piwik no script img

Insektizid in Brandenburgs WäldernTödlicher Knockout für Nonnenfalter

Brandburg will seine Kiefernwälder mit dem Insekten-Gift „Karate Forst“ erhalten. Dagegen gibt es Protest und 75.000 Unterschriften.

Gegen die Raupen des Nonnenfalters hilft kein Roundhouse-Kick, sondern „Karate Forst flüssig“ Foto: dpa

Schlussszene bei „Karate Kid“ (1984): Der jugendliche Held Daniel scheint beim entscheidenden Kampf schon verloren zu haben. Da nickt ihm Lehrmeister Miyagi zu, Daniel positioniert sich im „Kranich“ – Arme nach oben, ein Bein angewinkelt – und kickt den übermächtigen Gegner per Finishing-Move zu Boden.

So in etwa muss sich das auch der Hersteller Syngenta, Tochter des größten chinesischen Chemieunternehmens, vorgestellt haben, als er sein Insektenvernichtungsmittel auf den klangvollen Namen „Karate Forst flüssig“ taufte. Der darin enthaltene Wirkstoff Lambda-Cyhalothrin ist ein Nervengift, das Insekten per Atemlähmung den Garaus macht, man spricht hier auch passenderweise vom „knock down“-Effekt. „Karate Forst“ ist in Deutschland für die konventionelle Land- und Forstwirtschaft zugelassen.

Ab Montag sollten Helikopter das Insektizid eigentlich großflächig in den Brandenburger Wäldern südlich von Potsdam versprühen. Zu starker Wind verhinderte kurzfristig den geplanten Einsatz am Montagnachmittag. Aber dennoch bleibt Brandenburg gewillt, dass Insekten-Gift in den nächsten Wochen einzusetzen. Der Gegner des bis zum 31. Mai angesetzten Kampfes: die Raupe des Nachtfalters Nonne. Die hat die Eigenschaft, vor allem Kiefernnadeln in einer Menge zu vertilgen, dass sie den betroffenen Wald laut Landesforstbetrieb gleich mehrfach plattmachen könnte. Weil sich die Nonne nach anhaltender Trockenheit übermäßig vermehrt habe, drohe nun eine Katastrophe für den Wald und den CO2-Haushalt. Für deren Abwendung bleibe nur noch: Karate Forst flüssig.

Ganz unbedenklich ist das freilich nicht: Das Betreten der besprühten Waldflächen ist für 48 Stunden verboten. Beeren, Kräuter und Pilze sind für drei Wochen tabu. Anwohner*innen mobilisieren schon seit Wochen gegen die Aktion und bekommen Unterstützung von Naturschutzverbänden wie BUND und Nabu. Das Mittel habe „verheerende Wirkung auf Mensch und Natur“, heißt es etwa vom Nabu Brandenburg, weil es neben der Nonne auch Bestäuber wie die Biene und natürliche Gegner der schädlichen Raupe zur Strecke bringe.

Eine Online-Petition der Gegner*innen hat bereits mehr als 75.000 Unterschriften. Bisher ohne Folgen: Die Landespolitiker*innen verweisen auf die Einschätzung des Landesforstbetriebs (Mittel ist zugelassen). Letztlich geht es um die Grundsatzfrage: Rechtfertigt der kurzfristige Erhalt der (Kiefern-)Wälder den Einsatz eines Totalinsektizids?

Dazu noch die passende Stelle aus „Karate Kid“: Wer beim Kranich-Kick den Fuß einmal in der Luft hat und dann nicht punktgenau trifft, hat keine Deckung und ist ziemlich am Arsch.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Das Landesforstamt,das Landwirtschaftsministerium und das Umweltministerium sind beratungsresistent,chemielobbyhörig und flexibel wie ein Betonblock.



    Die Kiefernwälder sind so oder so zum Untergang verurteilt,macht die Nonne die Kiefern nicht platr,dann erledigt das auf jeden Fall der Klimawandel in Form von zunehmender Trockenheit,Schlagregenereignisse verdichten die Böden,schwemmen sie weg,legen Wurzeln frei,den Rest erledigt der nächste und übernächste schwere Sturm.



    Berlin baut die Wälder gerade in grossen Stil um,damit sie in der Zukunft für die zu erwartenden Wetter und Klimaunbilden besser aufgestellt sind

  • Wenn die Falter den Wald nach der Dürre platt machen,ist das ein Hinweis darauf,dass der Wald in der Form nichts taugt,aufgrund von Monokultur zum Niedergang bestimmt ist.

  • 8G
    83985 (Profil gelöscht)

    Sollte der „behandelte“ Wald in diesem Sommer dann doch brennen, wird Dioxin freigesetzt. Nichts gelernt ...

  • heute mach der Bericht über dias Aussterben der Arten die Runde;



    das Land Brandenburg hilft fleißig mit, dass die Arten noch schneller aussterben.



    Pfui Deibel.