Immobilien in den USA: Wenn das Haus nichts mehr wert ist
Drei Jahre nach der Lehman-Pleite geht es dem Häusermarkt in den USA wieder so mies wie zu Beginn der Krise. Erneut muss Obama ein Konjunkturpaket schnüren.
HAMBURG taz | Wer ein sicheres Einkommen hat, kann in den USA wahlweise billigst bauen oder zum Spottpreis ein Eigenheim kaufen. Vor vier Jahren war in den Vereinigten Staaten eine Immobilienblase geplatzt, die international die tiefste Finanz- und Wirtschaftskrise seit den dreißiger Jahren auslöste.
Heute ist es um den Immobilienmarkt wieder so schlecht bestellt wie zu Beginn der Krise: Die Preise für Häuser liegen im Keller. Wie ein Tsunami war 2007 die Krise über den Häusermarkt gefegt. Nachdem die Immobilienpreise jahrelang exorbitant in die Höhe geschossen waren, platzte die Spekulationsblase.
Banken kündigten die Kredite. Millionen Amerikaner mussten ihr Zuhause notverkaufen. Vor der Immobilienkrise waren vor allem in küstennahen Regionen die Preise um 40 Prozent angestiegen, in nur einem Jahr. In vielen Regionen waren Häuser plötzlich quasi wertlos. Da die überbewerteten US-Immobilienkredite massenhaft als Wertpapiere gebündelt und in alle Welt verkauft wurden, schwappte die Krise auch nach Europa über.
Seit Juni trifft es die USA wieder Schlag auf Schlag: Schlechte Noten in Stimmungsumfragen, eine verspätete Einigung im Schuldenstreit zwischen Republikanern und Demokraten, die Abwertung der USA durch die Ratingagentur Standard & Poors und ein massiver Einbruch an den Börsen.
"Da kann ein wesentlicher Auslöser der Finanzkrise, die Verwerfungen auf dem US-Immobilienmarkt, durchaus aus dem Fokus geraten", warnt Analyst Bernd Krampen von der Norddeutschen Landesbank (NordLB). Dabei habe der US-Markt wieder das Vorkrisenniveau erreicht.
Bauausgaben dümpeln auf Krisenniveau
Noch vor zwölf Monaten hatte es nach Besserung ausgesehen. Die Konjunktur zog an. Paradoxerweise beflügeln steigende Preise von Immobilien die Wirtschaft: Bauinvestoren, Projektentwickler und Investmentfondsgesellschaften investieren dann, weil sie auf höhere Gewinne hoffen; junge Familien in New York und Rentner in Florida kaufen dann Häuser und Eigentumswohnungen, weil sie künftig höhere Preise erwarten.
Sinkende Immobilienpreise, also Deflation, bremsen dagegen solche Aktivitäten. Nun sind die Leerstände bei Wohn- und Gewerbeimmobilien wieder hoch und die Bauausgaben der Amerikaner dümpeln auf Krisenniveau herum.
Das sind auch schlechte Nachrichten für heutige Hausbesitzer. Banken kündigen Hypothekenkredite leicht, wenn die Immobilie an Wert verliert. Und bei einem Zwangsverkauf ist der Erlös minimal. Im vergangenen Jahr stieg die Zahl der Zwangsversteigerungen auf einen Rekordwert von über eine Million Häuser. Mehr als 1,6 Millionen von den Kreditinstituten übernommene Immobilien warten laut dem Branchendienst Realty Trac auf einen Schnäppchenjäger.
Mit einem weiteren Konjunkturpaket will US-Präsident Obama die Wende schaffen. Über 447 Milliarden Dollar will er in die Infrastruktur investieren. Das soll vor allem neue Arbeitsplätze in der Baubranche schaffen. Insgesamt hofft der Demokrat auf eine Million neue Jobs. Das allerdings stopft nicht einmal das Loch, das die Immobilienkrise gerissen hat: Die kostete bis heute fast drei Millionen Arbeitsplätze im Bausektor.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe