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Illegale FerienwohnungenEnteignet Airbnb!

Erik Peter
Kommentar von Erik Peter

Der Konzern ermöglicht den fortlaufenden Rechtsbruch und kommt damit auch noch vor Gericht durch. Es ist an der Zeit, sich effektiv zu wehren.

Noch… Foto: dpa

B eim Versuch, den ausufernden Ferienwohnungsmarkt in Berlin neu zu regulieren, ist den Regierungsfraktionen von SPD, Linken und Grünen ein entscheidender Fehler unterlaufen. Durchgerutscht ist ihnen der eigentlich zwingend notwendige neue Paragraph 1: Airbnb wird enteignet und zerschlagen.

Anders nämlich, so scheint es, ist dem Geschäftsmodell des US-Konzerns, mit Sitz im Niedrigststeuerland Irland, nicht mehr beizukommen. Mehr als 25.000 Angebote für Ferienwohnungen, überwiegend in den von Mieteinexplosionen betroffenen Innenstadtbezirken listet das Portal auf seiner Seite. Viele davon professionelle und auf Hochglanz getrimmte Appartements.

Offiziell genehmigt wurde seit dem vollständigem Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes 2016 lediglich ein Bruchteil davon. Ganz offensichtlich ermöglicht Airbnb den fortlaufenden Rechtsbruch. Weil aber auch Beihilfe strafbar ist, sollte dem Unternehmen die Geschäftsgrundlage entzogen werden.

Rot-Rot-Grün hat sich auf eine Gesetzesnovelle verständigt, mit der die bisherige Handhabung fortgeführt wird. Jeder, der seine Wohnung vermieten will, braucht eine Genehmigung – in Zukunft mit individueller Registriernummer. Immerhin ist damit der Vorschlag von Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) vom Tisch, die das Vermieten für 60 Tage im Jahr pauschal erlauben wollte.

Der Missbrauch wird weitergehen

Doch auch ohne solch ein Geschenk an die Vermieter und ihre Handlanger wird der Missbrauch weitergehen. Mögliche Strafen für die verbotene Zweckentfremdung von Wohnraum von bis zu 500.000 Euro klingen zwar drastisch, tangieren Airbnb aber nicht. Denn der Konzern bleibt in jedem Fall verschont, das Risiko tragen die Vermieter.

Auch für sie bleibt die Gefahr aber überschaubar, angesichts eines Urteils des Berliner Verwaltungsgerichts vom Mittwoch. Demnach habe das Land Berlin zwar das Recht zu erfahren, wer hinter einem wohl illegalen Angebot steckt, aber Airbnb Deutschland sei für das Auskunftsersuchen der falsche Ansprechpartner. Man möge sich doch bitte an die Muttergesellschaft in Irland wenden.

Berlin muss handeln, statt sich vorführen zu lassen

Hahaha: Im Airbnb Headquarter in Dublin werden sie wohl in Lachanfälle ausbrechen, wenn Berliner Bezirksamtsmitarbeiter danach fragen, wer eigentlich diese „Diana“ mit der schönen Butze im Prenzlauer Berg ist und dabei mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz drohen. Berlin muss handeln, statt sich weiter vorführen zu lassen.

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Erik Peter
Politik | Berlin
Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".
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7 Kommentare

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  • Vielleicht kann mir das jemand noch mal ganz langsam erklären? Ich habe also eine Wohnung in Berlin. Da ich darin wohne, ist die ja dem arkt entzogen. Wenn ich jetzt berufsbedingt 4-5 Monate z.B. in Hannover bin wird die Wohnung dadurch ja nicht frei, sondern bleibt mein Hauptwohnsitz. Wem schadet das jetzt, wenn ich meine eigene Wohnung während meiner Abwesenheit vermiete? Auf den Markt kann das keine Auswirkung haben.

  • Enteignen, ich musste schmunzeln. airbnb is ne Plattform. Was wollt ihr denen wegnehmen? Vielleicht besser Internet und AppStore zensieren, um gar kein Zugriff auf die Seite zuzulassen - können wir ja mal die Chinesen fragen, wie so was geht. Und glaubt ihr ernsthaft, dass dann keine Wohnungen mehr auf anderem Wege vermietet werden? Oder dass dann keine Touristen mehr nach Berlin kommen, weil sie keine Ferienwohnung finden? SoWhat, werden halt ein paar mehr Hotels gebaut, dort wo eigentlich Wohnungen entstehen könnten.

    Warum ist eigentlich alles, was der Berliner Politik zum Thema Miete einfällt Milchmädchenrechnungen?

  • Beihilfe ist nur strafbar, wenn die "Haupttat" strafbar ist. Eine "Beihilfe" zur Ordnungswidrigkeit ist nicht strafbar.

     

    Im Übrigen ist bereits das Zweckentfremdungsverbotsgesetzes mehr als fragwürdig. Welchen Zweck eine Sache hat entscheidet zunächst mal der Eigentümer. Er entscheidet also, ob er seine Whnung als Ferienwohnung oder als normale Wohnung nutzt. Das Zweckentfremdungsverbotsgesetzes ist auch aus weiteren gründen Gegenstand von laufenden Gerichtsverfahren.

    • @DiMa:

      Richtig. Ähnlich verhält es sich mit der verfassungswidrigen Mietpreisbremse.

  • Na komm schon, Erik, das ist jetzt aber wirklich lächerlich!

    Der infantile Schrei nach dem Wegnehmen ("Enteignen") des Spielzeugs vom bösen Nachbarsjungen ist was für den Sandkasten.

    Zudem können irische Firmen oder irische Server oder irische Büros oder irische Kundendateien oder irische Kundenabrechnungen kaum von der deutschen Exekutive mit oder ohne Segen der deutschen Judikative "enteignet" werden.

    Des weiteren ist AirBnB nur der Vermittler. Die Vermieter verstoßen gegen lokales Recht.

    Und da will der Schupo (oder ABV?) Peter mit Blockwartmentalität, dass gleich gepetzt werden muss.

  • AirBnB einfach überall freigeben. Der Markt regelt Angebot und Nachfrage. Wem Berlin Mitte zu teuer ist, kann ja wegziehen.

  • Ruft doch einfach zum Boykott von AirBnB auf. Nestle haben wir so doch auch schon in die Knie gezwungen :-)

    Lieber Autor, sie vergessen, dass gerade junge Hipster die wahrscheinlichsten Nutzer von AirBnB sind, während jeder alte schrullige Mensch ein Hotel bzw. Pension wählt. Irgendwann ist Berlin Disneyland, dann wohnt da sowieso keiner mehr.