Illegale Preisabsprachen: EU ermittelt gegen Ölkartell
Konzerne wie BP und Shell sollen die Preise von Benzin und Diesel manipuliert haben. Das ist möglich, weil der Handel so kompliziert ist. BP bestreitet die Vorwürfe.
BERLIN taz | EU-Kartellwächter gehen gegen Ölkonzerne wie BP oder Shell vor. Sie sollen, so der Vorwurf, Preise von Rohöl, Benzin, Diesel sowie Biotreibstoffen manipuliert haben. Der EU zufolge haben die Firmen möglicherweise unerlaubte Absprachen getroffen, um frisierte Daten an ein Rohstoff-Preisportal zu übermitteln – wahrscheinlich handelt es sich dabei um Platts, das weltweit größte für mineralische Rohstoffe.
Die Manipulation könnte deshalb möglich gewesen sein, weil im intransparenten Ölmarkt Portale wie Platts ein Nadelöhr für die Informationen zur Preisfindung bilden. Zum Verständnis hilft ein Vergleich mit dem Aktienmarkt. Dort sind Papiere an einer bestimmten Börse gelistet, wo sich Käufer und Verkäufer auf einen für alle Marktteilnehmer einsehbaren Preis einigen.
Beim Öl dagegen gibt es eine Vielzahl von Sorten und Handelsplätzen. Allein der Preis für das Nordseeöl Brent setzt sich in Wirklichkeit aus den Preisen von vier verschiedenen Ölsorten zusammen. Dazu kommen noch die Terminmärkte, auf denen Wertpapiere über künftige Lieferungen gehandelt werden, sowie Spotmärkte, dort geht es um die reale Ware.
Informationsdienste wie Platts spielen da eine wichtige Rolle, um den Überblick zu behalten. Sie erheben Daten durch Umfragen bei Händlern und Produzenten. Inzwischen betreibt Platts auch eine eigene Handelsplattform, also eine Art Börse, und veröffentlicht die dort durch Angebot und Nachfrage gebildeten Preise. Die Angaben dienen anschließend Rohstoffhändlern als Richtschnur für ihre Deals.
Der aktuelle Fall erinnert an den sogenannten Libor-Skandal: Jahrelang hatten große Banken den Zinssatz manipuliert, zu dem sich Banken untereinander Geld leihen und der zugleich als Richtwert für andere Kredite und Hypotheken dient. Wie beim Libor sind auch bei den Ölpreisen Privatkunden betroffen. Ob und in welcher Höhe Benzin an der Tankstelle teurer geworden ist, lässt sich aber noch nicht genau beziffern. „Sogar kleine Verzerrungen der angesetzten Preise können einen riesigen Einfluss auf die Preise von Rohöl, raffinierten Ölprodukten sowie Käufe und Verkäufe von Biokraftstoffen haben“, erklärt die EU-Kommission.
Der Verdacht auf Preismanipulation steht schon länger im Raum, spätestens seit 2008 der Ölpreis auf unerklärliche Höchststände stieg. Der internationale Verband der Börsenaufsichtsbehörden warnte vor einem Jahr, die Ölpreise könnten genauso wie der Libor manipuliert werden, und formulierte bestimmte Verhaltensregeln für die Preisagenturen. Derzeit befindet sich das Regelwerk in einer Probephase. BP-Europa-Chef Michael Schmid erklärte unterdessen, er gehe davon aus, „dass bei diesen Untersuchungen nichts rauskommen wird“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Paragraf 218 im Rechtsausschuss
CDU gegen Selbstbestimmung von Frauen
Abschiebungen syrischer Geflüchteter
Autokorsos und Abschiebefantasien
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken
Syrische Geflüchtete in Deutschland
Asylrecht und Ordnungsrufe
Sturz des Syrien-Regimes
Dank an Netanjahu?
Nach dem Sturz von Assad in Syrien
Türkei verkündet Erfolg gegen syrische Kurden