In Ruhe Fußball schauen: Ungebetene Gäste
Herr Nöllemeiner und Herr Krummsack schicken ihre Frauen immer zu uns, wenn Fußball läuft. Mit den Türken, denken sie, kann man das machen.
B ei Allah, das kann doch nicht wahr sein! Kaum fängt das ersehnte WM-Achtelfinal-Spiel Marokko gegen Spanien an, schon stehen unsere beiden Nachbarinnen Frau Nöllemeier und Frau Krummsack bei uns im Wohnzimmer auf der Matte, besser gesagt auf dem Teppich. Und das geht jetzt schon seit zwei Wochen so! Bis jetzt konnte ich mir noch kein einziges Spiel in Ruhe anschauen.
Aber anstatt dankbar zu sein, dass ich sie während der WM-Spiele überhaupt in die Wohnung lasse, beschweren sie sich auch noch andauernd über mich:
„Eminanim, dein Mann guckt ja die ganze Zeit nur diesen blöden Fußballquatsch. Ihr redet überhaupt nicht mehr miteinander“, sagt die Ruhestörerin Nöllemeier genüsslich.
„Doch, er versucht mir unermüdlich die Abseitsfalle und die Viererkette zu erklären. Und dass Deutschland zu Recht frühzeitig nach Hause fahren musste. Diese wichtigen Informationen sind sehr belebend für unser Eheglück“, antwortet meine Frau ironisch.
Der andere ungebetene Eindringling namens Elfriede Krummsack stimmt ihr sofort zu: „So sind nun mal die Männer. Über die momentane Verfassung der südkoreanischen Mannschaft können sie ausführlicher und besser referieren als über ihre eigenen Gefühle. Gemeinsam kann man sich mit denen momentan beim besten Willen nicht amüsieren. Das macht echt keinen Spaß!“
Wild gewordene Affen
„Für Osman bedeutet Spaß in erster Linie nur eines: Fußball gucken“, schimpft meine Frau. „Wenn ein dämlicher Fußballspieler, dessen IQ meistens noch niedriger ist als der des Rasens, auf dem er sein ganzes Leben lang rumtrampelt, aus Versehen ein Tor geschossen hat, dann ist das für Osman das höchste der Gefühle. Dann springt er wie ein wild gewordener Affe auf dem Sofa rum und brüllt wie ein Gehirnamputierter durch die Gegend.“
„Das stimmt doch nicht! Ich schaue mir ja auch politische Sendungen an“, wehre ich mich.
Frau Krummsack aber kontert sofort: „Dieses vollkommen idiotische Fußballspiel bedeutet für Männer nichts anderes als Hordenkriege. Genauso bewaffnet und mit großem Gejohle ziehen sie vom Fußballspiel zu Fußballspiel.“
„Bei Allah, wenn ihr Fußball so hasst, warum kommt ihr dann jedes Mal hierher, wenn ich mal in Ruhe Fußball schauen will?“, platze ich heraus.
„Herr Engin, denken Sie, ich treibe mich freiwillig zu dieser Stunde hier herum?“, meint Frau Nöllemeier pikiert. „Aber zuhause darf ich ja nicht bleiben. Mein Mann möchte beim Fußballgucken nicht gestört werden.“
„Wie bitte? Ihr Mann möchte nicht gestört werden? Denken Sie, ich möchte beim Fußballgucken gestört werden?“, flippe ich aus.
„Klar, möchten Sie das! Mein Hartmut sagt immer, die Türken sind sehr gastfreundliche Menschen. Die freuen sich über jeden Besucher. Die kann man auch besuchen, wenn im Fernsehen Fußball läuft.“
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