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Inflation in DeutschlandEs normalisiert sich­

Kommentar von Björn Hartmann

Die Kaufpreise steigen nicht mehr so rasant wie noch vor kurzem. Und doch profitieren nicht alle Menschen gleich von der abflauenden Inflation.

Was wohl die Erdbeeren kosten? Foto: Uli Deck/dpa

S eit Dezember sinkt die Infla­tionsrate in Deutschland. Im April hat sich der Trend zumindest nicht umgekehrt. Die Teuerung verharrt nach ersten Zahlen des Statistischen Bundesamtes bei 2,2 Prozent. Es geht wieder zurück auf den Weg der Normalität nach den teilweise drastischen Preissprüngen der vergangenen zwei Jahre.

Allerdings bedeuten sinkende Inflationsraten nicht, dass das Leben in Deutschland insgesamt billiger wird. Im Schnitt steigen die Preise immer noch, nur eben nicht so stark. Und nicht alle Menschen sind gleich betroffen. In die Inflationsrate fließt ein, wie sich die Preise von rund 700 Produkten entwickeln. Wer kein Auto fährt, muss nichts für Benzin ausgeben, die persönliche Teuerung kann da nicht von sinkenden Spritpreisen profitieren. Wer Steaks liebt, muss höhere Rindfleischpreise zahlen. Und so kann das, was jede und jeder beim Einkaufen erlebt, vom statistischen Durchschnitt abweichen.

Für Ökonomen ist die sogenannte Kerninflation wichtig. Sie gilt als verlässlicheres Maß, weil Nahrungsmittel- und Energiepreise herausgerechnet sind, die üblicherweise etwas mehr schwanken. Im März lag die Kerninflation bei 3,3 Prozent, im April dürften es jetzt 3,0 Prozent gewesen sein. Das zeigt: Deutschland kehrt zu normalen Werten zurück, wenn auch langsam.

Das ist eine gute Nachricht. Dass die Inflationsrate ohne Energiepreise höher liegt als jene mit, bedeutet, dass die Energiepreise gesunken sind – so stark, dass sie den Effekt höherer Preise anderer Produkte ausgeglichen haben. Das entlastet die Haushalte.

Was bedeutet das alles für die Wirtschaft? Wird die Europäische Zentralbank (EZB) jetzt die Zinsen senken und günstigere Kredite ermöglichen? Das lässt sich anhand der deutschen Inflationsrate nicht beantworten. Die EZB orientiert sich an der Rate für die Eurozone und da fließen auch Werte anderer Länder ein. Zudem hat die Notenbank noch Zeit. Sie entscheidet erst Anfang Juni erneut über die Zinsen. Bis dahin sollte ein einheitlicher Trend zu erkennen sein. Zuletzt war die EZB-Spitze eher zurückhaltend.

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3 Kommentare

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  • "Es gibt momentan einen erhöhten Bedarf an Steuergeldern"

    Oh, den gibt es nicht momentan sondern immer. "Der Staat" kann nie genug bekommen.

    Kann man sich schön ansehen in der Statistik über die Staatsausgaben.

    Auch dass da mitnichten "in die Zukunft investiert", sondern eher konsumiert wird, das lässt sich da auch sehr schön ablesen.

  • Es normalisiert sich nicht. Der Preisanstieg ist weniger stark, aber die Preise bleiben auf hohem Niveau. Insbesondere ist selbst ein preisbewusster und zurückhaltender Lebensmitteleinkauf im Supermarkt an der Kasse immer noch so teuer, dass es für Menschen am Existenzminimum bedrohlich ist. Da die ganze "Inflation" nicht auf Geldmengenwachstum oder solches der Kaufkraft zurückging, sondern nur auf einen externen Preisschock in den Energiepreisen (wie schon 1973), der gut aufgefangen wurde, muss man unbedingt herausstellen, dass das Oligopol des Lebensmitteleinzelhandels hier die Verbraucherinnen und Verbraucher bewusst schröpft, wie es gerade so noch geht, und die Regierung dabei tatenlos zusieht.

  • Das ist eine sehr positive Entwicklung, die seit einigen Monaten anhält.



    Somit war die Entscheidung der Regierung auch richtig, bei den Energiepreisen auf die üblichen 19% MwSt. zurück zu kehren.



    Es gibt momentan einen erhöhten Bedarf an Steuergeldern und das scheint, angesichts der gesunkenen Preise, wenig problematisch.



    Die Unkenrufe, dass sich die MWSt. Erhöhung negativ auswirkt, hat sich nicht bewahrheitet.