Internationaler Strafgerichtshof: Ein paar Jährchen für Milizenchef

Der ehemalige Milizenchef Germain Katanga aus dem Kongo bekommt 12 Jahre Haft, von denen er die meisten schon abgesessen hat.

Germain Katanga lauscht seinem Strafmaß. Bild: ap

BERLIN taz | Mit einem verhältnismäßig milden Urteil ist der Prozess gegen den ehemaligen kongolesischen Milizenführer Germain Katanga vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu Ende gegangen. Wegen Mittäterschaft an einem Massaker im nordostkongolesischen Dorf Bogoro, bei dem am 24. Februar 2003 mehrere hundert Menschen getötet worden waren, wurde Katanga am Freitag zu 12 Jahren Haft verurteilt.

Das Strafmaß folgt auf den am 7. März ergangenen Schuldspruch gegen den Kongolesen; es ist erst das dritte Urteil in der Geschichte des Weltgerichts und der zweite Schuldspruch.

Katanga kommandierte während des Kongokrieges 2003 die Miliz FRPI (Widerstandskräfte für Frieden in Ituri), eine von vielen ethnisch konstituierten bewaffneten Gruppen, deren Krieg im nordostkongolesischen Distrikt Ituri in den Jahren 1999 bis 2003 über 50.000 Menschenleben forderte. Zunächst hatte Katanga gemeinsam mit Mathieu Ngudjolo, Führer der Miliz FNI (Nationalistische Kräfte für Integration), vor Gericht gestanden.

Die ursprüngliche Anklage hatte ausgeführt, dass die FRPI, die FNI und weitere bewaffnete Gruppen der Volksgruppen der Lendu und Ngiti im nordostkongolesischen Distrikt Ituri gemeinsam am 24. Februar 2003 das Dorf Bogoro überfielen, wo sich Stellungen der Miliz UPC (Union kongolesischer Patrioten) sowie zahlreiche Zivilisten der Volksgruppe der Hema befanden.

Hema- und Lendu-Milizen bekämpften sich damals in einem erbitterten Krieg um die politische Vormacht in Ituri; das Massaker von Bogoro war einer der blutigsten Einzelvorfälle dieses Krieges.

Doch im Dezember 2012 hatte der Strafgerichtshof Mathieu Ngudjolo freigesprochen: Er sei weder in Bogoro anwesend gewesen noch gebe es Hinweis auf seine Kommandotätigkeit in der FNI zum Zeitpunkt des Massakers, befanden die Richter.

Im März 2014 schließlich befand das Gericht, auch Katanga sei keine Kommandotätigkeit nachzuweisen und er sei während des Massakers auch gar nicht da gewesen. Da er aber Befehlsgewalt über die FRPI ausübte, wurde er wegen Mittäterschaft verurteilt.

„Nicht die Härte der Strafe hat Vorrang“

Vor diesem Hintergrund erscheint die Strafe von 12 Jahren Haft relativ hoch - aber da er davon nur noch fünf Jahre absitzen muss und dieser Zeitraum bei guter Führung weiter schrumpfen kann, ist sie andererseits auch ziemlich niedrig. Im allerersten Urteil des Straftgerichtshofs war der politische Führer der UPC, Thomas Lubanga, zu 14 Jahren wegen Rekrutierung von Kindersoldaten verurteilt worden – ein weniger schweres Verbrechen als die Katanga zur Last gelegte Mittäterschaft bei Mord.

Auf seiner Webseite führt der Gerichtshof zur Begründung des relativ niedrigen Strafmaßes aus, seine Urteile dienten nicht nur dem Gerechtigsbedürfnis der Opfer, sondern auch der Vermeidung von Rache. „Nicht die Härte der Strafe hat Vorrang, sondern ihre Unausweichlichkeit“, schreibt die zuständige Kammer in einer öffentlichen Stellungnahme.

Es sei auch Sorge zu tragen, „dass die Strafe der Wiederherstellung des Friedens und der Versöhnung der Bevölkerungen dient“ und „die Wiedereingliederung des Verurteilten begünstigt“.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, da beide Seiten schon gegen den Schuldspruch Berufung eingelegt haben. Eine der drei Mitglieder der Kammer kritisiert jetzt außerdem in einem Minderheitsvotum, auch die zweieinhalb Jahre Haft, die Katanga ab 2005 in kongolesischem Gewahrsam verbrachte, bevor er 2007 nach Den Haag überstellt würde, müssten auf das Strafmaß angerechnet werden.

Die Kammer hatte dies abgelehnt, weil die kongolesische Haft nicht ausdrücklich unter denselben Vorwürfen wie die in Den Haag verfügt worden sei - aber, so meinte Richterin Christine Van den Wyngaert, „das ist nicht die Schuld des Angeklagten“.

Wyngaert hatte sich schon dem Schuldspruch im März nicht angeschlossen. Das Katanga-Berufungsverfahren droht also, juristisch interessant zu werden.

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