingen erkennbar:

     

    Der Markt ist mit Produkten überflutet, die mehr Schrott als Sondermüll sind (manchmal auch umgekehrt), die vielen Flops und Firmenpleiten spiegeln Ähnliches bei der Qualität der Strohfeuerunternehmer wieder, die Justiz ist durch Unsinnsprozesse aller Art schwerstbehindert, und kräftige Abfärbungen bis in die Alltagspolitik hinein sind ebenfalls unübersehbar.

     

    Nicht Facebook & Co. sind das Problem, sondern der lächerlich-dramatische Umstand, das hier sinnbildlich gesehen der Psychiater an derselben Krankheit leider wie seine Patienten.

  • Was Facebook macht, ist relativ einfach. Es werden einfach die bisherigen Daten an Hand auf korrelative Zusammenhänge untersucht. Diese nutzt man dann zur Vorhersage und kann daher aus Daten (Merkmale eines Photos) Stimmungen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit vorhersagen.

  • Ich frag mich was daran jetzt einen Artikel wert ist. Ist nicht so, dass solche Dinge nicht seit Jahren bekannt sind. Wenn die Mehrheit der Facebooknutzer ihr Hirn nicht einschaltet und sich den Algorithmen quasi noch anpasst, kann man als Aussenbetrachter doch bloss noch schmunzeln. Da wäre Facebook ja blöd, wenn sie sich das nicht zu nutzen machen. Natürlich wird das praktisch genutzt.

    • @TV:

      Ich frag mich was dieser Kommentar jetzt wert ist. Soll das heissen, man soll darüber nicht mehr berichtet nur weil das manche schon vorher wussten?

  • Die spannende Frage ist doch: Wann fängt Facebook an Nachrichten so einzublenden, damit der Nutzer in den "richtigen" (=kaufwütigen, für Werbung empfänglichen) Gemütszustand getrieben wird?