Impfstoff für Jugendliche: Solidarität der Generationen
Junge Menschen ab 12 Jahren sollen in Kürze geimpft werden dürfen. Das ist richtig, auch wenn dann für Ältere weniger Biontech-Dosen bleiben.
E in paar Wochen noch, dann wird alles gut. Spätestens im Juni soll die Impfpriorisierung aufgehoben werden – und fast sicher wird dann auch in der EU die erste Zulassung für einen Impfstoff zur Immunisierung von jüngeren Jugendlichen ab 12 Jahren vorliegen. Endlich können Eltern und Ärzte für diese Kinder etwas tun. Nach einem Jahr ohne angemessene Bildung, ohne echtes menschliches Miteinander rückt der befreiende Piks näher.
Das ist zumindest die Idee, die viele Familien jetzt schon halb aufatmen lässt. Es stimmt ja auch, die 12- bis 15-Jährigen gehören zu jener Gruppe, in der das Virus derzeit am heftigsten zirkuliert. Ohne Impfungen für diese Kinder wird kein Gemeinschaftsschutz möglich sein. Noch dazu leiden alle Heranwachsenden unter den psychosozialen Folgen der Pandemie, Corona hat ihnen ein Jahr ihrer Jugend genommen.
In einer Situation, in der über Privilegien für Ältere mit Impfschutz gesprochen wird, darf man die Jungen daher nicht vergessen. Was aber genauso stimmt: Wer in der gegenwärtigen Lage solidarisch mit den Jungen sein will, muss dafür einen Preis zahlen. Denn Impfungen allein, egal, wer sie bekommt, können Corona nicht mehr besiegen. Menschenleben, gerade in den gefährdeten Altersgruppen ab 40 Jahren, werden nur gerettet, wenn die strengen Maßnahmen bestehen und akzeptiert bleiben.
Für eine niedrige Inzidenz Sorge zu tragen ist aber nur der halbe Preis. Der andere ist, dass so manche Älteren zugunsten der Kinder auf den begehrten Biontech-Impfstoff werden verzichten müssen – und sich stattdessen mit dem Vakzin von AstraZeneca impfen lassen, das gerade für die 30- bis 60-Jährigen mit erhöhten Nebenwirkungsrisiken behaftet ist. Denn für 12- bis 18-Jährige zugelassen wird bis in den späten Sommer hinein eben nur das Präparat von Biontech sein.
Die Jungen zu impfen, womöglich bald auch die Kleinsten in Grundschule und Kitas, ist deshalb fraglos ein wichtiges Ziel. Aber dafür ist Solidarität zwischen den Generationen nötig. Und schon gar nicht darf es zur Wurzel eines neuen Konflikts werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt