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Interne Naziprotokolle aus dem "Freien Netz"NPD hofiert Schlägertrupp

Holger Apfel will die NPD als fürsorgliche Partei darstellen – und fördert heimlich militante Kameradschaften. Der taz liegen nun die internen Hassdebatten vor.

Nach Außen seriös: Holger Apfel bei der Wahl in Sachsen 2009. Bild: reuters

BERLIN taz | Nach Außen hin will Holger Apfel der rechtsextremen NPD einen braveren Anstrich geben. Statt offen vom Systemsturz zu reden, soll die Partei sich stärker um soziale Themen kümmern. "Seriöse Radikalität" nennt Apfel seinen angeblich moderateren Kurs, mit dem er es beim noch für diesen Monat geplanten Parteitag zum neuen Bundesvorsitzenden der NPD schaffen will.

Doch abseits der Öffentlichkeit fördern Apfel und sein Landesverband die Neonazis des "Freien Netzes", einen Zusammenschluss militanter Kameradschaften aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Wie gefährlich dieses Netzwerk ist, geht aus einem internen Internetforum des "Freien Netzes" hervor, dessen Inhalt der taz zugespielt wurde.

Dort bekennen sich die Kameraden freimütig als Nationalsozialisten, huldigen dem "Chef" Adolf Hitler oder wettern gegen "das transnationale Kapital unter Führung der USA und dessen Nahost-Brückenkopf Israel". Sie besprechen militante Vorhaben, wollen "das System wegblasen" und bejahen körperliche Gewalt – bis hin zum Töten von Polizisten.

"Hard To Hate" nennt sich das klandestine Forum, nur führende Kader des "Freien Netzes" haben Zugriff darauf: 21 Neonazis, deren Propaganda und Aktionen aus Geldern der NPD finanziert werden. Der taz liegen 1.300 interne Beiträge aus dem Forum vor. Sie stammen aus den Jahren 2008 und 2009 und zeigen, wie Holger Apfels sächsischer NPD-Landesverband das tiefbraune "Freie Netz" gezielt in die Partei eingebunden hat.

Den personellen Mangel der NPD ausnutzen

Am 8. Januar 2009 schreibt in dem Forum ein "Sibelius", dass die NPD an ihn herangetreten sei, da die Partei aus Mangel an eigenem Personal ihre Wahllisten für Kandidaten aus dem Netz öffnen möchte. "Sibelius" fragt das Kadernetzwerk: "Entscheidet selber, ob wir die personelle Misslage der NPD für uns ausnutzen wollen." Man will. Hinter dem Decknamen "Sibelius" steckt Maik Scheffler aus der Kameradschaftsszene in Nordsachsen. Heute ist er NPD-Landesvize und Fraktionsmitarbeiter der Rechtsextremen im Dresdner Landtag.

Das Angebot der NPD kam dem Netz wohl entgegen. Denn schon am 4. Dezember 2008 weist Thomas Gerlach alias "Hugo", führender Kameradschaftskader aus Thüringen, auf die Gründung einer "Arbeitsgruppe Wahlkampf 2009" hin, die sicherstellen soll, dass auf Listen der NPD ihre Kader und so auch ihre militanten Positionen auftauchen.

"Hugo", der sich im internen Forum selbst als Gerlach outet, schreibt: "Unserer Maxime treu bleibend, dass die NPD ausschließlich Mittel zum Zweck im politischen Kampf sein darf, wollen wir endlich neben radikalen Kandidaten auf den Listen auch endlich radikale Programmatiken unter der ,Marke' NPD transportieren."

Das "Freie Netz" besteht seit 2007. Nach Einschätzung des Rechtsextremismusexperten Martin Langebach von der Universität Düsseldorf ist es die mobilisierungsfähigste, mitgliederstärkste und ideologisch gefestigtste Struktur der Kameradschaftsszene im Osten. Seine regionalen Untergruppen richten Aufmärsche aus, planen Schulungen oder veranstalten Konzerte. Bis zu 300 Aktivisten kann das Netz laut Beobachtern kurzfristig mobilisieren.

Gewaltphantasien freien Lauf lassen

In ihrem internen Forum reden die Neonazis Klartext. Dort wettern sie gegen "die Menschenrechte, die von volksfeindlichen liberaldemokratischen Denkern und Politikern zu einem universalen Dogma erhoben wurden". Und sie lassen ihren Gewaltfantasien freien Lauf. So schreibt Gerlach alias "Hugo" Ende 2008 im Vorfeld der jährlichen Neonazi-Demo zum Jahrestag der Bombardierung Dresdens: "Wir haben uns überlegt eine Polizeiwache anzugreifen und abzufackeln". Scheffler alias "Sibelius" antwortet: "Ohne einen abzustechen? Ist ja langweilig!" Scheffler selbst sagte der taz am Sonntag auf Nachfrage: "Zu einem Forum des Freien Netzes kann ich nichts sagen."

