Immobilienwahnsinn in Prenzlauer Berg: Mit Weitblick und Orchideengarten

In der Kastanienallee besteht derzeit Grund zur Freude über eine sehr gelungene Gentrifizierungsparodie. Das Beste ist das Kleingedruckte.

In der Kastanienallee 77: Gentrifizierungspolemik at its best Foto: Susanne Messmer

Na toll. Schon wieder so ein Luxusquatsch, denkt der nichts ahnende Flaneur, als er eines schönen Abends in die Kastanienallee biegt, die bekannte Straße in Prenzlauer Berg, die im Volksmund auch Casting Allee heißt.

„Chestnut Paradise Center“ steht da, „the place to be“. Und „850 Quadratmeter Living Space“. Klingt teuer, denkt der Flaneur. Aber halt: „Rooftop Golfing“? „Panorama-Weitblick und Orchideengarten“? Ist das nicht selbst hier ein wenig überzogen?

Wer sich in der Kastanienallee 77 auf eine Eigentumswohnung bewerben will, der muss leider mit einem Korb rechnen. Denn beim Chestnut Paradise Quartier handelt es sich nicht um eine neue Extravaganz der übergeschnappten Berliner Immobilienwirtschaft, sondern um eine hochwitzige Gentrifizierungsparodie.

Ausgedacht wurde sie von drei Bewohnern der K77, die seit einigen Tagen mit dem Plakat und einer kleinen Ausstellung im Container vor dem Haus ihren 25-jährigen Geburtstag feiern. Am 20. Juni 1992 wurde das Haus besetzt, später saniert und von einer Stiftung gekauft, die es an die Groß-WG verpachtete. Heute leben dort 21 Erwachsene und 10 Kinder, und eine selbst gebastelte Minigolf-Anlage auf dem Dach haben sie wirklich.

Die Reaktionen der Passanten

Fast noch lustiger als das Plakat erzählt Carola Grimm, die es neben Andreas Koch und Barbara Klinker bei benachbarten Bauvorhaben recherchiert und dann gestaltet hat, sei manche Reaktion. Tatsächlich habe es schon Anrufe bei der angegebenen Nummer gegeben. Und einige waren empört, als der Spaß dann aufflog. „Mit meinem Geld macht keiner Witze“, soll einer gesagt haben.

Dabei könnte selbst dahinterkommen, wer das Plakat durchlesen würde. Unten, wo sonst das Kleingedruckte steht, ist nämlich von dem die Rede, was das Haus wirklich ausmacht: vom täglichen Kochen zum Beispiel. Und von den Plena der Hausgemeinschaft.

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