Wahl der NDR-Indendanz: Knuth oder nix

Am Freitag entscheidet der Rundfunkrat des Norddeutschen Rundfunks, wer neuer Intendant wird. Es gibt nur einen Kandidaten.

Porträt Joachim Knuth

Es kann anscheinend nur einen geben Foto: NDR/Thomas Pritschet

Fans von Alternativlosigkeit sind offenbar die zwölf Mitglieder des Verwaltungsrats beim NDR. Die haben nämlich nur einen möglichen Nachfolger für den zum Jahresende ausscheidenden Intendanten Lutz Marmor vorgeschlagen. Der langjährige Hörfunkdirektor Joachim Knuth soll am Freitag vom Rundfunkrat an die Spitze des Norddeutschen Rundfunks gewählt werden. Zwei Drittel der 58 Stimmen des Gremiums benötigt Knuth dann.

Knuth agiert bisher als einer der wichtigsten Macher beim Deutschen Radiopreis, für den der NDR innerhalb der ARD federführend ist. Als Marmor-Nachfolger ist er deshalb unter anderem beliebt. Trotzdem stellt sich die Frage, warum nicht mehr Kandidaten zur Wahl stehen.

Denn gerade erst hatte es beim SWR Streit in den Gremien gegeben, weil dort nur 2 Kandidaten vorgeschlagen worden waren, obwohl es wesentlich mehr Bewerber gegeben hatte. Nun beim NDR also sogar nur 1?

Keine Frau in der Auswahl

Beim Hessischen Rundfunk war 2016 Manfred Krupp alleiniger Kandidat, gewählt wurde er trotzdem nur äußerst knapp. 9 von 30 Mitgliedern des Gremiums stimmten gegen Krupp – möglicherweise aus einem gewissen Unbehagen darüber, dass er der einzige Kandidat war. ProQuote Medien kritisiert zudem, dass keine Frau zur Wahl steht.

Für den Verwaltungsrat sei es gemäß NDR-Staatsvertrag, „nicht bindend, mehrere Personen zu benennen“, sagt Ulf Birch, der Vorsitzende des Gremiums. Der entsprechende Paragraf 28 schließt das aber auch nicht aus. Warum also Knuth oder nix? „Weil wir von der Person, die wir gefunden haben, inhaltlich voll überzeugt sind“, sagt Birch. Wie die Auswahl im Detail zustande gekommen ist, sagt er nicht.

Birch sagt dazu, die Wahl des Kandidaten sei einstimmig erfolgt – in einem Gremium, in dem Frauen in der Mehrheit sind (7:5). Grundsätzlich, so Birch, sei eine Intendantenwahl eher „eine Berufung in einen Job als ein Auswahlverfahren“, mit der Wahl eines Fraktionsvorsitzenden einer Partei könne man das nicht vergleichen.

Das mag rein formal betrachtet so sein. Angesichts dessen, dass es hier um den mächtigsten Posten in der drittgrößten ARD-Anstalt geht, ist das aber unbefriedigend – und angesichts der Grundsatzdiskussion um Legitimität und Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens auch nicht zeitgemäß.

Keine einheitliche Prozedur

Der Gesetzgeber könnte für die Intendantenwahl „ein detaillierteres Verfahren vorschreiben“, sagt Birch. Die Länderparlamente in Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, die sich auf eine Änderung einigen müssten, könnten etwa festschreiben, dass der Verwaltungsrat mehrere Kandidat*innen benennen muss. Ob Birch es gut fände, wenn es so käme, sagt er nicht.

Intendantenwahlen finden unter völlig unterschiedlichen Rahmenbedingungen statt. Bei Radio Bremen bildet der Rundfunkrat laut Staatsvertrag „eine Findungskommission unter Beteiligung des Verwaltungsrats“. Beim SWR wählen Rundfunk- und Verwaltungsrat sogar gemeinsam den Oberboss. Es sei „unwahrscheinlich“, dass es in allen Staatsverträgen irgendwann einmal „eine einheitliche Regelung geben wird“, sagt Ulf Birch.

Das Verhalten des NDR-Verwaltungsrats verstärkt die grundsätzlichen Zweifel an der Zeitgemäßheit des Kontrollsystems bei den Öffentlich-Rechtlichen. Die Verwaltungsräte, die, grob gesagt, mit wirtschaftlichen Fragen befasst sind, werden von den für die Programmüberwachung zuständigen Rundfunkräten gewählt. Diese wiederum setzen sich zusammen aus Vertretern von Parteien, Gewerkschaften und Verbänden.

Die NDR-Rundfunkratsvorsitzende Cornelia Nenz etwa ist Vorsitzende des Heimatverbands Mecklenburg-Vorpommern, ihre Stellvertreterin Ute Schwiegershausen Geschäftsführerin der Unternehmensverbände Handwerk Niedersachsen. Gewiss ehrenwerte Institutionen, aber die Frage, ob deren Gesandte ideale Vertreter der Gesellschaft sind, drängt sich auf.

Einen weitreichenden Reformvorschlag hat kürzlich der Medienwissenschaftler Hermann Rotermund in der FAZ veröffentlicht. Er spricht sich dafür aus, die Rundfunkräte von den beitragszahlenden Haushalten wählen zu lassen – ähnlich wie die Organe der gesetzlichen Sozialversicherungen.

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