Nicht immer bleiben die rechtsextremen Kameraden bei Gewaltfantasien. Immer wieder greifen Aktivisten des "Freien Netzes" Ausländer und Linke an. Am 7. Mai 2010 schlug ein Angehöriger des Netzes im sächsischen Geithain, eine Hochburg des Nazizusammenschlusses, einen Jugendlichen zusammen. Der 15-Jährige erlitt eine Schädelfraktur.

Dennoch hat der sächsische Verfassungsschutz das "Freie Netz" in seinem aktuellen Jahresbericht nur als Internetportal bewertet. Eine Einschätzung, die die Behörde nach den nun bekannt gewordenen Interna der braunen Kameraden noch mal überdenken sollte. "Das Netz ist kein Internetportal", sagt Kerstin Köditz, Linken-Landtagsabgeordnete aus Sachsen, der die Foren-Inhalte ebenfalls vorliegen, "sondern eine konspirative Kaderorganisation, mit Kadertreffen und Zellen".

Der mögliche neue NPD-Chef Holger Apfel hat die militante Neonazi-Truppe bereitwillig in die Partei eingebunden. Auf dem neuen NPD-Nachrichtenportal "DS-Aktuell" lobt Apfel in einem aktuellen Interview einen Aktivisten, mit dem eine "konstruktive Basis der Zusammenarbeit" gefunden worden sei: Maik Scheffler aus dem "Freien Netz".

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17 Kommentare

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  • W
    Wolpertinger

    Faszinieren zu lesen, wie die toleranten Herrschaften "Helmut" beleidigen "Hirntoter Affe,..."

    "trolle,zu dumm oder nazis..." , wenn ihnen eine Ansicht nicht passt.

     

    @ Klaus: "Differenzieren, ja. Lesen Sie Ihren eigenen Differenzierten Beitrag einfach nochmal durch.

     

    @Kaceyn und Runzelstirn:

     

    Der eine will von "Über 130 Todesfällen" wissen, welche Rechtsradikale wohl verübt haben, der andere von "ca. 150". Ob ihr euch mal absprechen solltet? Natürlich hat keiner Quellen, geschweige denn Angaben, was als "Rechtsradikale Gewalttat" durchgeht und was als persönlichen Konflikt zwischen Deutschem und Ausländer. Das zum einen.

     

    Desweiteren bringt es wenig, über Intelligenz zu diskutieren, wenn jeder "mangelnde Intelligenz" an der politischen Einstellung des gegenübers festmacht. Intelligenz ist die am gerechtesten verteilte Gabe- jeder glaubt, er selbst hat genug davon. Kann ja jeder sich seine eigene Meinung bilden, wenn er manche "Argumente" liest

     

    Einigen wir uns darauf: Dass MANCHE Linke (nicht nur) am 1. Mai Polizisten mit Steinen bewerfen und diese sogar schon mit Benzin übergossen und angezunden haben sind Fakten. Das heisst aber nicht, dass JEDER Linke ein Steinewerfer ist.

     

    Das MANCHE Rechte Hitler zurückwünschen und gewalttätig sind, ist ebenfalls nicht wegzudiskutieren. Dass diese (so der differenzierende "Klaus") vom Verfassungsschutz sowie der NPD unterstützt werden, ist indiskutabler Müll, den Klaus auch nicht mit Quellen belegen kann.

     

    Sprich, auch hier ist nicht JEDER Rechte ein Terrorist (Ich weiss, das gefällt den meisten hier nicht. DIFFERENZIEREN ;))

     

    Freundliche Grüsse

     

    -Jetz dürfen Sie poltern!

  • T
    taube

    unfassbar-traurig-GEFÄHRLICH!!!diskutieren sie alle bitte wieder mehr-um unserer kinder willen-verhindern sie die braune indoktrinierung unserer jugend...und -lieber onkel mossad ich persöhnlich wundere mich sehr darüber dass du nicht spürbar aktiv wirst-bitte nicht im stile der 80´er aber hier muss etwas passieren... sonnst sehe ich die souverenität unserer demokratien STARK gefährdet!!!

  • M
    Maria

    "Immer wieder greifen Aktivisten des "Freien Netzes" Ausländer und Linke an."

     

    Statt von Ausländern sollte man von "als Ausländern wahrgenommenen" sprechen. Denn oft oder teilweise sind diese schlichtweg Deutsche. Die verwendete Bezeichnung manifestiert den Eindruck, dass beispielsweise alle Schwarzen gleichzeitig Ausländer_innen seien. Nicht sehr konstruktiv.

  • T
    Thiel

    @Helmut

    Sie dürfen nicht vergessen, dass die Polizei ungeniert Morddrohungen gegen Bürger ausspricht, die einfach nur friedlich ihre Meinung sagen.

    In Stuttgart hat die Polizei mit Schlagstöcken auf kleine Schulmädchen eingedroschen. Die Zeiten, in der die Polizei für den Bürger da war, sind schon lange vorbei. Die Polizei ist zum Feind geworden. Immer mehr Bürger freuen sich heimlich, wenn ein Polizist im Dienst verletzt wurde. Man kann mit dem Hass der Bürger auf die Polizei sehr wohl Stimmen bei Wahlen abräumen, wenn man es richtig macht. Das weiß auch die NPD.

