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Impeachment und Trumps StrategieWiderliche Assoziationspolitik

Barbara Junge
Kommentar von Barbara Junge

Trump wird wohl kaum seines Amtes enthoben werden. Es geht allein um die Stimmung im Land. Die Demokraten müssen sein Spiel endlich verstehen.

Trump spielt – aber nicht nach den Regeln der Politik Foto: ap

D ie Hexenjagd hat in den USA keine Tradition. Darin war das mittelalterliche Europa versiert. Ein Putsch ist auch eher eine etwa in Lateinamerika gepflegte Politikform, immer wieder gerne mit Unterstützung der CIA. Jetzt hat Donald Trump die Impeachmentanstrengungen der Demokrat.innen nach „Hexenjagd“ und „Putsch“ einen „Lynchmord“ genannt. Das ist mal ein Begriff, der in den USA verfängt.

Gerade hat William Taylor, interimistischer Geschäftsträger der US-Botschaft in Kiew, vor dem Kongress zur Ukraine-Affäre ausgesagt. Er zeichnet eine Gruppe um Trumps Rechtsanwalt Rudy Giuliani und Mick Mulvaney, Trumps Staatschef im Weißen Haus, die auf Trumps Geheiß eine eigene Außenpolitik betreibt. Das ergänzt, was schon Trumps Ex-Russland-Beraterin Fiona Hill beschrieben hat. Im Falle der Ukraine hat die Gruppe Taylor zufolge aber nicht nur vorbei an den Zuständigen im Weißen Haus gehandelt, sondern auch gegen den Willen des Außen- und des Verteidigungsministeriums Druck auf die Ukraine ausgeübt. „Rogue“ ist das englische Wort für das, was sich da abgespielt hat. Die Bedeutung reicht von Alleingang bis Schurkenstück.

Es gibt also eine Clique im Weißen Haus, die unabhängig von bestellten Offiziellen oder gegen sie, unabhängig von etwaigen Gesetzeslagen, aber immer im Namen des Herrn abenteuerliche Politik umsetzt. Das bezeugen immer mehr Regierungsangestellte. Was braucht es denn mehr? Reicht das nicht? Ist das nicht auf die Spitze getrieben?

Nein. Mit seinem Lynchmord-Tweet hat Trump alles noch überboten. Das Wort weckt Erinnerungen an die Lynchmorde an Afroamerikaner.innen in der jüngeren US-Geschichte. Solchermaßen widerliche Assoziationspolitik erfreut Trumps eiserne Basis. Und darum geht es doch. Kein Mensch nimmt an, dass Trump seines Amtes enthoben wird. Hier wird nur die Stimmung im Land verhandelt. Und das Spiel spielt Donald Trump allemal besser als die Demokraten.

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Barbara Junge
Chefredakteurin
taz-Chefredakteurin, Initiatorin der taz-Klima-Offensive und des taz Klimahubs. Ehemals US-Korrespondentin des Tagesspiegel in Washington.
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10 Kommentare

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  • Hexenjagd gilt als (früh)neuzeitliches, nicht als mittelalterliches Phänomen, und ist auch zum Beispiel den Neuenglandstaaten nichts fremdes.

  • Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

    • @Hirschelmann Hans-Hermann:

      Können Sie uns an Ihrer überlegenen Faktenkenntnis bitte mal teilhaben lassen, oder kann ich's bei meiner Einschätzung Ihres kryptischen Beitrags als "ignorante Wichtigtuerei" belassen?

    • @Hirschelmann Hans-Hermann:

      Warum speien Sie Feuer? :-)

  • 0G
    08729 (Profil gelöscht)

    Zitat aus dem Teaser des Artikels:

    "Trump wird wohl kaum seines Amtes enthoben werden. Es geht allein um die Stimmung im Land. Die Demokraten müssen sein Spiel endlich verstehen."

    Das ist ja durchaus richtig, doch leider bleibt der Artikel eine Antwort auf die Frage schuldig, was daraus folgen sollte. Sollen die Demokraten ebenso Stimmung machen und zu Trumps Mitteln greifen? Die Amtsenthebung fallen lassen und einfach abwarten? Mit dem Amtsenthebungsverfahren (mehr) Stimmung gegen Trump machen?

    Vielleicht verstehe ich den Text ja nicht richtig, aber wenn die Autorin den Demokraten nahelegt, das Spiel richtig zu verstehen, legt dies ja nahe, dass sie die Spielregeln kennt und weiß, was zu tun wäre.



    Ich - in Anbetracht der Polarisierung, der gesellschaftlichen Spaltung und der von Populismus verseuchten Diskussionskultur - ehrlich gesagt nicht. Als jemand, der durch diese Zustände und gefühlter Hilflosigkeit zunehmend geneigt ist, sich aus öffentlichen Diskussionen zurückzuziehen, aber zugleich weiß, dass dies auch keine Lösung ist, wäre ich ja durchaus dankbar, wenn die Autorin als Kennerin der Spielregeln ihren Ratschlag an die Demokraten soweit konkretisieren würde, dass sich daraus irgendwas ableiten lässt, das über "Trump profitiert davon" hinausgeht.



    Ich gehe davon aus, dass dies diesseits wie jenseits des Atlantiks bereits bestens bekannt ist. Die bislang unbeantwortete Frage lautet doch nach wie vor: Wie soll mit Trump (alternativ: AfD & Co.) umgegangen werden?

  • Meiner Meinung nach ist Trump kurz vorm Überschnappen. Seine Reaktionen auf Vorwürfe und Offenlegungen werden immer hysterischer, rüpelhafter und unlogischer. Beratungsresistent wie er ist, demontiert er sich selber nach Leibeskräften, wechsel in Rekordgeschwindigkeit lieber die Berater aus.

    Ich glaube nicht daß ihn seine Partei noch lange halten wird wenn es noch peinlicher wird.

  • "Kein Mensch nimmt an, dass Trump seines Amtes enthoben wird"

    Interessant, das möge man mal tausenden von US-Amerikanern (teils in hohen politischen Positionen) sagen die da mittlerweile sehr sicher sind. Es wird sie freuen dass Frau Junge es besser weiß als sie

    • @Yodel Diplom:

      Sie meint bestimmt, kein Mensch, der die Mehrheitsverhältnisse im Senat kennt.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Was auch völliger Unsinn ist, und nur jemand behaupten kann der die Situation in den USA nicht wirklich verfolgt

  • Die Demokraten verstehen das Stimmungsspiel schon, wenn nicht, sind sie sicher dankbar für den Hinweis. Das Problem ist, dass Trump es virtuos spielt, ob vorausschauend oder eher vorausahnend. Untersuchungen zeigen zB, dass die diffamierden Spitznamen die Trump seinen Gegner gibt, hängen bleiben. Dabei ist bisher kein Spitzname an Trump hängen geblieben. Auch die hemmungslose Darstellung als GröFaz oder das er auf Milliarden verzichtet, sickern ein, obwohl nichts davon stimmt. Es hat halt kein Demokrat ein so großes Sprachrohr, dass es gegen Trump genutzt werden könnte. Vielleicht zum Glück. Weil so auf Dauer keine Politik gemacht werden sollte.