Inhaftierter Kurdenführer Öcalan: Frieden mit der Türkei ist möglich
Nach der türkischen Regierung stimmt der inhaftierte PKK-Chef Öcalan einem neuen Friedensprozess zu. Zwei kurdische Politiker durften ihn besuchen.
Buldan und Önder waren schon einmal zwischen 2013 und 2015 an einem Versuch beteiligt, einen Frieden zwischen der PKK und dem türkischen Staat auszuhandeln. Das scheiterte, einmal, weil der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan das Interesse verlor, nachdem seine AKP (Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung) bei Wahlen 2015 viele Stimmen an die ultranationalistische MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung) verlor, aber auch weil die PKK damals angesichts ihrer Erfolge in Syrien mit der Gründung eines autonomen kurdischen Staates ihre Waffen nicht mehr abgeben wollte und stattdessen eine neue blutige Offensive im Südosten der Türkei startete.
Jetzt gibt es eine völlig veränderte Lage. Außenpolitisch ist Erdoğan durch den Umsturz in Syrien gestärkt und bis zu den nächsten Wahlen hat er noch vier Jahre Zeit. Und dieses Mal hat er Ultranationalisten von Beginn an eingebunden. Nicht Erdoğan, sondern MHP-Chef Devlet Bahceli forderte im Oktober im türkischen Parlament Öcalan dazu auf, die PKK zur Niederlegung der Waffen aufzufordern, wofür er freigelassen werden könnte. Im November durfte ihn dann ein Neffe besuchen, dem Öcalan andeutete, er könne sich vorstellen mitzumachen, wenn die Bedingungen stimmen. Daraufhin beantragte die DEM eine Besuchserlaubnis. Am Samstag erfolgte dann das zweistündige Treffen von Buldan und Önder mit dem PKK-Chef.
Am Sonntagvormittag veröffentlichten die beiden ein kurzes Statement, in dem es heißt, Öcalan sei bereit, einen positiven Beitrag zum „neuen Paradigma“ von Präsident Erdoğan und dessen Koalitionspartner Devlet Bahceli zu leisten. Damit ist ein erster Schritt zu einem neuen, möglichen Friedensprozess getan.
Die PKK ist heute in der Defensive
Anders als 2015, wo die PKK als Teil der internationalen Koalition gegen den „Islamischen Staat“ Reputation und Einfluss gewonnen hatte, ist sie jetzt in der Defensive. In der Türkei tritt sie als bewaffnete Gruppe kaum noch in Erscheinung und auch im Nordirak, wo sich seit Langem ihr Hauptquartier befindet, wird sie von türkischen Truppen immer häufiger angegriffen. Durch ihre Drohnen hat die türkische Armee in den Bergen die Oberhand gewonnen.
Seit dem Umsturz in Syrien geraten auch der syrische PKK-Zweig PYD (Partei der Demokratischen Union) und ihre Miliz YPG (Volksverteidigungseinheiten) unter Druck. Die von der Türkei finanzierte Miliz SNA (Syrische Nationale Armee) greift das YPG-Gebiet an, die türkische Armee zieht Truppen zusammen und die neue Regierung in Damaskus fordert von allen Milizen, also auch von der YPG, ihre Waffen abzugeben und sich in einer neuen gemeinsamen syrischen Armee zu integrieren.
Wie regierungsnahe Journalisten in Ankara am Samstagabend in Talkshows verkündeten, muss Öcalan nun zeigen, welchen Einfluss er nach 25 Jahren Haft tatsächlich noch hat. Auf der anderen Seite dürfte Erdoğan und Bahceli klar sein, dass es für Frieden mehr bedarf als nur die Freilassung des nunmehr 76-jährigen Öcalan.
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