Indische Raumfahrt: Zum Buspreis auf den Mars

Bislang haben es nur die USA, die UdSSR und Europa geschafft, zum Mars zu fliegen. Jetzt hat Indien voller Stolz die Sonde „Mangalyaan“ losgeschickt.

Jubel im Weltraumzentrum: Indische Wissenschaftlerinnen in Feierlaune. Bild: dpa

DELHI taz | Mukesh Ambani kann die Kritik an Indiens Marsmission nicht nachvollziehen. Der Flug der Sonde „Mangalyaan“ sei die günstigste Marsmission in der Geschichte der Raumfahrt. Sie koste nicht mehr als eine normale Busfahrt, sagte der indische Industrielle am Donnerstag in Delhi.

Insgesamt belaufen sich die Kosten der indischen Expedition zum Roten Planeten auf 74 Millionen Dollar. Pro Kilometer, rechnete Ambani nicht ohne Stolz vor, habe die Mission also weniger als 7 Rupien gekostet: umgerechnet etwa 8 Cent oder der Kilometerpreis einer indischen Busfahrt.

Während Ambani auf den geringen Kilometerpreis hinweist, verweisen andere gern auf die aktuelle Nasa-Mission, um Indiens Erfolg zu unterstreichen: Nur zwei Tage vor den Indern war die US-Sonde „Maven“ auf dem Mars angekommen. Die Mission ist zwar weitaus komplexer, mit Kosten in Höhe von 671 Millionen Dollar aber auch fast zehnmal so teuer.

Auch Indiens Premierminister Narendra Modi war nach dem erfolgreichen Flug von „Mangalyaan“ begeistert: „Das ist ein Symbol für das, wozu wir fähig sind. Die Vorzeichen sprachen alle gegen uns. Doch wir haben das Unmögliche möglich gemacht.“

Eintritt in erlesenen Klub

Der Regierungschef war eigens in die indische Raumfahrtzentrale nach Bangalore gereist, um dem Ereignis möglichst nah beizuwohnen. Für seinen Auftritt hatte er eine knallrote Weste gewählt. Rot wie der Mars. Mit seiner erfolgreichen Marsmission ist Indien einem erlesenen Klub beigetreten: Bislang war es lediglich den Vereinigten Staaten, der einstigen Sowjetunion und der europäischen Weltraumorganisation Esa gelungen, zum Mars zu fliegen.

Während die Kontrahenten für ihre Missionen mehrere Versuche benötigten, schaffte Indien das schwierige Unterfangen schon im ersten Versuch. Doch ist für die Inder ein anderer Aspekt weitaus wichtiger: Sie sind noch vor Japan und China zum Mars geflogen. Die Japaner scheiterten 1999, die Chinesen zuletzt 2012.

Dabei ist die Mission von „Mangalyaan“ aus wissenschaftlicher Sicht eher unbedeutend: Eine Landung auf dem Mars ist nicht geplant. Die Geräte an Bord des 1.350 Kilogramm schweren Raumfahrzeugs sollen lediglich Atmosphäre und Oberfläche des Planeten untersuchen und eventuell Spuren von Methan finden. Das wäre ein Zeichen dafür, dass sich einst Leben auf dem Mars entwickelt haben könnte.

Auch Forscher wie Rajeswari Rajagopalan erwarten keine großen Erkenntnisse. Kurzfristig sei anderes für Indien wichtiger, meint die Weltraumexpertin des Forschungsinstituts Observer Research Foundation in Delhi. „Eine bessere Satellitentechnologie würde es uns erlauben, Unwetter präziser vorherzusagen.“ Die derzeitigen Flutkatastrophen in Kaschmir und im Nordosten des Landes zeigen, wie wichtig eine Verbesserung in diesem Bereich wäre.

Weltraumbahnhof für andere Länder

Die tatsächliche Bedeutung der Marsmission werde sich erst noch zeigen, meint Rajagopalan: „Die indische Raumfahrtbehörde hat gezeigt, dass man die Technologie für einen Flug zum Mars und den Eintritt in einen Orbit entwickelt hat.“ Nun könne Indien versuchen, sich als neuer Mitspieler im Kreis der Weltraumnationen zu etablieren. „Für viele andere Länder kann Indien als Partner fungieren und beim Transport von Satelliten beispielsweise als Weltraumbahnhof dienen.“

Schon jetzt hat Indien rund 70 Satelliten – darunter auch einige aus Deutschland – in den Weltraum geschossen. Weitere werden bald folgen, ist sich Rajagopalan sicher.

Trotzdem meinen Kritiker, das Geld hätte besser investiert werden können: Ein Land, das mit Gewalt gegen Frauen, Armut, Hunger und Korruption zu kämpfen habe, müsse nicht zum Mars fliegen. Doch ihre Stimmen sind im lauten Jubel derzeit kaum zu vernehmen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.