  • K
    Kaceyn

    @ Helmut

     

    "prügeln und brandschatzen die linksextremistischen Netzwerke hierzulande schon und das inklusive Morddrohungen gegen Polizisten."

     

    Die Behauptung, linke und rechte Gewalt wäre gleichwertig wird auch vom häufigen Wiederholen nicht wahrer.

    Fakt ist: seit der Wiedervereinigung sind durch Rechtesextreme ca. 150 Menschen ermordet worden.

    Auch linke Gewalt existiert, aber im gleichen Zeitraum ist NIEMAND dadurch ums Leben gekommen.

    (Quelle: Interview mit Martin Jander, nachzulesen bei Tagesschau.de)

    Also sparen Sie sich Ihre Propanganda à la "die Linken sind ja noch viel schlimmer"

  • WK
    Werner Kenner

    Der Wolf im Schafspelz ist immer noch braun!!!

  • D
    dielendieb

    @Helmut:

    Ach ja, richtig. Der 15-jährige hat sich seine Schädelfraktur ja durch Beratungen zugezogen und nicht Gewalteinwirkung. Außerdem ist die Unterscheidung zwischen Links- und Rechtsextremismus ja ohnehin zweckfrei, da beide exakt das Gleiche sind und wollen. Wer kennt sie nicht, die "Ausländer raus"- Forderungen, die Angst vor Überfremdung, die Führerbekenntnisse und Rassenideologien, die von links mit mindestens ebensoviel Druck wie von rechts publik gemacht werden? WER KENNT SIE NICHT?

     

    PS: Dass es (mitunter vermeintliche) Gemeinsamkeiten gibt, ist eine andere Hose.

  • H
    herrgünni

    Ach Helmut,wahrscheinlich hat das bei menschen wie dir keinen sinn weil ihr entweder trolle,zu dumm oder nazis seit...aber vielleicht schaust du einfach mal statistiken an wie viele menschen in den letzten jahren bei rechtsradikalen/rassistischen angriffen schwer verletzt oder getötet wurden.

  • K
    Klaus

    Hallo Helmut, alter hirntoter Affe,

    während es bei den linksextremen meistens bei Drohungen und "Blechschäden" bleibt, schlagen die braunen Idioten regelmäßig zu. Aber differenzieren war ja noch nie eine deutsche Stärke, was?

    Das ansonsten die NPD mit rechten Schlägern zusammen arbeitet, und der Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind ist, sind ja keine neuen Erkenntnisse

  • R
    Runzelstirn

    @ Helmut: Ich würde vorschlagen, Sie informieren sich erst einmal, bevor Sie hier die staatliche "Extremismus"-Propaganda nachplappern. Neonazistische Angriffe haben seit der Wiedervereinigung mehr als 130 Todesopfer und über 5000 Verletzte gefordert, was gegenüber den Aktivitäten der linken Szene ein völlig anderes Niveau darstellt (Quelle: http://www.netz-gegen-nazis.de/lexikontext/gewalt-als-strategie, also nicht gerade eine Seite, die im Verdacht des "Linksextremismus" stehen dürfte).

  • N
    Neo

    Demokratie ist immer bedroht!!!

     

    Neo,...

  • H
    Helmut

    Während die NPD'ler noch beraten, prügeln und brandschatzen die linksextremistischen Netzwerke hierzulande schon und das inklusive Morddrohungen gegen Polizisten.

  • S
    suswe

    Mal wieder ein Beweis, dass die NPD doch nicht so harmlos/wirkungslos ist, wie sie mir manchmal in Gesprächen beschrieben wird.

  • W
    Webmarxist

    Wer Hitler huldigt und sich zum Nationalsozialismus bekennt, hat in keinen Parlament etwas zu suchen. Ohne freie Meinungsäußerung, würden wir in in einer Diktatur leben.

  • D
    DerFalke

    Ja Servus,

     

    herzlichen Glückwunsch für diesen Schlag.

     

    Apfel macht mit seiner vordergründigen Verharmlosungsstrategie Voigt mächtig Konkurrenz, und hintergründig (dank dieser Enthüllung) nun die Behörden auf sich aufmerksam.

     

    Nachdem Voigt schon abgesägt erschien, wird er nun mglicherweise wieder Auftrieb erhalten. Das alles fördert den Machtkampf in der NPD.

     

    Und das kann für uns Demokraten nur gut sein.

     

    So long

     

    Der Falke

  • V
    vic

    ...und den sächsischen Verfassungsschutz kann man getrost schließen. Reine Verschwendung von Steuergeldern.

  • V
    vic

    Bei den NPD Nasen um Apfel handelt es sich vermutlich um Feiglinge, die lieber im Anzug süßraspeln, als auf der Straße evtl. auch mal aufs Maul zu kriegen.

    Alles ein Pack.