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Importverbot auf ukrainisches GetreideAuf Einfuhrstopp folgt Grenzstau

Polen, Ungarn und die Slowakei haben ein Importverbot auf ukrainische Landwirtschaftserzeugnisse verhängt. Die Verhandlungen über eine Lösung laufen.

Zu den nun in Polen verbotenen Agrarprodukten gehören neben Getreide auch Milch, Eier und Geflügel Foto: Sergei Karazy/reuters

Kiew taz | Zuerst haben ukrainische Lkw-Fahrer die polnische Entscheidung zu spüren bekommen. Am Wochenende hatte die polnische Regierung verkündet, die Einfuhr und den Transit von ukrainischem Getreide und Dutzenden anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu verbieten. Am Dienstagmorgen nun stauten sich die Lastwagen an der ukrainisch-polnischen Grenze. Polen hat deren Durchfahrt gestoppt. Auch Ungarn und die Slowakei haben derartige Maßnahmen gegen ukrainische Landwirtschaftserzeugnisse getroffen.

In der Ukraine stößt das auf Kritik. Von einer „skandalösen Entscheidung“ sprach etwa das ukrainische Internetportal apostrophe.ua in einer ausführlichen Analyse. Gerade jetzt, im Krieg mit Russland, treffe es natürlich die Ukraine, wenn es zunehmend Schwierigkeiten habe, seine Agrarprodukte zu exportieren. Um ein Haar, so das Nachrichtenportal, wäre sogar der Polen-Besuch von Präsident Wolodimir Selenski Anfang des Monats wegen der Agrarfrage geplatzt.

Zu den nun in Polen verbotenen Agrarprodukten gehören neben Getreide auch Milch, Eier, Geflügel, Honig, Buchweizen, Hanf, Rote Bete, Zucker, Gemüse, Obst und Wein. Letztlich seien es vor allem die kleinen und mittelgroßen Agrarfirmen und Bauern, die ihre Produkte in Polen abzusetzen versuchten. Denn die könnten sich die Preise, die man bei einem Export über die Schwarzmeer­häfen oder auch die Donau­häfen bezahlen müsste, überhaupt nicht leisten, zitiert das Portal den Finanzanalysten Olexi Kuschtsch.

Und so hätten diese auf dem polnischen Markt ihre Produkte zu Preisen verkauft, die nur gering über dem ukrainischen Einkaufs- und Produktionspreis liegen. Ukrainisches Getreide beispielsweise werde 20 Prozent günstiger angeboten als polnisches. Der Grund für den niedrigen Preis ist nicht nur die Bereitschaft der ukrainischen Bauern, ihre Produkte zu einer niedrigen Gewinnmarge zu verkaufen. In der Ukraine gelten auch die strengen und somit teuren EU-Vorschriften einer artgerechten Tierhaltung und ökologischen Landwirtschaft nicht. „Die ukrainische Landwirtschaft arbeitet mit Produktionsverfahren, die in der EU nicht mehr zulässig sind“, erklärte der ungarische Landwirtschaftsminister István Nagy die Entscheidung aus Budapest.

Rechtliche Schritte durch Kiew sind eher nicht zu erwarten

Aber auch ein Export von ukrainischem Getreide nach Afrika oder Asien über polnische Häfen sei sehr teuer, so Ilja Neschodowski, Direktor des Instituts für sozial-wirtschaftliche Transformation. Allein schon deswegen, weil der Weg von Polen nach Afrika oder Asien weitaus länger sei als die Strecke von Odessa und anderen Schwarzmeerhäfen in andere Kontinente.

Rechtliche Schritte gegen das Exportverbot, so glaubt Ilja Neschodowski indes, werde die Ukraine nicht unternehmen. Zu groß wäre dessen Schaden für die bilateralen Beziehungen zu ihrem wichtigen Nachbarn. Umso wichtiger seien die nun gestarteten Verhandlungen zwischen Kiew, den betroffenen EU-Ländern sowie der Europäischen Kommission.

Laut ukrainischem Landwirtschaftsminister Mykola Solski laufen dazu seit Montag Gespräche in Warschau. In einem ersten Schritt sollte es um eine Öffnung des Transits der Güter über Polen gehen. Dies sei „ziemlich wichtig und sollte bedingungslos getan werden. Und danach werden wir über andere Dinge sprechen.“ Polens Landwirtschaftsminister Robert Telus sagte, es habe ein Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen und weiteren Vertretern der Regierung in Kiew gegeben, die am Dienstag fortgesetzt werden sollten.

Derweil kritisierte Bundes­agrarminister Cem Özdemir am Dienstag den Importstopp. „Die Solidarität mit der Ukraine bleibt das oberste Gebot“, sagte der Grünen-Politiker. Umso mehr bedauere er, dass Polen nun seine Grenzen für ukrainische Agrarexporte geschlossen habe.

