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Inklusion beim FernsehenNur eine freundliche Geste

Ab Februar wird erstmals ein Mensch mit Behinderung im RBB-Rundfunkrat vertreten sein. Aber einen eigenen Sitz bekommen Behinderte nicht.

Seltene Inklusion im RBB: Das Sandmännchen gibt es zumindest im Internet in Gebärdensprache Foto: rbb

Ab Ende Februar sitzt erstmals ein Vertreter von Menschen mit Behinderung im RBB-Rundfunkrat. Dafür scheint Dominik Peter mehr als geeignet zu sein: Seit 2011 ist er Vorsitzender des Berliner Behindertenverbandes. „Die Interessen von Behinderten kenne ich seit Jahren“, sagt Peter gegenüber der taz. „Diese zu vertreten ist ein Heimspiel für mich.“

Der Aktivist Christian Specht sieht darin aber ein Problem. Er ist Mitglied im Vorstand des Vereins Lebenshilfe Berlin und lebt selbst mit einer Lernbeeinträchtigung. Seine Kritik: Peter sitze lediglich auf dem Ticket einer Partei im RBB-Gremium – die Linke hatte ihn im November für den Sitz nominiert. Denn während Menschen mit Behinderung keinen gesetzlich verankerten Platz im Rat haben, können die Parteien durchaus Vertreter*innen entsenden.

Der Nominierte Peter räumt selbst ein: „Letztendlich hängt es so vom guten Willen einer Partei ab, ob Menschen mit Behinderung im Rundfunkrat vorkommen oder nicht.“ Trotzdem sieht er darin einen ersten Fortschritt. „Ich finde es einen wahnsinnig tollen Vorschlag der Linken, einen Parteilosen zu nominieren“, sagt Peter. Die Fraktionsvorsitzenden der Linken, Carola Bluhm und Udo Wolf, erklärten in einer Pressemitteilung, dass die Zivilgesellschaft schon lange eine „Vertretung von Menschen mit Behinderung in den Gremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“ fordert. Deren Perspektiven sollen mit Peter eine „größere Berücksichtigung“ finden.

Kampf seit Jahren

Die Vergabe des Sitzes sei allerdings nicht transparent abgelaufen und die Behindertenverbände seien nicht einbezogen worden, kritisiert indessen Specht. Er befürchtet, dass die Anwesenheit von Peter im Rundfunkrat das Anliegen der Behindertenverbände untergraben könnte: „Dann sagen sie vielleicht bald: Jetzt sitzt doch einer von euch drin, also gebt mal Ruhe.“ Letztendlich fordert Specht eine Änderung des Staatsvertrages, damit der Rundfunkrat neu besetzt werden kann. Dafür kämpft er seit Jahren.

Der RBB-Rundfunkrat hat 29 Mitglieder

Der Rundfunkrat ist bei öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten das oberste für die Programmkontrolle zuständige Aufsichtsgremium. Dieser überwacht die Einhaltung des Sendeauftrags im Sinne des vom Gesetzgeber vorgegebenen Konzepts der Vielfalt und soll den Zugang zum Programm der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten für verschiedene gesellschaftlich relevante Gruppen garantieren. Der Rundfunkrat bestimmt nicht die Programmplanung, zu seinen Aufgaben zählen: Wahl und Beratung des Intendanten, Überwachung der Einhaltung der gesetzlich normierten Programmgrundsätze, Wahl von Mitgliedern des Verwaltungsrates und Genehmigung des Haushalts sowie des Jahresberichts.

Ländersache Aufgaben und Mitgliederzahl der Rundfunkräte der Sendeanstalten variieren entsprechend den unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen in den jeweiligen Bundesländern. Der RBB-Rundfunkrat setzt sich aus Mitgliedern verschiedener Vereinigungen zusammen, die im RBB-Staatsvertrag (Paragraph 14, Absatz 1) aufgezählt sind: Gewerkschaften, Frauen- und Kulturverbände, Kirchen, Parteien und Parlamente. Diese entsenden eigenständig ihre Vertreter. Der Rundfunkrat soll einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Der RBB-Rundfunkrat hat derzeit 29 Mitglieder. Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Die aktuelle Amts­periode endet zum 25. Februar 2019. (heg)

Denn der Staatsvertrag legt fest, welche Gruppen im Rundfunkrat sitzen. Derzeit sind es 29 Mitglieder, die zwar nicht das Programm bestimmen dürfen, aber etwa den oder die Intendant*in wählen. Die Mitglieder sollen das öffentliche Leben und damit die Allgemeinheit der Länder Berlin und Brandenburg vertreten, heißt es im Staatsvertrag. Zwar lebt in Berlin laut der Behindertenlandesbeiräte Berlin und Brandenburg jede*r Zehnte mit einer Behinderung, trotzdem scheinen sie damit nicht zu dieser „Allgemeinheit“ zu gehören.

Die rot-rot-grüne Koalition hat sich im Koalitionsvertrag bereits 2016 dazu verpflichtet, den Staatsvertrag bis 2020 zu evaluieren. In dem Zuge sollte auch die Zusammensetzung des Rundfunkrates überprüft werden, um die „Repräsentation gesellschaftlicher Vielfalt“ zu verbessern. Senatssprecher Mathias Gilles bestätigte dieses Vorhaben der taz.

Verpasste Chance

Die Landesbeiräte für Menschen mit Behinderung in Berlin und Brandenburg hatten das schon im September in einer gemeinsamen Pressemitteilung gefordert. Die Chance, dies bis zur neuen Amtsperiode des Rundfunkrats ab Februar 2019 zu tun, hat die Regierung verpasst. Die Prüfung sei sehr umfangreich, heißt es als Begründung aus der Senatskanzlei. Alles müsse mit dem Partnerland Brandenburg abgestimmt werden. Der nächstmögliche Zeitpunkt sei daher erst der Beginn der übernächsten Legislaturperiode 2023.

Die meisten anderen Rundfunkräte der anderen ARD-Anstalten haben das hingegen längst verwirklicht. Sechs von neun Landesrundfunkanstalten halten einen Sitz für Vertreter*innen von Menschen mit Behinderung frei – der RBB ist nicht darunter.

Auch andere gesellschaftliche Gruppen wie Muslim*innen oder queere Menschen finden beim RBB-Rat keinen festen Platz. Letztere möchte Peter ebenfalls während seiner Zeit im Rundfunkrat vertreten. Das ergebe sich aus seiner Vita, denn er selbst sei schwul. Diese Gruppe zu vertreten sei aber „Neuland“ für ihn. Für die nächsten vier Jahre – so lange dauert eine Amtszeit im Rundfunkrat – hat sich Peter also viel vorgenommen.

Wie es danach weitergeht, ist fraglich: Wird die Linke oder eine andere Partei in vier Jahren wieder einen Menschen mit Behinderung für ihren Sitz nominieren? Auch andere Gruppen haben bereits Bedarf angemeldet, berichtet Senatssprecher Gilles.

Wegen dieser Unsicherheit fordert Lebenshilfe-Vorstand Specht: „Wir müssen weiter kämpfen.“ Peter, der Specht und seinen Aktivismus seit Jahren kennt, pflichtet ihm bei: „Das, was ihn antreibt, treibt auch mich an.“ Dann geht vielleicht auch irgendwann Spechts Traum in Erfüllung: dass es auch im RBB mehr Sendungen gibt, in denen Behinderte mit ihren Themen vorkommen.

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