Immer mehr Berliner: Alles wird enger
Der Run auf die Stadt nimmt zu, 400.000 Neuberliner erwartet der Senat bis 2030 und will dichter bauen.
Berlins Bevölkerung wächst in den kommenden Jahren wohl erheblich schneller als angenommen. Als Konsequenz aus der dynamischen Zuwanderung in die Hauptstadt seit 2011 hat der Senat die offiziellen Prognosen nun nach oben korrigiert. Statt mit 250.000 Neuberlinern bis 2030 rechnet Bau- und Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) jetzt mit 400.000 Menschen, die bis dahin zusätzlich nach Berlin ziehen werden.
„Wir gehen davon aus, dass wir die Bevölkerungsprognose deutlich nach oben korrigieren müssen“, sagte Geisel auf einer Veranstaltung zum Thema am Montag in der Industrie- und Handelskammer (IHK). Die derzeitige Entwicklung lasse den Schluss zu, dass die Marke von 250.000 Personen mehr bereits 2019/2020 erreicht würde, so der Senator.
Geisels Zahlen basieren auf einer „Schätzung“ zum Bevölkerungswachstum Berlins, die intern in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung erstellt worden ist, sagte Martin Pallgen, Sprecher in der Bauverwaltung, gestern zur taz. Dabei seien mehrere Varianten von Wachstumsprozessen ins Auge gefasst worden. Angesichts des derzeit ungebrochenen Zuzugs vor allem junger Menschen und von Arbeitskräften in die Stadt sei die Zahl von 400.000 Neuberlinern belastbar. „Die derzeitige Realitätsentwicklung zeigt einen deutlich steileren Anstieg als angenommen“, so Pallgen.
Zum Jahresende 2015 will die Senatsverwaltung eine Prognose veröffentlichen, die auf den Zahlen der internen Schätzung aufbaut. Momentan leben in Berlin 3,5 Millionen Einwohner. Seit drei Jahren wächst die Stadt um jährlich 45.000 Menschen. 2030 könnte an der Vier-Millionen-Marke gekratzt werden.
Für die Stadtentwicklung Berlins, betonte Geisel, bedeute die erwartete Bevölkerungsexplosion ein „großes Glück“ sowie „eine Chance“. Der Stadt stehe mit dem Wachstum ein Entwicklungsschub bevor, insbesondere der öffentliche und private Wohnungssektor dürfte boomen. Statt des geplanten Baus von jährlich 10.000 bis 15.000 neuen Wohnungen könnte diese Zahl deutlich ansteigen. Geisel betonte auch, dass angesichts der Prognose das Wohnungsbau-Investitionsprogramm im neuen Doppelhaushalt 2016/17 ausgeweitet werden müsse (siehe Seite 21).
Geisel benannte in der IHK aber auch die Risiken und Neuerungen, die das Wachstum nach sich ziehen kann. Angesichts der vielen Neuberliner müssten sich die angestammten Bewohner darauf einstellen, dass der Verkehr in machen Quartieren deutlich zunehme. Auch der Flächenverbrauch dürfte steigen – der Raum also enger wird –, und schließlich könnte die Silhouette der Innenstadt ein anderes Profil erhalten. Mit Gebäuden für Wohnen und Gewerbe über der 22 Meter hohen sogenannten Berliner Traufhöhe, aber auch mit neuen Hochhäusern in den beiden Zentren sollte eine hohe Dichte erzielt werden – auch um die wichtigen Freiräume und die Grünflächen der Stadt zu sichern.
Pallgen wies in diesem Zusammenhang Medienberichte zurück, dass in den Höfen oder Grünanlagen hinter den Gebäuden an der Karl-Marx-Allee mehrere Hochhäuser entstehen sollten. Das sei „definitiv“ nicht geplant, so der Sprecher.
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