Letztendlich, so apostrophe.ua, dürfte man den aktuellen Konflikt um Exporte nach den Transit durch Polen nicht überbewerten. Nach wie vor seien die Schwarzmeerhäfen für den Export von ukrainischen Agrarprodukten entscheidend – für die wartenden Trucker an der Grenze ist das ein schwacher Trost.

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12 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • "Derweil kritisierte Bundes­agrarminister Cem Özdemir am Dienstag den Importstopp. „Die Solidarität mit der Ukraine bleibt das oberste Gebot“, sagte der Grünen-Politiker."

    Eine derartige Aussage eines Landwirtschaftsministers negiert Realitäten und zeugt von Ignoranz: Wenn Betriebe in der Agrarwirtschaft ruiniert werden, ist eine Grenze überschritten. Wenn immer mehr Landwirtschaftsbetriebe aufgeben müssen weil sie eben nicht mehr wirtschaftlich produzieren können, wird es zukünftig neue Abhängigkeiten geben. Dann werden wir uns an pestizidbelastetes Getreide aus der Ukraine gewöhnen müssen.



    Das oberste Ziel eines Landwirtschaftsministers sollte vor allem sein, die - möglichst ökologische - Landwirtschaft im Land voranzubringen, denn dadurch werden kontrollierte Bedingungen erst möglich. Mit dem Abkauf ukrainischem Getreides werden auch deutsche Bauern belastet, da beispielsweise der Weizenpreis durch die Billigimporte massiv unter Druck geraten ist. Die Bauern in Polen, Ungarn und der Slowakei, die bei noch niedrigeren Erzeugerpreisen ebenfalls erheblich bedroht sind haben ebenfalls Schutz verdient, was die Regierungen dieser Länder offensichtlich begriffen haben. Solidarität mit der Ukraine ja - aber doch wohl kaum um den Preis der Vernichtung von Existenzen!

  • Bei Lieferungen von ukrainischen Weizens wurden erhöhte Werte von in der EU als gesundheitsschädlich verbotenen Pestiziden nachgewiesen. Davon hört und liest man kaum was.



    Standards müssen eingehalten werden!

    • @Siggi-20:

      Sehe ich auch so, Solidarität ist das eine, aber deshalb sollten unsere Standarts trotzdem nicht aufgewicht werden und diese Solidarität sollte auch nicht zu Lasten von Natur und Tier gehen.....Tierhaltung in der Ukraine ist einfach nur grausam, dazu gibt es einige Dokus , die sich unter anderem mit der Haltung von Hühnern befasst (Käfighaltung ist hier die Norm) ....und sowas sollen wir importieren? Nein danke!

  • Es ist doch immer wieder erstaunlich wie schnell und umfassend die Landwirtschaftslobby überall Gehör findet. Wirklich unglücklich dass da erst so ein Importstopp verhängt wird anstatt darüber zu verhandeln. Die Länder inszenieren sich ja oft als die wahren Partner und Freunde der Ukraine, aber anscheinend hört da dann die Solidarität recht schnell auf wenn es um Profite geht. Das Militärmaterial dass von diesen Staaten geliefert wird ist zum Großteil ja auch veraltetes sowjetisches Gerät dass teilweise nur abgegeben wird weil es durch subventioniertes westliches und modernes Material ersetzt wird.

    • @schnarchnase:

      Wie soll denn Solidarität aussehen? Indem die Bauern in Polen, Ungarn, der Slowakei die Lasten tragen? Die leben vom Verkauf ihrer Produkte. Nicht von Stütze, Hartz IV oder Bafög. Wenn die nichts verkaufen können, haben sie kein Einkommen. Essen schon, denn darauf bleiben sie ja sitzen. Was ist daran verwerflich, wenn die sich dagegen wehren?

  • Warum wurde die Einfuhr denn verboten?

    • @Jesus:

      In der NZZ steht mehr drin

    • @Jesus:

      Die Slowakei hat die Einfuhr auf Grund nachgewiesener Pestizide, die in der EU verboten sind, untersagt.

    • @Jesus:

      Weil die illiberalen Demokratien Russland ideologisch näher stehen als ihren europäischen Partnern.

    • @Jesus:

      Ukrainische Produkte werden deutlich günstiger angeboten. 20%, laut Artikel, unter den polnischen Preisen. Die Folge: Polnische Produkte können preislich nicht mithalten und bleiben im Lager. Das geht natürlich nicht. Zumal auch gewisse Standards in der Ukraine nicht gelten. Was schon grenzwertig ist.

    • @Jesus:

      Weil die Infrastruktur nicht vorhanden ist, um es zügig weiterzutransportieren. Folglich drückt es die lokalen Preise worüber die Bauern unglücklich sind.

    • @Jesus:

      Gute Frage, der Artikel bleibt da vage. Der Preisdruck auf die einheimische Produktion, also Protektionismus, scheint die offizielle Ursache zu sein...