Inhaftierte Geflüchtete: Malta kriminalisiert und zermürbt die „El Hiblu 3“
Die drei Männer aus Gambia und der Elfenbeinküste bekamen Menschenrechtspreise, jetzt sitzen sie in maltesischer Haft. Der Vorwurf: „Terroristische Handlungen.“
Abdalla Bari, Amara Kromah und Abdul Kader wird vorgeworfen, den Kapitän des Öltankers „El Hiblu“ im März 2019 gezwungen zu haben, sie und 105 weitere Menschen nicht nach Libyen, sondern nach Malta zu bringen. Die Menschen waren auf einem Schlauchboot in Seenot geraten und von dem Tanker aufgenommen worden.
Als klar wurde, dass die Besatzung sie zurück nach Libyen bringen wollte, hatten die drei – damals 15 und 16 Jahre alt – zwischen der aufgebrachten Menge und dem Kapitän vermittelt. Später waren sie deshalb als vermeintliche Rädelsführer ausgemacht worden. Ihnen droht nun lebenslange Haft.
2019 verbrachten sie neun Monate in Untersuchungshaft. Gegen Kautionszahlung kamen sie frei, dürfen aber Malta seither nicht verlassen. Sobald nun ein Gerichtstermin für die Hauptverhandlung angesetzt ist, werden die Bewährungsauflagen aufgehoben und die drei müssen in Haft. Einer der drei ist allerdings untergetaucht.
NGO spricht von „Zermürbungstaktik“
Der Angeklagte Abdalla Bari sagte am Mittwoch, er wisse nicht „wann diese Tortur endlich vorbei sein wird. Aber eines ist klar: Ich glaube an Gott, dass all dies eines Tages ein Ende haben wird, denn wir sind unschuldig.“ Der Mitangeklagte Amara Kromah erinnerte daran, dass die 108 Menschen „unmenschlicher Behandlung in Libyen entkommen“ waren: „Nach Malta zu gelangen war die einzige Option, die wir hatten, um unser Leben zu retten.“
Die Nichtregierungsorganisation Borderline Europe begleitet den Fall seit Jahren. Julia Winkler von Borderline, die das Verfahren in Valetta am Mittwoch beobachtete, sprach von „Zermürbungstaktik“. Die drei seien „seit sechs Jahren am Rand der Hölle“ und müssten nun auf unbestimmte Zeit in Haft. Diese Kriminalisierungspolitik „zerstört Menschenleben bereits vor irgendwelchen Verurteilungen“.
Elisa De Pieri von Amnesty International nannte das Urteil „eine verpasste Gelegenheit, die Tortur zu beenden“. Die drei seien Teenager gewesen, als sie als „Vermittler zwischen der ‚El Hiblu‘-Crew und über 100 geretteten Menschen fungierten, die Angst hatten, illegal nach Libyen zurückgeschickt zu werden“. Maltas missbrauche das Strafrecht, um Menschen davon abzuhalten, in Europa Schutz zu suchen, so De Pieri. Der Fall stehe „stellvertretend für alles, was mit den EU-Institutionen und der Migrationspolitik im zentralen Mittelmeerraum nicht stimmt“.
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