Insolvenz des Radherstellers Mifa: Kritik am Management
Die Mitarbeiter des größten deutschen Fahrradbauers haben am Montag bei einer Belegschaftsversammlung Fehler der Unternehmensleitung gerügt.
DRESDEN taz | Mitarbeiter des insolventen Fahrradherstellers Mifa in Sachsen-Anhalt haben am Montag auf einer Belegschaftsversammlung Fehler des Managements kritisiert. Das teilte der zuständige Gewerkschaftssekretär Sebastian Fritz von der IG Metall mit. Auch das Konzept eines Billiganbieters wurde infrage gestellt. Man habe in der Vergangenheit versäumt, die Mitarbeiter einzubeziehen. Fritz beschreibt die Stimmung aber als motiviert und entschlossen, „die Karre aus dem Dreck zu ziehen“.
Nach dem Ende September gestellten Insolvenzantrag der ostdeutschen Traditionsmarke Mifa hat die Firma bis zum 1.Dezember Zeit, den Betrieb zu stabilisieren. So lange zahlt die Bundesagentur für Arbeit die Löhne und Gehälter der verbliebenen rund 600 Mitarbeiter. Das Amtsgericht Halle gewährte dem absatzstärksten deutschen Fahrradbauer den Versuch einer Sanierung in Eigenverwaltung. Dem damit weiter verantwortlichen Management hat das Amtsgericht aber den Sanierungsexperten Lucas Flöther als Sachwalter zur Seite gestellt. Die Auftragsbücher sind laut dem Mifa-Vorstand Stefan Weniger gut gefüllt, das operative Geschäft läuft weiter.
Die Mitteldeutsche Fahrradwerke AG war 1907 in Sangerhausen am südlichen Harzrand gegründet worden. Nach kriegsbedingter Produktionsumstellung stellte die Mifa als volkseigener Betrieb ab 1950 vorwiegend Alltagsfahrräder her. Die praktischen Klappräder genießen bis heute Kultstatus. Neben Diamant war die Mifa der wichtigste Fahrradhersteller der DDR, genoss aber damals schon den Ruf der Zweitklassigkeit. „Wer Mifa fährt, fährt nie verkehrt, weil Mifa überhaupt nicht fährt“, dichtete der Volksmund. „Bloß nicht“, sagt eine Fahrrad-Einzelhändlerin in Dresden zu den Rädern. „Mifa erreicht nicht die bei uns geforderte Qualität.“
Nach der Währungsunion 1990 verwaltete zunächst die Treuhand den Betrieb, bevor 1996 der ehemalige DDR-Ökonom Peter Wicht und Partner Michael Lehmann die Mehrheit an der Auffanggesellschaft erwarben. Ab 1999 belieferte die Mifa vor allem billige Handelsketten und Baumärkte. Mifa ging 2004 an die Börse, übernahm später trotz wiederholter Krisen die Fahrradbauer Biria, Steppenwolf und den E-Bike-Hersteller Grace. Für Aufsehen sorgte vor zwei Jahren der Einstieg des inzwischen mit der Schauspielerin Veronika Ferres verheirateten schillernden Finanzunternehmers Carsten Maschmeyer. Mit einem Anteil von 28 Prozent ist er neben Peter Wicht Hauptaktionär.
Experten äußerten wiederholt Zweifel am Konzept
Wiederholt äußerten Experten in den vergangenen Jahren Zweifel, ob das Mifa-Konzept gegen die asiatische Billigkonkurrenz bestehen könne. Noch vor einem Jahr zeigte sich der damalige Vorstand Peter Wicht optimistisch, dass mit Steppenwolf und Grace auch im teureren Qualitätssektor „saftige Umsatzsteigerungen“ zu erwarten seien. Eine Dividende aber zahlte Mifa nie. 2013 verbuchte man einen Verlust von 13,2 Millionen Euro, Anfang dieses Jahres waren Bilanzfehler entdeckt worden. Im Sommer versprach man sich Rettung vom indischen Fahrradproduzenten Hero Cycles, der mit 15 Millionen Euro einsteigen sollte. Dazu kam es nicht, vielmehr tauchten Vermutungen auf, Hero sei nur am Know-how der Mifa-Marken interessiert gewesen. Das hat Hero inzwischen zurückgewiesen.
Angeblich will Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Hartmut Möllring bereits einen „ausreichend finanzstarken“ Investor kontaktiert haben. Die Treue vieler Großkunden spreche für die Qualität der Räder und der Beschäftigten, sagte er. Namen wurden aber noch nicht genannt.
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